Betteln als stadtweites Problem angehen
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Hans Hammer, Heike Kainz, Manuel Pretzl, Hans-Peter Mehling und Dr. Evelyne Menges (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 2.11.2023
Antwort Kreisverwaltungsreferentin Dr. Hanna Sammüller-Gradl:
Vielen Dank für Ihre Anfrage vom 2.11.2023, in der Sie Folgendes ausführen:
„Wie u.a. der Münchner Merkur berichtet, kam es in den Isarauen zu Angriffen von Obdachlosen und Bettlern auf Spaziergängerinnen. Am Abend des 11.10.2023 griff eine obdachlose Frau Mitarbeiter der Bahn-Security sowie die Polizei am Ostbahnhof München an. Einem Beamten drohte sie sogar mit dem Tod. Auch an den städtischen Friedhöfen soll es immer wieder zu unangenehmen Vorfällen mit Bettlerinnen und Bettlern kommen. Die CSU-FW-Stadtratsfraktion ist besorgt über die wachsende Präsenz von Bettlern und möchte die bestehenden Maßnahmen zur Handhabung dieser Situation überprüfen und gegebenenfalls verbessern. Uns ist bewusst, dass die Bettel-Thematik eine komplexe Angelegenheit ist, bei der sowohl die Würde der Bettler als auch die Sicherheit und das Wohl der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt werden müssen. Wir erhoffen uns von dieser Anfrage, die bestehenden Maßnahmen zu bewerten und gegebenenfalls Lösungen zu entwickeln, die sowohl rechtlich korrekt als auch sozial verantwortlich sind.“
Ich bedanke mich für Ihre Geduld. Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Gibt es Erkenntnisse, ob sich die Bettelaktivitäten vermehrt stadtweit ausbreiten und nicht nur auf bestimmte Stadtteile begrenzt sind? Sollte eine stadtweite Betrachtung erforderlich sein, um angemessen zu reagieren?
Antwort:
Zunächst gilt es, die zuvor genannten „Bettelaktivitäten“ in die verschiedenen Formen des Bettelns zu unterscheiden.
Betteln in „stiller Form“, d.h. in nicht störender Art und Weise, unterliegt grundsätzlich dem sogenannten Gemeingebrauch von öffentlichen Straßen und Wegen. Unter diesem Gemeingebrauch ist nicht nur der klassische Verkehr im Sinne einer Ortsveränderung zu verstehen. Auch stilles Betteln ist hiervon umfasst, sodass i.d.R. keine Sondernutzung der öffentlichenStraßen und Wege vorliegt und diese Bettelform an sich nicht verboten ist (vgl. Art. 14 Abs. 1 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG)). Bedürftige, die für sich oder für ihre Familie in nicht störender Art einen Beitrag zum Lebensunterhalt auf öffentlichem Verkehrsgrund erbetteln, handeln demnach grundsätzlich rechtskonform.
Die Ausnahme hiervon bilden die in der Altstadt-Fußgängerbereiche-Satzung, Grünanlagensatzung, Markthallen-Satzung sowie in der Stachusbauwerk-Satzung genannten Bereiche, in denen das Betteln in jeglicher Form verboten ist.
Anders zu betrachten ist aggressives, verkehrlich behinderndes und bandenmäßiges bzw. organisiertes Betteln.
Aggressives Betteln liegt vor, wenn dem Bittgesuch durch hartnäckiges Ansprechen, Beleidigen, Verfolgen, Berühren, In-den-Weg-stellen/ Den-Weg-blockieren oder sonstige Formen der Belästigung von Passanten Nachdruck verliehen wird.
Um verkehrlich behinderndes Betteln handelt es sich, wenn eine nicht vertretbare Beeinträchtigung der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs zu erwarten ist.
Bandenmäßiges bzw. organisiertes Betteln kann insbesondere vorliegen, wenn Bettler*innen z.B. durch Dritte erkennbar „dirigiert“ und ihnen Bettelplätze „zugewiesen“ werden. Weitere Indizien können das erkennbare Einsammeln der Bettelerlöse durch Dritte, die „Verteidigung“ bestimmter Plätze gegen Konkurrenten sowie die Bewachung von bettelnden Minderjährigen durch Erwachsene darstellen.
Diese Bettelformen unterliegen nicht mehr dem Gemeingebrauch von öffentlichen Straßenflächen und stellen daher im gesamten Stadtgebiet einen Verstoß gegen Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG und damit gemäß Art. 66 Nr. 2 BayStrWG eine Ordnungswidrigkeit dar.
Zudem hat die Landeshauptstadt München für den stark frequentierten Bereich innerhalb des Altstadtrings und um den Hauptbahnhof am 1.8.2014 eine Allgemeinverfügung erlassen, in deren Geltungsbereich bestimmte Formen des Bettelns (u.a.: Betteln durch Vortäuschen von Behinderungen, Krankheiten oder persönlichen Notlagen oder Betteln durch oder mit Kinder(n)) verboten ist.
Vor diesem Hintergrund beziehen sich die folgenden Aussagen lediglich auf die bekanntgewordenen verbotenen Bettelaktivitäten, da in den anderen Fällen rechtskonformes Verhalten vorliegt, welches keiner Erfassung oder gar Reglementierung bedarf.Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass sich die folgenden Ausführungen lediglich auf die öffentlichen Straßen und Wege in München beziehen und nicht auf städtische Friedhöfe, denn die Thematik der Bettelei auf städtischen Friedhöfen wird bereits speziell im StR-Antrag 20-26/A 04281 behandelt.
Unter Berücksichtigung dieser Vorbemerkungen kann ich Ihnen zu Ihrer Frage 1 Folgendes mitteilen:
Nach Erkenntnis des Kreisverwaltungsreferates fokussieren sich die gemeldeten Bettelverstöße auf den Innenstadtbereich, insbesondere auf den Bereich um den Hauptbahnhof und die Fußgängerzone. Darüber hinaus ist festzustellen, dass auch an anderen Örtlichkeiten vereinzelt in verbotener Weise gebettelt wird. Hier sind beispielsweise der Ostbahnhof und die Hackerbrücke zu erwähnen. Allerdings handelt es sich dabei nur um einzelne Vorfälle, bei denen keine Verfestigung an einzelnen, sondern ein stetiger Wechsel der Örtlichkeiten zu beobachten ist. Überwiegend befinden sich die aktenkundigen Verstöße weiterhin unverändert im Bereich der Innenstadt, eine stadtweite Ausbreitung ist indes nicht erkennbar.
Auch im Polizeipräsidium München gibt es keinerlei Anhaltspunkte, dass sich das Bettelgeschehen stadtweit ausbreitet. Vereinzelt sind Bettler*innen in den Münchner Stadtteilen festzustellen und werden auch durch Bewohner*innen oder Gewerbetreibende bei der Polizei gemeldet. Der Kernbereich der Bettelaktivitäten erstreckt sich allerdings auf den Innenstadtbereich.
Frage 2:
Gibt es Erkenntnisse, ob die Bettelaktivitäten in organisierten Strukturen (Stichwort „Bettelmafia“) stattfinden?
Antwort:
Dem Kreisverwaltungsreferat liegen keine gesicherten Erkenntnisse hinsichtlich etwaigem organisierten Betteln vor.
Diese Bettelform bedarf einer organisierten kriminellen Struktur. Es muss eine gewisse Bandenaktivität bestehen, aus der hervorgeht, dass „Hintermänner“ andere Menschen zum Betteln zwingen und die Einnahmen einkassieren.
In den im Kreisverwaltungsreferat eingegangenen Mitteilungen von Bürger*innen wird das organisierte Betteln häufig angenommen und thematisiert. Allerdings lässt sich diese Behauptung nicht belegen. Es kann zwar eine engere Verbindung zwischen einzelnen bettelnden Personen vermutetwerden, allerdings sind diese zumeist als sozial bzw. familiär und nicht als organisiert zu qualifizieren.
Gesicherte Erkenntnisse über eine solche kriminelle Organisation liegen nicht vor. Die familiäre oder soziale Verbindung einzelner bettelnder Personen ist nicht verwerflich.
Auch das Polizeipräsidium München teilte hierzu mit, dass eine organisierte Struktur der zumeist südosteuropäischen Bettler*innen, häufig naheliegend ist, aber bislang nicht durch polizeiliche Ermittlungen belegt werden konnte.
Insgesamt liegen daher keine hinreichenden Erkenntnisse hinsichtlich organisierter Bettelaktivitäten oder gar einer „Bettelmafia“ vor. Abschließend ist allerdings festzuhalten, dass der Nachweis von Betteln mit erkennbaren kriminellen Strukturen sehr schwierig und nur mit sehr hohem Personalaufwand zu führen ist.
Frage 3:
Wie viele Verwarnungen wurden im letzten Jahr an Bettler ausgestellt? Inwiefern wurden die rechtlichen Grundlagen für diese Verwarnungen eingehalten?
Antwort:
Seitens der Bußgeldstelle des Kreisverwaltungsreferates sind im Jahr 2022 und 2023 keine Verwarnungen an Bettler*innen ausgestellt worden. Es werden grundsätzlich Bußgeldverfahren – hingegen keine Verwarnungsverfahren, die eine Verwarnung und ggf. ein Verwarnungsgeld zur Folge haben – eingeleitet. Insgesamt sind 369 Ordnungswidrigkeitsanzeigen bei der Bußgeldstelle eingegangen.
Darüber hinaus stellt der Kommunale Außendienst des Kreisverwaltungsreferates keine Verwarnungen aus, sondern kann Ordnungswidrigkeitsanzeigen in Bezug auf Bettelaktivitäten aufnehmen. Verwarnungen und Bußgelder können den Abschluss von Ordnungswidrigkeitenverfahren darstellen, welche der Bußgeldstelle des Kreisverwaltungsreferates obliegen. Im Jahr 2022 fanden allerdings im erweiterten Bahnhofsviertel ca. 111 Ansprachen bzgl. Bettleraktivitäten statt, im Jahr 2023 waren es bislang ca. 90. Meistens wurden die Menschen ermahnt, vereinzelt wurde ein Bußgeldverfahren eingeleitet.
Frage 4:
Welche Konsequenzen ergeben sich aus den Verwarnungen? Welche Maßnahmen sind vorgesehen, wenn Verwarnungen nicht beachtet werden?
Antwort:
Wie bereits in der Antwort zu Frage 3 ausgeführt, wurden seitens der Bußgeldstelle des Kreisverwaltungsreferats in den vergangenen zwei Jahren keine Verwarnungen ausgestellt.
Würden Verwarnungen erteilt werden, so richten sich die Folgen und Abläufe nach § 56 Abs. 1 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG). So kann ein Verwarnungsgeld von 5 bis 55 Euro bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten erhoben werden. Es kann auch eine Verwarnung ohne Verwarnungsgeld erteilt werden.
Die Verwarnung wird jedoch nur wirksam, wenn der Betroffene bzw. die Betroffene nach Belehrung über sein/ihr Weigerungsrecht mit dieser einverstanden ist und das Verwarnungsgeld entsprechend der Bestimmung der Verwaltungsbehörde entweder sofort zahlt oder innerhalb einer Frist, die eine Woche betragen soll, bei der hierfür bezeichneten Stelle oder bei der Post zur Überweisung an diese Stelle einzahlt. Eine solche Frist soll bewilligt werden, wenn der Betroffene das Verwarngeld nicht sofort zahlen kann oder wenn es höher als 10 Euro ist (§ 56 Abs. 2 OWiG). Sofern die Verwarnung wirksam wird, so kann die Tat nicht mehr unter den tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten verfolgt werden, unter denen die Verwarnung erteilt worden ist (§ 56 Abs. 4 OWiG).
Das bedeutet, dass die Tat unter den Voraussetzungen des Abs. 1 und 2 von § 56 OWiG vorliegend abschließend geahndet worden ist. Wird die Verwarnung nicht fristgerecht bezahlt, ergeht ein Bußgeldbescheid (§§ 65, 66 OWiG).
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, bei beharrlichen Verstößen und einer damit einhergehenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gemäß Art. 7 Abs. 2 Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG) sicherheitsrechtliche Individualmaßnahmen zu erlassen.
Beispielsweise kann ein zwangsgeldbewehrtes Aufenthaltsverbot für einen begrenzten räumlichen und zeitlichen Umgriff erlassen werden, wenn in diesem Bereich einschlägige Erkenntnisse vorliegen, welche die konkrete Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung begründen. Ein solcher zwangsgeldbewehrter, sicherheitsrechtlicher Bescheid bedarf jedoch der Zustellung, was sich bei den meist ohne festen Wohnsitz in Deutschland befindlichen bettelnden Personen in der Vergangenheit als äußerst schwierig erwiesen hat. Nur in vereinzelten Fällen konnten behördliche Schriftstücke bisher entsprechend an die Adressaten zugestellt werden.
Frage 5:
Wie wird das aktuelle Vorgehen zur Regulierung der Bettelaktivitäten bewertet? Wurden die geltenden Verordnungen und Gesetze in Bezug auf das Betteln konsequent umgesetzt? Falls nicht, welche Gründe können dafür benannt werden?
Antwort:
Zunächst ist in Bezug auf die Antwort zu Frage 1 erneut zu betonen, dass keine generelle Regulierung von Bettelaktivitäten erfolgt, sondern nur hinsichtlich solcher Bettelformen, die ausdrücklich verboten sind. Stilles Betteln ist grundsätzlich erlaubt, sodass hier (mit Ausnahme der einzelnen generellen Bettelverbotsbereiche) keine Regulierung erfolgen muss.
Die geltenden Gesetze und Verordnungen in Bezug auf die untersagten Bettelformen werden vom Kommunalen Außendienst mehrstufig umgesetzt: Sofern nach kommunikativer Ansprache und dem Hinweis auf die Art des verbotenen Bettelns das Verhalten fortgesetzt wird, nimmt der Kommunale Außendienst eine Ordnungswidrigkeitsanzeige auf oder/und spricht einen Platzverweis aus.
Darüber hinaus werden auch polizeiliche Maßnahmen getroffen und konsequent umgesetzt, sofern eine Ordnungswidrigkeit, z.B. aggressives Betteln oder Verstöße gegen die Altstadtfußgängerbereichssatzung oder andere geltende Vorschriften, in Bezug auf Bettelei begangen wird.
Aufgenommene Ordnungswidrigkeitenanzeigen werden der Bußgeldstelle des Kreisverwaltungsreferates zugeleitet. Dort wird die Ordnungswidrigkeit entsprechend geprüft und im einschlägigen Falle im Rahmen eines Bußgeldverfahrens (nicht im Verwarnungsverfahren) konsequent geahndet.
Insgesamt ist daher festzuhalten, dass das aktuelle Vorgehen zur Regulierung der verbotenen Bettelaktivitäten beiträgt und die geltenden Rechtsgrundlagen sowohl vom Kommunalen Außendienst als auch von der Polizei konsequent umgesetzt werden, sofern es der Einzelfall bedarf.
Abschließend ist hervorzuheben, dass in den letzten Jahren im Innenstadtbereich ein Rückgang der aggressiven Bettelvorfälle zu verzeichnen ist.
Frage 6:
Gibt es aktive Bemühungen, mit sozialen Organisationen zusammenzuarbeiten, um den Bettlern angemessene Unterstützung und Alternativen zu bieten?
Antwort:
Hierzu teilte das Sozialreferat Folgendes mit:Die Landeshauptstadt München fördert eine Reihe von sozialen Einrichtungen, die Bettler*innen Beratung und Unterstützung bieten. In direktem Kontakt mit Bettler*innen stehen beispielweise die Migrationsberatung Wohnungsloser/Streetwork Schiller 25, die Bahnhofsmission, der Tagestreff für obdachlose Menschen Teestube komm/Streetwork und der Tagesaufenthalt otto&rosi, Sankt Bonifaz, das Infozentrum Migration und Arbeit mit dem angeschlossenen Beratungscafé, die medizinischen Anlaufstellen von Ärzte der Welt und dem Malteser Hilfsdienst sowie die Clearingstelle Gesundheit für Menschen ohne Krankenversicherung. An die Clearingstelle ist ein Gesundheitsfonds angegliedert, um im Einzelfall dringend notwendige Behandlungen durchführen zu können. Das ebenso vom Sozialreferat geförderte Projekt „Bildung statt Betteln“ unter Trägerschaft der Caritas richtet sich explizit an den Personenkreis und betreibt stadtweit Streetwork. Zu den Hilfsangeboten des Projekts gehören unter anderem die Vermittlung in Arbeit, die Vermittlung in Deutschkurse, die allgemeine Sozialberatung und die Rückkehrberatung. Für obdachlose Menschen ohne Leistungsansprüche stellt die Stadt München einen ganzjährigen Übernachtungsschutz mit Tagesaufenthalt zur Verfügung.
In der Beschlussvorlage „Gesamtplan VI“ (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 06560), die vom Stadtrat in der Vollversammlung vom 5.10.2022 beschlossen wurde, werden die Unterbringungsmöglichkeiten der Landeshauptstadt München für Wohnungs- und Obdachlose ausführlich dargestellt sowie alle bestehenden Maßnahmen und ambulanten Hilfen für diesen Personenkreis.
Frage 7:
Inwiefern berücksichtigt die aktuelle Politik die Bedürfnisse und die Situation besonders schutzbedürftiger Gruppen unter den Bettlern?
Antwort:
Zu dieser Frage nahm das Sozialreferat wie folgt Stellung:
Die in Antwort auf Frage 6 genannten Organisationen haben besonders schutzbedürftige Gruppen im Blick. Das Betteln in Begleitung von Kindern und durch Kinder ist durch die „sicherheitsrechtliche Allgemeinverfügung über die Untersagung bestimmter Formen des Bettelns“ in den festgelegten Bereichen verboten. Nach Einschätzung des Sozialreferates finden hier nur sehr vereinzelt Verstöße statt. Von Vulnerabilität besonders betroffen ist der gesamte Personenkreis ohne Sozialleistungsansprüche, darunter auch Kinder und Jugendliche. Bei bulgarischen, rumänischen und ungarischenStaatsangehörigen in prekärer Lebenslage sind die Kriterien für einen Sozialleistungsbezug oft nicht erfüllt. In Folge besteht auch kein Krankenversicherungsschutz und somit kein Zugang zur regulären Gesundheitsversorgung. Für diesen Personenkreis besteht die Möglichkeit im Übernachtungsschutz zu nächtigen, unter gesonderter Berücksichtigung besonderer Schutzbedürftigkeit. Zudem können die städtisch geförderten Angebote der medizinischen Anlaufstellen sowie der Clearingstelle für Menschen ohne Krankenversicherung in Anspruch genommen werden.
Frage 8:
Werden Aufklärungskampagnen durchgeführt, um das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger über die Komplexität der Bettel-Thematik und die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schärfen?
Antwort:
Wie bereits eingangs erwähnt, ist sog. stilles Betteln im gesamten Stadtgebiet München grundsätzlich erlaubt, da es dem straßen- und wegerechtlichen Gemeingebrauch unterliegt. Lediglich im Altstadt-Fußgängerbereich und anderen örtlichen Satzungen gilt ein generelles Bettelverbot.
Im Auftrag des Sozialreferats wurde in diesem Jahr die Studie „Obdachlosigkeit in München“ durchgeführt. Unter den obdachlosen Menschen finden sich auch Bettler*innen. Die Ergebnisse werden dem Stadtrat und damit auch der Öffentlichkeit im ersten Halbjahr 2024 vorgelegt. Seitens des Sozialreferats ist aktuell keine Aufklärungskampagne geplant.
Auch durch das Kreisverwaltungsreferat ist keine Aufklärungskampagne zur Bettel-Thematik durchgeführt worden oder geplant.
Abschließende Stellungnahme
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass Betteln im öffentlichen Raum in allen Großstädten, so auch in München, zu beobachten ist. Es ist ein Ausdruck von Armut. Soweit sich das Verhalten der bettelnden Personen im Rahmen der geltenden Vorschriften bewegt, ist dies nicht zu beanstanden, denn der öffentliche Verkehrsraum dient der Benutzung durch jedermann, der sich rechtskonform verhält und dessen Verhalten vom Gemeingebrauch der jeweiligen Straßenfläche umfasst ist.
Zu betonen ist, dass die meisten Bettelaktivitäten in stiller Form, d.h. in nicht belästigender Art und Weise, stattfinden. Zumeist stellen diese Aktivitäten daher rechtskonforme Verhaltensweisen dar, welche keiner Erfassung oder gar Reglementierung bedürfen.Sollten hingegen darüber hinausgehende Verhaltensweisen vorliegen, welche gegen die geltende Rechtslage verstoßen, wie z.B. das aggressive Betteln, kann dies zur Anzeige gebracht und entsprechende Maßnahmen, wie z.B. ein Bußgeldverfahren, eingeleitet und konsequent umgesetzt werden.