Auch in diesem Jahr vergibt die Stadt München wieder sechs Stipendien für Musik in Höhe von jeweils 8.000 Euro, von denen eines für Akteur*innen im Kinder- und Jugendbereich vorgesehen ist. Ausgezeichnet werden Nikolaus von Bemberg-Flamersheim / Danish Connection, Franz Josef Ferdinand Himpsl, Julia Hornung, Mira Mann und Marina Schlagintweit. Das Stipendium für Akteur*innen im Kinder- und Jugendbereich geht an mini.musik. Den mit 3.000 Euro dotierten Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis für Musik erhält Fabian Blum.
Des Weiteren werden im Bereich Bildende Kunst sechs Stipendien in Höhe von jeweils 8.000 Euro vergeben. Ausgezeichnet werden in diesem Jahr Sima Dehgani, Melina Hennicker & Michael Schmidt & Andreas Woller, Franziska Schrödinger, Aelita le Quément & Veronica Burnuthian, Michael Mönnich und Ossian Fraser. Der mit 3.000 Euro dotierte Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis für Bildende Kunst geht an Johannes Kiel. Die Vergabe hat der Kulturausschuss des Stadtrats auf Vorschlag einer Jury jetzt beschlossen.
Mit den jährlich vergebenen Stipendien für Musik sollen konkrete, besonders anspruchsvolle musikalische Arbeitsvorhaben in den Bereichen Komposition, Programmerarbeitung oder berufliche Fortbildung außerhalb Münchens unterstützt werden. Die Stipendien können sowohl für Einzel- als auch Ensembleleistungen in allen Musikgattungen und -bereichen, mit besonderer Berücksichtigung der zeitgenössischen Erscheinungsformen, vergeben werden.
Mit dem Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis für Musik sollen junge Kunstschaffende im Bereich der Musik für kreative Leistungen gefördert werden.
Die jährlich vergebenen Stipendien für Bildende Kunst dienen der Förderung herausragender künstlerischer Vorhaben vorrangig am Beginn der Professionalität.
Zusätzlich wird der Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis für Bildende Kunst, dotiert nach der jeweiligen Stiftungsertragslage, zur Förderung junger Kunstschaffender vergeben.
Die Preise werden bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit geladenen Gästen im Herbst verliehen.
Die ausführlichen Jurybegründungen und Informationen zum Preiswesen unter www.muenchen.de/kulturfoerderung unter „Stipendien“.
Auszüge aus den Jurybegründungen:
Musikstipendium für Nikolaus von Bemberg-Flamersheim / Danish Connection
„Ein weit ausholendes Projekt setzt sich über Länder- und Spartengrenzen hinweg und präsentiert das Beste, was Europa zu bieten hat – kulturelle Vielfalt, Wertschätzung und Austausch. Kommunikation, intellektuelle Offenheit und kreative Neugier.
In vier Konzerten soll eine enorme Bandbreite an Werken Neuer Musik erklingen. Zahlreiche Akteur*innen der Musikszenen Kopenhagens und Münchens schaffen neue Kooperationen über den bloßen Veranstaltungszeitraum hinaus; bereits vergebene Kompositionsaufträge lassen neue Werke entstehen; ein pädagogisches Rahmenprogramm ermöglicht neue Begegnungen, Erkenntnisse und Erfahrungsaustausch.
Kopf und Herz dieses mutigen Unterfangens ist der Münchner Pianist Nikolaus von Bemberg. Er hat ein Konzept von großer Strahlkraft und lang nachhallender Wirkung entwickelt.“
Musikstipendium für Franz Josef Ferdinand Himpsl
„Franz Himpsl jr. ist ein waschechtes Münchner Musikgewächs. Als Mitglied der generationenübergreifenden Unterbiberger Hofmusik, des bayerischen Landesjugendjazzorchesters und des ODEON Jugendsinfonieorchesters kann er auf eine dreizehnjährige Karriere als Waldhornist zurückblicken. Die rein westliche, klassische Literatur für Hornquartette empfindet Himpsl als zu einengend, weshalb er ein Programm für Hornquartett komponieren lassen und erarbeiten möchte, welches diese Besetzung zugänglicher für ein gegenwärtiges, diverses Publikum macht. Die Verschränkung von Klassik, Jazz, Pop und Musik aus nicht-westlichen Kulturkreisen eröffnet dabei vielfältige Möglichkeiten, das Repertoire für Hornquartette zu öffnen und zu diversifizieren.“
Musikstipendium für Julia Hornung
„Julia Hornung überzeugt die Jury durch ihr nachhaltiges persönliches wie professionelles Engagement für den Gypsy Swing und ihre innovative Herangehensweise an diese traditionsreiche Musikform. Ihr Projekt ‚Modern Manouche‘ verbindet authentische Elemente des Gypsy Swing mit zeitgemäßen Kompositionstechniken und interkulturellem Austausch, was sowohl für die Weiterentwicklung des Genres als auch der Münchner Szene inspirierend und wertvoll ist. Besonders hervorzuheben ist ihr Einsatz für die Sichtbarkeit von Frauen in der Musikwelt sowie ihr beständiges Engagement für die Förderung der Münchner Gypsy Swing-Szene. Die geplante internationale Zusammenarbeit und die professionelle Produktion des Albums unterstreichen ihre ernsthaften Ziele, den Stil innovativ zu prägen und die Szene nachhaltig zu bereichern.“
Musikstipendium für Mira Mann
„Mira Mann verhandelt mit ihrem Projekt „Touch me I‘m sick“ den gesellschaftsspezifischen Umgang mit Körperbildern im Allgemeinen und Krankheiten. Sie entwirft mit diesem Projekt ein Gesamtkunstwerk, das auf der Basis einer von ihr geschaffenen Bronzeskulptur die klanglichen Komponenten des Materials hinterfragt und mit musikalischen Elementen und Textfragmenten verbindet. Auf diese Weise entstehen völlig neue Hörerlebnisse, die gleichzeitig Raum schaffen für die Auseinandersetzung mit der Krankheit und damit weit über die eigentliche Performance hinaus- wirken. Die hohe musikalische und interdisziplinäre Qualität der Arbeiten von Mira Mann verspricht eine nachhaltige Auseinandersetzung mit dem Thema und findet in der Zusammenarbeit mit der herausragenden Percussionistin und Produzentin Philo Tsoungui eine stimmige Ergänzung, so dass man auf die Umsetzung des Projekts heute schon gespannt sein darf.“
Musikstipendium im Kinder- und Jugendbereich für mini.musik
„In vielen Kinderkonzertangeboten spielt das europäische Instrumentarium und dessen Klangraum eine zentrale Rolle. Mit ‚Alfulimux, der Wüstenfuchs‘ setzt die neue Produktion von mini.musik an genau dieser Tatsache an und inszeniert, ausgehend von einer Tier-Fabelgeschichte, einen Hör- und Sehraum, der die traditionelle Musikpraxis erweitert und andere kultu- relle Traditionen zugänglich macht. Neben Klavier, Kontrabass und Geige erklingen unter anderem Oud, Djembe, Balafon, Mundorgel und Kürbisflöte. ‚Alfulimux‘ verhandelt inhaltlich Themen wie Fremdsein, Identität, Suche nach Zugehörigkeit, Freundschaft und Gemeinschaft. Und so schafft das neu konzipierte Kinderkonzert einen außergewöhnlichen Erfahrungsraum und eine weit umspannende Klangreise, in der der Fuchs als offene, neugierige Figur für die Kinder zu einer Identitifikationsfigur wird.“
Musikstipendium für Marina Schlagintweit
„Die Münchner Jazzmusikerin Marina Schlagintweit hat mit ihrem Kompositionsvorhaben ‚Neue Spielregeln‘ die diesjährige Jury überzeugt. Besonders interessant ist dieses Projekt, weil es die vermeintlichen Genregrenzen des Jazz sprengt, indem Marina Schlagintweit auf Kompositions- techniken der Neuen Musik zurückgreift. Mit diesem Projekt beweist sie, dass sie stets auf der Suche nach neuen Impulsen ist, um ihren Klang und die Szene auf neue Weise auszuloten. Interessant ist außerdem, dass sie ihr Vorhaben ‚Neue Spielregeln‘ auf einen gesellschaftspolitischen Diskurs stützt, nämlich den der Machtverhältnisse und Ungleichheiten durch Geld. In Kombination mit ihrer musikalischen Exzellenz kann dieses Projekt wegweisend sein für die Münchner Jazzszene und darüber hinaus.“
Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis für Musik für Fabian Blum
„Der Komponist Fabian Blum studiert derzeit an der Hochschule für Musik und Theater in München und tut sich schon jetzt durch seinen weitreichenden Blick auf die zeitgenössische Musik hervor. Er bricht alle Gattungsgrenzen auf und arbeitet auch intensiv an seiner ganz eigenen musikalischen Klangsprache. Sein Werk ,Die Legende von Ingong‘ ist eingebettet in die Fantasiewelt ‚Lumina‘, eine Geschichte, die Fabian Blum als Kind entwickelt hat. Nun denkt er diesen mythischen Stoff weiter, verwebt ihn mit improvisierten und durchkomponierten Elementen der zeitgenössischen Musik. Dass Fabian Blum nicht in Fußstapfen treten, sondern eigene Wege beschreiten will, zeigt seine ungewöhnliche und kreative Art, sein Werk festzuhalten: eine Comic-Partitur mit Pop-Up-Elementen, die in sein Musiktheater integriert wird. Fabian Blum denkt nicht rein kompositorisch, vielmehr performativ.“
Stipendium für Bildende Kunst für Veronica Burnuthian und Aelita le Quément
„Das Künstler*innen-Duo Panty Paradise – Veronica Burnuthian und Aelita Le Quément – versteht sich als ,queer-translesbische Kunstmaschine‘ zur Erforschung der Trans-Evolution, also der Transformation von Identität, Beziehungen und gesellschaftlichen Dynamiken durch soziale und biologische Prozesse. (…) In ihrem Projekt ,Moonglow‘, das eine Fortführung und Weiterentwicklung vorangegangener Arbeiten darstellt, und das sie mit ihrem Stipendium in den Kunstarkaden und im PIP München im Herbst 2025 realisieren wollen, beschäftigen sie sich mit den Themen Trans-Evolution und Neo-Intimität. Im Mittelpunkt steht dabei die Idee einer neuen Art von Nähe, die dort entsteht, wo Symbiose, Abhängigkeit und Machtungleichgewichte ineinanderwirken. Das Projekt untersucht Beziehungen zwischen verschiedenen Wesen und Existenzformen, die von parasitären oder symbiotischen Dynamiken geprägt sind.“
Stipendium für Bildende Kunst für Sima Dehgani
„In der multimedialen Arbeit ,Mittelschule‘ entwickelt die Fotografin und Künstlerin Sima Dehgani zusammen mit Jugendlichen ein Portrait dieser sogenannten Generation Z zwischen Dokumentation und Fiktion. Dabei befasst sie sich mit den Erfahrungen sozial benachteiligter Schüler*innen, die in einer von digitalen Technologien und sozialen Medien geprägten Welt aufwachsen. Im Zentrum steht das alltägliche Erleben der Schüler*innen in einer prägenden Phase ihres Lebens: dem Übergang vom Kindsein ins Erwachsenenalter. Das Projekt dokumentiert nicht nur den schulischen Alltag, sondern schafft auch Raum für einen interaktiven Austausch. (…) Das Projekt bewegt sich bewusst und kritisch zwischen Kunst und Sozialdokumentation und leistet einen bedeutenden Beitrag zu einer vielschichtigen Sichtbarmachung marginalisierter Perspektiven.“
Stipendium für Bildende Kunst für Ossian Fraser
„Ungewöhnliche bildhauerische Setzungen und poetische Neuvermessung mittels Fotografie sind die zwei zentralen künstlerischen Prinzipien von Ossian Fraser. Der Künstler denkt seine physischen Interventionen stets aus der Perspektive ihrer fotografischen oder filmischen Dokumentation und entwickelt diese direkt vor Ort. (…)
Fraser erhält das Stipendium für eine neue Werkgruppe aus Fotografie, Skulptur und Film, die er in zwei kontrastierenden Landschaften erarbeiten möchte: den Salzfeldern der Camargue und einem Moor im Norden Schottlands, in dem ein neuer Weltraumbahnhof entstehen soll. An beiden Orten fokussiert sich Fraser auf die Eingriffe des Menschen in natürliche Ökosysteme, auf ihre Ästhetik, Bedrohtheit und symbolische Aufladung (…) Frasers Werke antworten darauf, indem sie sich in ihren Kontext einfügen, in den Fluss der Zeit und den Lauf der Dinge.“
Stipendium für Bildende Kunst für Michael Schmidt, Melina Hennicker und Andreas Woller
„Mit dem Konzept ,Kleine Programme‘ haben die Künstler*innen Michael Schmidt, Melina Hennicker und Andreas Woller einen präzise strukturierten Versuchsaufbau für ihr Projektvorhaben vorgestellt: Jede*r der drei Künstler*innen entwickelt ein sogenanntes kleines Programm, als eigenes Regelwerk, in dem er oder sie in einer bestimmten Verbindung von Körper und Material agiert. (…) Metaphorisch berührt die unweigerliche Kollision der drei unterschiedlichen Programme aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen: Was macht die Arbeit des Menschen in Zeiten der künstlichen Intelligenz aus, und was unterscheidet menschliche Arbeit von maschineller Produktion, aber auch die Frage, welche neuen sozialen Gefüge oder Gemeinschaften sich durch das Aufeinandertreffen und Interagieren von unterschiedlich geprägten Individuen bilden.“
Stipendium für Bildende Kunst für Michael Mönnich
„Michael Mönnich ist ein sensibler Beobachter, der sich in seinem künstlerischen Schaffen, das Skulptur, Fotografie und Bewegtbilder umfasst, bewusst auf die eigene Wahrnehmung fokussiert und zudem die Produktionsbedingungen seiner Bilder hinterfragt. (…) Auf den ersten Blick wirken seine Fotografien, ortspezifischen Installationen und skulpturalen Konstellationen selbstverständlich, doch sie basieren auf ebenso subtilen wie präzisen Verschiebungen unserer Wahrnehmungsmuster. Auch für die geplante Videoarbeit, für die Mönnich das Stipendium der Stadt München erhält, widmet er sich einem visuellen Phänomen, das vielen bekannt sein dürfte: Sitzt man in einem anfahrenden Zug und blickt aus dem Fenster auf einen gleichzeitig anfahrenden Zug nebenan, entsteht, konzentriert man sich auf dessen Innenraum, die Illusion von Stillstand in Bewegung. Mit einem historischen Verweis auf die weltberühmten filmisch-fotografischen Werke von Eadweard Muybridge möchte Mönnich diesen Moment des ‚bewegten Stillstandes‘ visuell nachstellen (…).“
Stipendium für Bildende Kunst für Franziska Schrödinger
„Die mehrfach ausgezeichnete Fotografin und Künstlerin Franziska Schrödinger stellt in ihrem neuen, multimedial angelegten Projektvorhaben „Anguilla Anguilla“ den Europäischen Aal ins Zentrum ihrer künstlerischen Recherche. Anhand dieses faszinierenden und vom Aussterben bedrohten Wanderfischs reflektiert sie über die Wechselbeziehung zwischen Mensch und Natur und den daraus resultierenden komplexen globalen Problematiken wie dem Klimawandel, Artensterben, Lebensraumverlust. (…) Für die finale Präsentation des Projekts ist eine Ausstellung geplant, in der ihre Recherchearbeit und künstlerische Reflexion sichtbar werden. (…)“
Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis für Bildende Kunst für Johannes Kiel
„Johannes Kiel überzeugt durch eine interdisziplinäre künstlerische Praxis, die sich an der Schnittstelle von Kunst und Naturwissenschaften entfaltet. Seine Arbeiten zeichnen sich durch eine ebenso anspruchsvolle wie präzise Formsprache aus. Aktuelle Fragestellungen aus Biologie, Geologie, Chemie oder Robotik bilden den Ausgangspunkt für Skulpturen, Installationen und Experimente, mit denen Kiel die ästhetischen Möglichkeiten wissenschaftlicher Erkenntnisse auslotet – ohne dabei deren Komplexität aufzugeben. (…)
Mit Johannes Kiel würdigt die Jury einen Künstler, dessen Arbeiten sensorische Zugänge zu Wissensräumen eröffnen, die sonst nur über abstrakte Theorien oder Labortechnologien erfahrbar wären. Er schafft immersive ästhetische Universen, in denen sich Forschung, Beobachtung und künstlerische Imagination auf eindrucksvolle Weise verbinden.“