Der Fachkräftemangel hat vielfältige Folgen. In der Stadt München bedroht er die Existenz von kleinen und mittleren Betrieben, bremst den Ausbau grüner Energien und bedeutet eine große Herausforderung für die Sozial- und Pflegesysteme. Mit einem breiten Maßnahmenpaket begegnet die Landeshauptstadt dem Fachkräftemangel insbesondere im Handwerk, der Gastronomie und in den sozialen Berufen. Ziel ist, die Arbeitsmarktchancen von benachteiligten Jugendlichen zu erhöhen, die Quote der Schul- und Ausbildungsabbrecher*innen zu reduzieren und mehr junge Menschen für Ausbildungsberufe zu begeistern. Das Referat für Bildung und Sport, das Sozialreferat sowie das Referat für Arbeit und Wirtschaft haben jetzt dem Stadtrat über den Stand und die Weiterentwicklung bestehender Aktivitäten zur Reduzierung des Fachkräftemangels berichtet. Dazu gehören unter anderem die Weiterführung der Anlaufstelle Schule@Ehrenamt, gezielte Maßnahmen zur Integration von Auszubildenden aus dem Ausland und zusätzliche Aktivitäten, um die Attraktivität der dualen Ausbildung sichtbar zu machen und den Übergang von der Schule in das Berufsleben gut zu gestalten.
Chancen für junge Menschen erhöhen
Beim Themenfeld „Chancen für junge Menschen erhöhen“ steht die Stärkung bestehender Mentoring-Programme im Zentrum. Mentoring bezeichnet individuelle Betreuungsleistungen durch Freiwillige. Wissenschaftliche Studien belegen die hohe Wirksamkeit vor allem für das informelle Lernen von Kindern und Jugendlichen. So wird Mentoring bereits an vielen Münchner Schulen praktiziert, unter anderem im Rahmen von Programmen wie Jobmentoring und Lesepatenschaften. Zusätzlich zu ehrenamtlichen Leistungen sind im Rahmen der Bedarfsorientierten Budgetierung auch hauptamtliche Beratungs-, Begleitungs- und Coaching-Angebote vorgesehen.
Mit dem aktuellen Beschluss des Stadtrats soll die Koordination zwischen den vielfältigen Bildungsinitiativen, ehrenamtlichen Angeboten und Schulen sowie die Verzahnung von ehrenamtlichen und hauptamtlichen Angeboten in die Zukunft geführt werden.
Eine zentrale Rolle kommt dabei der Anlaufstelle Schule@Ehrenamt zu. Vorgesehen ist, diese für weitere vier Jahre auszuschreiben. Mit ihren Aktivitäten unterstützt Schule@Ehrenamt bei der Koordination der Vielzahl an Programmen und setzt so dringend benötigte Kapazitäten an den Schulen frei. Auch trägt sie dazu bei, Angebote passgenauer und zielgerichteter zu vermitteln sowie die Qualitätssicherung zu steigern. Die Finanzierung der zunächst auf vier Jahre befristeten Maßnahme erfolgt aus dem Budget des Referats für Bildung und Sport.
Quote der Schul- und Ausbildungsabbrecher*innen reduzieren
Der Bereich „Quote der Schul- und Ausbildungsabbrecher*innen reduzieren“ zielt auf eine Ausweitung von Maßnahmen, die ein individuelles, frühzeitiges Eingreifen bei solchen Schüler*innen und Auszubildenden ermöglichen, deren hohe Fehlzeiten einen möglichen Schul- oder Ausbildungsabbruch befürchten lassen.
Über das Pädagogische Institut – Zentrum für kommunales Bildungsmanagement (PI-ZKB) der Stadt ist bereits eine Vielzahl individueller Beratungsangebote etabliert, so zum Beispiel die Bildungsberatung, die Bildungsberatung International oder die Berufswegplanungsstelle b-wege. Ein besonders intensives Coaching steht für Schüler*innen mit erhöhtem Förderbedarf im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) bereit.
Ein wachsender Unterstützungsbedarf zeigt sich zudem an den beruflichen Schulen. Dort steigt der Anteil von Schüler*innen aus dem Ausland rasant – an der Städtischen Berufsschule für Hotel-, Gaststätten- und Braugewerbe haben derzeit 43 Prozent der Schüler*innen einen Migrationshintergrund, in einigen Klassen bis zu 80 Prozent. Das führt zu sprachlichen Herausforderungen und neuen Situationen im Unterricht. Damit auch diese Berufsschüler*innen ihr Ausbildungsziel erreichen können und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, wird dort im Rahmen eines zweijährigen Pilotprojekts, gemeinsam entwickelt und finanziert vom Sozialreferat und dem Referat für Bildung und Sport, eine intensive, integrierte Deutschförderung erprobt, die dann gegebenenfalls an weiteren beruflichen Schulen implementiert werden soll.
Die berufliche Integration wird auch dadurch unterstützt, dass entsprechend der veränderten Schülerschaft Fortbildungen für die Lehrkräfte und das pädagogische Personal an den beruflichen Schulen weiterentwickelt werden. Sie sollen das Personal auf die Heterogenität der Zuwander*innen sowie den Umgang mit Mehrsprachigkeit vorbereiten und die Chancen dahinter aufzeigen. Außerdem sollen sie über rechtliche Rahmenbedingungen, Asyl- und Aufenthaltsrecht informiert werden, für Themen der Migration und ihre psychologischen Folgen sensibilisiert und zusätzliches Handwerkszeug für digitales Lernen und geschlechtergerechte Pädagogik an die Hand bekommen.
Bereits gestartet ist ein Pilotprojekt, durch das türkischsprechende bulgarische Schüler*innen und ihre Familien besser erreicht werden sollen. Sie sind als Minderheit im Herkunftsland von unterschiedlichen Formen von Diskriminierung und Ausgrenzung betroffen. Eine Konsequenz ist nicht selten der fehlende Zugang zu Bildung. Eine gezielte Beratung und Begleitung stabilisiert die familiären Lebensverhältnisse und eröffnet dabei den Schüler*innen mittelfristig bessere Lern- und Lebensperspektiven. Partnerin ist die AWO, die über mehrjährige Erfahrung in der Beratung und Begleitung der Zielgruppe verfügt. Auf Grundlage des bereits etablierten Beratungscafés werden mobile Beratungsleistungen an zwei ausgewählten Grundschulen eingeführt und über zwei Jahre evaluiert. Zuschussgeber sind das Referat für Bildung und Sport und das Sozialreferat.
Junge Menschen für Ausbildungsberufe gewinnen
Ziel der Maßnahmen „Junge Menschen für Ausbildungsberufe gewinnen“ ist, die Attraktivität von Ausbildungsberufen bekannter zu machen. Federführend ist das Referat für Arbeit und Wirtschaft, das im Rahmen des Münchner Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramms MBQ geeignete Maßnahmen umsetzt. Dabei geht es wesentlich um die Intensivierung bestehender Erfolgsformate, insbesondere um die Weiterführung und Koordination der Ausbildungsmessen. Eine jährliche Übersicht über die Veranstaltungen und Angebote zur Berufswahlorientierung von Kommune, Agentur für Arbeit, Kammern und Privatwirtschaft erleichtert es für Schulen, die Messebesuche langfristig zu planen. Mit der Einrichtung von mittlerweile zwei Stellen für Akquisiteur*innen für Pflegeberufe legt die Landeshauptstadt München außerdem einen besonderen Fokus auf die Rekrutierung von Auszubildenden für soziale Berufe.
Bürgermeisterin Verena Dietl: „Wirtschaftliche Prosperität und gesellschaftliche Teilhabe aller Bürger*innen sind zwei Seiten derselben Medaille. Unser aktuelles Maßnahmenpaket gegen den Fachkräftemangel ist ein weiterer Beleg, wie ernst es der Landeshauptstadt München mit beidem ist.“
Stadtschulrat Florian Kraus: „Je individueller wir insbesondere benachteiligte Kinder und Jugendliche unterstützen können, desto gerechter wird unser Bildungswesen. Hier ist der Einsatz von ehrenamtlichen Mentor*innen besonders sinnvoll und ich freue mich, dass die wichtige Vermittlungsarbeit der Anlaufstelle Schule@Ehrenamt für weitere vier Jahre gesichert ist.“
Sozialreferentin Dorothee Schiwy: „Es ist uns ein besonderes Anliegen, das Potenzial der jungen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zu fördern und ihre Arbeitsmarktchancen zu stärken. Der Arbeitsmarkt braucht sie. Ich freue mich daher, dass wir gemeinsam Projekte auf den Weg bringen konnten, die die konkreten zuwanderungsspezifischen Bedarfe in den Blick nehmen, um einen erfolgreichen Schul- und Ausbildungsabschluss zu ermöglichen.“
Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft: „Der Übergang von der Schule in den Beruf ist eine bedeutende Entscheidung für Jugendliche. Ein Fehlstart ins Berufsleben kostet Zeit und ist frustrierend. Wir wollen deshalb alles daransetzen, dass Jugendliche diese Entscheidung bestens informiert treffen können und eine Ausbildung bekommen, die genau zu ihnen passt. Deshalb haben wir unser Angebot an Berufs- und Ausbildungsmessen sowie die Zahl der teilnehmenden Unternehmen ständig erweitert.“