Preispolitik in der Gastronomie der Münchner Kulturlandschaft
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 26.2.2024
Antwort Kommunalreferat:
In Ihrer Anfrage führten Sie aus: „Kultur ist für alle da. Daher ist es richtig, dass die städtischen Museen und Theater reduzierte, günstige und kostenfreie Angebote haben. Diese sozial faire Preispolitik spiegelt sich aber nicht in den gastronomischen Betrieben wider, die an Kultureinrichtungen eingegliedert sind. Während es z.B. bei den Kammerspielen im Blauen Haus stets mindestens ein bezahlbares Gericht gibt und im HP8 zwar der Preisdurchschnitt hoch ist, aber zumindest ein Hauptgericht für 11 Euro zu haben ist, kostet das günstigste Mittagessen in den Restaurants im Lenbachhaus oder im Volkstheater knapp 20 Euro“
Bitte erlauben Sie mir hierzu kurz folgende Einleitung:
Städtische Gastronutzer*innen unterliegen standardmäßig bestimmten besonderen Vertragsvorgaben, die im Vergleich mit anderen Wettbewerber*innen als Belastung bzw. Benachteiligung wahrgenommen werden. Hier zu nennen sind bspw. das Verbot von Einweggeschirr, die Bindung der Gastroöffnungszeiten an vorgegebene Geschäftszeiten des Kulturbetriebs, weil z.B. kein separater Zugang gegeben ist, oder auch Einschränkungen durch eine Konzeptvergabe.
Generell und unter diesen Gesichtspunkten ist es für die Marktteilnehmer*innen wirtschaftlich schwer bis unmöglich, branchenunübliche Vergünstigungen bei Speisen und Getränken anzubieten. Deshalb erfolgt bei städtischen Ausschreibungen für Gastromietflächen grundsätzlich keine Preisvorgabe.
Zu Ihren Fragen können wir Ihnen darüberhinaus Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Welche Möglichkeiten gibt es grundsätzlich bei den verschiedenen Formen von Vermietung, Verpachtung, etc. von städtischen Flächen eine faire und soziale Preisgestaltung der Betreibenden vorauszusetzen oder als Kriterium verpflichtend mit aufzunehmen? Und welche Referate/Abteilungen sind dann für die Implementierung und Umsetzung zuständig?
Antwort:
Die Landeshauptstadt München (LHM) ist dazu verpflichtet, die Mieter*innenauswahl nach sachlichen und willkürfreien Kriterien im Rahmen eines öffentlichen Ausschreibungsverfahrens objektiv durchzuführen. Dabei muss unter anderem der Grundsatz gem. Art. 75 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO), dass städtische Flächen nicht unter Wert überlassen werden dürfen, beachtet werden. Dies bedeutet, dass die Vermietung/-pachtung von städtischen Flächen grundsätzlich nach erfolgter Feststellung durch das städtische Bewertungsamt zum marktüblichen Mietpreis erfolgen muss. Eine Ausnahme ist hiervon möglich, falls die Nutzung der Erfüllung einer kommunalen Aufgabe (Daseinsvorsorge) dient und der Stadtrat eine Subventionierung der Preisgestaltung beschlossen hat (z.B. städtische Kantinen – Versorgung der Mitarbeiter*innen).
Für die Implementierung und Umsetzung ist der jeweilige Fachbereich für die kommunale Aufgabe (Kulturreferat, Personal- und Organisationsreferat, Eigenbetrieb, u.a.) zuständig.
Eine nachträgliche Preisvorgabe bei bestehenden Verträgen ist nicht möglich.
Als einzig möglicher Kompromiss zwischen dem Zwang/Erfordernis städtische Flächen nicht unter Wert zu vergeben und der daraus resultierenden Anforderung für die/den Nutzer*in kostendeckend zu wirtschaften, ist es möglich, bei der Vergabe künftig ein Wertungskriterium aufzuzunehmen, mit dem die Bewerber*innen sich verpflichten, ein nicht alkoholisches Getränk günstiger als das günstigste alkoholische Getränk anzubieten. Dieser Eingriff in die unternehmerische Freiheit wäre angemessen. Das Kommunalreferat (KR) wird dies bei der nächsten Ausschreibungen entsprechend vorsehen.
Frage 2:
Welche Kriterien gelten aktuell bei den städtischen Ausschreibungen/Verpachtungen der Gastronomie-Flächen in Bezug auf faire und soziale Preisgestaltung?
Antwort:
Bei der Ausschreibung von städtischen Gastronomieflächen muss unterschieden werden, ob es sich um eine reguläre Nutzung der Flächen handelt oder ob ein unter der Antwort zur Frage 1 benannter Ausnahmefall zutrifft. Die faire und soziale Preisgestaltung ist standardmäßig kein spezielles Preiskriterium bei Ausschreibung oder Vermietung/-pachtung von Gastronomieflächen. Der Gastronomiebetrieb muss sich mit seiner \individuellen Preisgestaltung dem Wettbewerb stellen und beweisen. In gastronomischen Einrichtungen wird derzeit ausschließlich bei der Vermietung/-pachtung von Flächen in Schulgebäuden (Verpflegung der Schüler*innen & Lehrer*innen) oder in städtischen Kantinen (Versorgung der Mitarbeiter*innen) eine faire und soziale Preisgestaltung als Wertungskriterium berücksichtigt.
Die Verpflegung von Besucher*innen in gastronomischen Flächen in Museen und Theatern ist keine kommunale Aufgabe, sondern ergänzt nur freiwillig das Kulturangebot der LHM.
Frage 3:
Mit welcher Gewichtung fließt eine günstige Preisgestaltung der Bietenden in die Bewertung ein?
Antwort:
Das Wertungskriterium „Preisgestaltung“ fließt nur in dem unter der Antwort zur Frage 1 benannten Ausnahmefall in die Bewertung mit ein. Die Gewichtung wird dabei im Vorfeld einer Ausschreibung individuell festgelegt und beträgt in der Regel zwischen 5% und 30%.
Frage 4:
Welche Kriterien bzgl. sozial-fairer Preisgestaltung gab es bei der Vergabe der Flächen im Lenbachhaus, im Volkstheater und in der Isarphilharmonie HP8?
a. Wenn es diese gab: Wie sehen sie diese umgesetzt?
Antwort:
Die LHM hat selbst lediglich die gastronomischen Flächen im Lenbachhaus ausgeschrieben und direkt vermietet. Da es sich um keine kommunale Aufgabe handelt, wurde das Kriterium einer sozial-fairen Preisgestaltung nicht mit aufgenommen und spielte folglich auch keine Rolle bei der Vergabe an den aktuellen Mieter.
Die Immobilie des Münchner Volkstheaters wurde von der LHM inklusive der Gastronomieflächen zum ortsüblichen Pachtzins an die Münchner Volkstheater GmbH (MVT) verpachtet. Von der MVT haben wir die folgende Rückmeldung zur Gastronomie erhalten:
„Die Verpachtung der Gastronomiefläche erfolgt ebenfalls auf Basis dieser objektiv ermittelten ortsüblichen Vergleichsmiete, aber durch das MVT selbst. Das Restaurant Schmock hat sich bereits am alten Standort in derBrienner Straße als Theatergastronomie des MVT etabliert. Ob eine Weiterführung dieser Synergie am neuen Standort zulässig ist oder es einer Ausschreibung der Gastronomieflächen bedarf, wurde rechtlich geprüft und für zulässig erachtet. In der Preisgestaltung ist das Restaurant Schmock frei. Im Gegensatz zum Münchner Volkstheater wird die Gastronomie nicht durch städtische Zuschüsse subventioniert. Das Restaurant ist daher gezwungen, mindestens kostendeckend zu wirtschaften.“
Die Immobilie der Isarphilharmonie HP8 wurde durch die Gasteig München GmbH (GMG) in Zusammenarbeit mit dem Team Zukunft in eigener Zuständigkeit gebaut. Von der GMG haben wir die folgende Rückmeldung zur Gastronomie erhalten:
„In Bezug auf die Ausschreibung der Gastronomie im Gasteig HP8 (bestehend aus den Bereichen Restaurant, Café, Pausengastronomie/Catering) waren in der zugrundeliegenden Bekanntmachung folgende Vorgaben gegeben: Es gilt ein marktübliches Preis-Leistungs-Niveau, das vergleichbar mit ähnlichen Lokalitäten in München ist und günstige bzw. flexible Alternativen in bestimmten Bereichen bietet: Beim Restaurant ist zusätzlich zum normalen Angebot ein vergünstigter Mittagstisch für Gasteig-Mitarbeiter*innen (GMG und Institute) anzubieten, bestehend aus mindestens zwei warmen Gerichten (eines davon vegetarisch). In Bezug auf das Café (Deli in Halle E) erfolgt eine verstärkte Ausrichtung auf die Zielgruppe der Studierenden, Besucher*innen der Münchner Stadtbibliothek, Münchner Volkshochschule und Hochschule für Musik und Theater München, d.h. dort sind kostengünstige, auch kleinere Angebote gewünscht. Das Gastronomiereferat der Gasteig München GmbH überwacht die Einhaltung des Vertrags und ist in laufender Abstimmung mit dem gastronomischen Pächter. Der gastronomische Pächter ist dabei ein eigenständiger wirtschaftlicher Betrieb, der keine Zuschüsse erhält, aber eng mit dem Betrieb des Hauses verbunden ist.“