„Feierfreudige Spitzen-Beamtin“: Wann wusste die Münchner Stadtverwaltung davon?
Anfrage Stadtrat Leo Agerer (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 28.2.2024
Antwort Personal- und Organisationsreferent Andreas Mickisch:
Auf Ihre Anfrage vom 28.2.2024 nehme ich Bezug. Sie haben folgenden Sachverhalt vorausgeschickt:
„Am 30. Januar 2024 schrieb die AZ München einen Artikel mit dem Titel ‚Feierfreudige Spitzen-Beamtin: Trifft München da eine fragwürdige Personalentscheidung?‘. Darin auch der Hinweis, dass das Personalreferat keine Auskunft darüber geben wollte, ob die Debatte über die Kandidatin der Verwaltung bekannt war.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Seit wann waren der Verwaltung (getrennt nach POR und MOR) die Vorwürfe gegen/die Debatte über die Bewerberin bekannt?
Frage 2:
Wie wurde mit den Informationen nach Bekanntwerden umgegangen?
Antwort:
Aus datenschutzrechtlichen Gründen kann über Details eines laufenden Verfahrens nicht öffentlich Auskunft gegeben werden.
Der Personal- und Organisationsreferent hat am 26.1.2024 den Ältestenrat über den Sachverhalt informiert und das weitere Vorgehen abgestimmt.
Sobald die für das Besetzungsverfahren relevanten Fakten abschließend bewertet sind, wird der Ältestenrat wieder mit der Angelegenheit befasst. Öffentliche Spekulationen, die vor allem auf Berichterstattungen bzw. Leserbriefen aus örtlichen Lokalzeitungen fußen, schaden derweil dem Ansehen der Landeshauptstadt München und auch den sich bewerbenden Personen.
Frage 3:
Gibt es bei Stellenbesetzungen auf höheren Ebenen mit Führungsaufgaben keine Hintergrundfragen zum Werdegang, abgeschlossenen Projekten, nachweislichen Erfolgen?
Frage 4:
Ist ein (oberflächlicher) Check von Bewerbern vorgesehen (bspw. Plausibilitätsprüfung von Angaben)? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, in welcher Form oder in welchen Fällen?
Frage 5:
Ist gewährleistet, dass öffentlich zugängliche Vorwürfe (bspw. mediale Berichterstattung) im Auswahlprozess angesprochen/berücksichtigt werden? Wenn nein, warum nicht?
Frage 6:
Werden Referenzen angefordert oder aktiv eingeholt/abgefragt? Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Bei der Besetzung von Stellen, insbesondere bei Führungsaufgaben, durchlaufen Bewerber*innen einen sorgfältigen Auswahlprozess, der verschiedene Schritte umfasst. Zunächst werden Bewerber*innen zu ihren beruflichen Erfahrungen und Erfolgen befragt und schriftliche Nachweise geprüft. Dabei werden alle relevanten Aspekte für die ausgeschriebene Position berücksichtigt.
Eine wichtige Informationsquelle sind die dienstlichen Beurteilungen von Bewerber*innen aus dem öffentlichen Dienst, die daher regelmäßig angefordert und ausgewertet werden. Sollten dabei Unklarheiten auftreten oder weitere Informationen benötigt werden, nimmt das Recruiting-Team Kontakt mit den Bewerber*innen auf, um Fragen zu klären oder zusätzliche Unterlagen anzufordern. Gegebenenfalls erfolgt diese Klärung auch während der Auswahlgespräche.
Des Weiteren werden anlassbezogen Internetrecherchen durchgeführt. Dabei wird jedoch darauf geachtet, dass nur öffentlich zugängliche Informationen genutzt werden, und Bewerbern die Möglichkeit gegeben, sich zu den erhobenen Daten zu äußern oder Richtigstellungen vorzunehmen.
Bei Zweifeln an der charakterlichen Eignung oder anderen Sachverhalten werden weitere Maßnahmen ergriffen, wie beispielsweise die Einholung von Stellungnahmen oder die Prüfung von Personalakten. Diese werden im Übrigen erst nach den Auswahlgesprächen angefordert, um die Vertraulichkeit der Bewerbungen zu wahren.Nach Abschluss des Auswahlverfahrens werden alle Bewerber*innen
schriftlich dazu aufgefordert, Auskunft über etwaige Verurteilungen, Disziplinarmaßnahmen oder laufende Ermittlungsverfahren zu geben. Polizeiliche Führungszeugnisse werden ebenfalls angefordert, um sicherzustellen, dass die Bewerber*innen einen einwandfreien Leumund haben.
Bei Bedarf wird die Auswahlentscheidung überprüft, und es kann eine erneute Befassung der Entscheidungsträger erfolgen. Referenzen werden dabei nicht eingeholt, da bereits ausführliche Informationen durch Arbeitszeugnisse und dienstliche Beurteilungen vorliegen.
Frage 7:
Gibt es im Rahmen der Besetzung eines Geschäftsbereichs eine Prüfung von Seiten des betroffenen Referats bzgl. persönlicher Eignung und potenziell problematischer Vorfälle? Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Das jeweilige Referat erhält nach Prüfung und Voreinschätzung der Bewerbungen die Möglichkeit, Stellung zu den Bewerbungen bzw. der Bewerbungslage zu beziehen. Insoweit bei der Dienststelle Erkenntnisse zu Bewerbungen vorhanden sind, werden diese mit dem Personal- und Organisationsreferat erörtert und geprüft, ob sie Einfluss in die Auswahlentscheidung finden können bzw. müssen.
Frage 8:
Werden Führungskräften Fragen zum Umgang mit Compliance, Werten und moralischem Handeln gestellt? Wenn nein, warum nicht?
Frage 9:
Wenn ja, wurden in diesem Rahmen die jetzt untersuchten Vorfälle angesprochen? Wurde nicht oder zu wenig nachgehakt?
Frage 10:
Wurden im Rahmen der Stellenbesetzung Fragen zum Thema Lebenslauf und Motivation behandelt? Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Die Auswahlprozesse der Landeshauptstadt München folgen den Vorgaben des Artikels 33 Absatz 2 des Grundgesetzes und des Artikels 94 Absatz 2 der Bayerischen Verfassung. Sie werden ausschließlich nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung durchgeführt.In den Auswahlgesprächen werden Fragen zu den relevanten Kompetenzen, Erfahrungen und Kenntnissen der jeweiligen Position gestellt und gegebenenfalls durch Assessment-Center-Elemente überprüft. Dabei orientiert sich die Auswahlmethode am Anforderungsprofil der Stelle, das bereits im Vorfeld zwischen der Dienststelle und dem Personal- und Organisationsreferat festgelegt wurde. Dieses Anforderungsprofil berücksichtigt sowohl spezifische als auch allgemeine Kompetenzen, die von allen Mitarbeiter*innen erwartet werden.
Für Führungspositionen werden besonders Führungskompetenzen wie verantwortungsvolle Mitarbeiterführung, strategische Planung und Umsetzung sowie Führungswille vorausgesetzt und anhand von Aufgabenstellungen bewertet. Dabei wird auch geprüft, ob die Bewerber*innen die Grundsätze für Führung und Zusammenarbeit der Landeshauptstadt München berücksichtigen.
Im Rahmen des betreffenden Auswahlverfahrens wurden Führungseigenschaften durch ein Assessment-Center-Element geprüft. Die Bewerber*innen erhielten eine Aufgabe, bei der sie ihre strategischen Fähigkeiten, ihre Motivationsfähigkeit und ihren Gestaltungswillen unter Beweis stellen sollten. Zusätzlich wurden sie gebeten, in einem Eingangsvortrag ihre Motivation und ihren beruflichen Werdegang darzulegen.
Ein weiteres Nachhaken zu den genannten Vorgängen war im Auswahlverfahren nicht erforderlich und aufgrund fehlender Informationen nicht möglich.
Frage 11:
Wie kann zukünftig Vorsorge getroffen werden, dass entscheidungsrelevante Problematiken – wie laufende Ermittlungen bei einem ehemaligen Arbeitgeber – schon im Auswahlgespräch angesprochen werden können?
Antwort:
Um sicherzustellen, dass entscheidungsrelevante Themen bereits im Auswahlgespräch angesprochen werden können, werden zukünftig verstärkt Internetrecherchen durchgeführt. Es ist jedoch zu beachten, dass diese nicht immer verlässliche und vollständige Daten liefern. Informationen zu laufenden Ermittlungen beispielsweise finden sich selten bzw. lassen sich nicht zuverlässig verwenden.
Im Rahmen des Transformationsprogrammes neoHR werden die aktuell geltenden Ausschreibungsrichtlinien der Landeshauptstadt München überarbeitet und in den Stadtrat eingebracht. In diesem Zusammenhang sind verschiedene Anpassungen geplant, die die Candidate Experience verbessern und die weitere Beschleunigung sowie qualitative Verbesserung von Personalgewinnungsprozessen stärker in den Fokus rücken.
Im Übrigen werden solche Problematiken, wie beschrieben, im weiteren Einstellungsprozess bereits berücksichtigt. Zusagen erfolgen immer nur vorbehaltlich dieser weiteren Prüfungen und Erkenntnisse. Es ist daher rechtzeitig möglich, eine Zusage mangels nachträglich erkennbarer persönlicher Eignungen zurückzunehmen.
Frage 12:
Warum wurden weder die Teilnehmer am Auswahlgespräch, noch der VPA vor seiner Entscheidung im November über die Vorwürfe informiert?
Antwort:
Siehe Antwort zu 1. und 2.