Klärung der Zuständigkeiten und von Einwilligungen zur Räumung von überdachten Flächen und Privateigentum bei Bettenlagern
Antrag Stadträtin Dr. Evelyne Menges (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 4.2.2025
Antwort Kreisverwaltungsreferentin Dr. Hanna Sammüller:
Vielen Dank für Ihren Antrag vom 4.2.2025.
Sie beantragen, dass eine rechtliche Prüfung vorgenommen wird, ob überdachte Flächen und Privateigentum von der Stadtverwaltung bei der Entstehung von Bettenlagern geräumt werden dürfen. Wo es erforderlich und rechtlich unklar erscheint, soll außerdem die Verwaltung mit den Geschäftsleuten und Grundstückseigentümer*innen in Kontakt treten, um eine entsprechende Einwilligung einzuholen, die überdachten Flächen und Privatgrundstücke durch die Landeshauptstadt München räumen zu lassen.
Begründet wird dies damit, dass die Räumung von Lagern im Stadtgebiet der Landeshauptstadt München durch unklare Zuständigkeiten behindert werden. Dies führe häufig zu Verzögerungen und verhindere so ein zügiges Handeln im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages zielt auf eine Prüfung des Verwaltungshandelns ab und betrifft eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, weshalb eine beschlussmäßige Behandlung im Stadtrat rechtlich nicht möglich ist.
Zu Ihrem Antrag teilte mir das Sozialreferat, bei dem die Federführung für die Arbeitsgemeinschaft Wildes Campieren liegt, auf Nachfrage Folgendes mit:
„Im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Wildes Campieren wird bei Lagern auf privaten Grundstücken im Sinne des Handlungsleitfadens zum Umgang mit wildem Campieren vorgegangen. Hiernach wird der*die Grundstückseigentümer*in durch das KVR auf das Lager hingewiesen und zur Durchführung einer Räumung aufgefordert.
Im Rahmen der Räumungen entlang der Sonnenstraße kam es aufgrund der besonderen Situation im Umkreis des Hauptbahnhofes zu einem engeren Austausch mit privaten Grundstückseigentümer*innen. Das Sozialreferat hat im Auftrag der Task Force Bahnhofsviertel betroffene Eigentümer*innen entlang der Sonnenstraße auf die Lagerbildungen hingewiesenund gebeten, tätig zu werden. Auf Rückfrage einzelner Eigentümer*innen wurde aufgrund der besonderen Gesamtsituation angeboten, an bereits terminierten Räumungen der AG Wildes Campieren teilzunehmen und mit der dabei anwesenden Polizei ihr Hausrecht durchzusetzen. Die Räumungen und das Durchsetzen des Hausrechtes oblagen auch in diesen Ausnahmefällen ausschließlich den anwesenden Eigentümer*innen. Das Sozialreferat hat darüber hinaus keine Möglichkeit, auf private Eigentümer*innen hinsichtlich einer Räumung einzuwirken.“
Weitere Handlungsmöglichkeiten der Landeshauptstadt München, um auf Privatgrund Lager räumen zu können, wurden aufgrund der Situation in der Sonnenstraße durch die Rechtsabteilung des Kreisverwaltungsreferates geprüft.
Im Ergebnis ist eine Räumung von Lagern wohnungs- bzw. obdachloser Personen auf Privatgrund nur unter strengen Voraussetzungen möglich, welche in der Praxis regelmäßig nicht vorliegen:
Um eine Einzelfallanordnung diesbezüglich erlassen zu können, müssten hierdurch die Voraussetzungen des. Art. 7 Abs. 2 LStVG vorliegen.
Insbesondere käme die Verhütung bzw. Unterbindung der Verwirklichung des Tatbestandes des § 123 StGB (Hausfriedensbruch) in Frage. Hierfür müsste es sich bei den Örtlichkeiten, an denen sich die Personen niederlassen, laut Tatbestand um ein durch die Norm geschütztes „befriedetes Besitztum“ handeln. Dies ist allerdings bei den in den meisten Fällen genutzten Häusernischen, die an öffentlichen Grund grenzen und frei zugänglich sind, nicht der Fall. Sollte ausnahmsweise ein Fall eintreten, bei welchem der objektive Tatbestand des „befriedeten Besitztums“ dennoch erfüllt wäre, so müsste sich die betreffende wohnungs- oder obdachlose Person zudem gegen den Willen der Eigentümer*innen bzw. Hausrechtsinhaber*innen auf dem Grundstück aufhalten. Mithin ist eine Anordnung im Zusammenhang mit dem Tatbestand des Hausfriedensbruchs angesichts der öffentlichen Zugänglichkeit regelmäßig nicht möglich.
Ohne die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 LStVG ist ein hoheitliches Tätigwerden (weder für KVR noch für Polizei) nicht möglich. Der Schutz privater Rechte, ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Sicherheitsbehörden. Sollte die Landeshauptstadt München beispielsweise im Rahmen einer Bevollmächtigung oder Einwilligung der Eigentümer*innen deren Hausrecht durchsetzen, so würde diese keine hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen, sondern gewissermaßen als „privater Sicherheitsdienst“ tätig werden.Dies ist nach den Grundsätzen des Artikel 87 der Gemeindeordnung nicht zulässig.
Im Ergebnis ist festzustellen, dass es im Hinblick auf die geltende Rechtslage im Regelfall nicht möglich ist, Lager von obdach- bzw. wohnungslosen Personen auf Privatgrund durch die Landeshauptstadt München räumen zu lassen.
Dennoch versuchen Sozialreferat und KVR – mit zum Teil erheblichem Aufwand – auf die Eigentümer hinzuwirken, dass diese in ihrer Verantwortung entsprechend tätig werden.
Maßnahmen in Bezug auf Lager, welche nach Maßgabe des Handlungsleitfadens der Arbeitsgruppe „Wildes Campieren“ geräumt werden können, werden (unabhängig davon, ob diese überdacht sind oder nicht) stets zügig eingeleitet.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.