Errichtung einer Fachstelle für Beratung, Unterstützung und Prävention in Fällen von sexueller Belästigung und Gewalt
Antrag Stadtrats-Mitglieder Delija Balidemaj, Hans-Peter Mehling, Dr. Evelyne Menges und Manuel Pretzl (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 26.2.2025
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
Sie beantragen die Errichtung einer Fachstelle für Beratung, Unterstützung und Prävention in Fällen von sexueller Belästigung und Gewalt.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teilen wir Ihnen auf diesem Wege zu Ihrem Antrag vom 26.2.2025 Folgendes mit:
Die Landeshauptstadt München verfügt im Bereich Unterstützungs- und Beratungsstrukturen in Fällen sexualisierter (digitaler) Gewalt bereits über viele Angebote und Strukturen:
LHM-Gleichstellungstelle für Frauen:
Diese Fachstelle leistet z.B. mit Kampagnen, wie „Gleichberechtigung schützt vor Gewalt!“ wichtige Beiträge zur gesellschaftlichen Sichtbarkeit der wichtigen Themen sexistische Gewalt und Diskriminierung. Auf der zugehörigen Website werden zahlreiche Hilfestellungen angeboten und entsprechende Verweise zu unterstützenden und beratenden Stellen aufgelistet: https://gleichberechtigung-schuetzt-vor-gewalt.de/hilfe-holen/. Angesprochen sind damit – stadtweit – Menschen, die selbst Gewalt erleben sowie diejenigen, die Gewalt beobachten oder eine diesbezügliche Vermutung haben. Alle der Kampagne zugehörigen Teil-Aktionen wie z.B. „Hinsehen – Zuhören – Hilfe holen“ werden zudem durch eigens dafür erstellte Audiobeiträge unterstützt. Darüber hinaus finden sich wichtige Hilfestellungen zum Umgang mit Gewalt (und vielen weiteren Themen) in dem auch online verfügbaren Frauenhandbuch (https://frauenhandbuch-muenchen.de/). Gerne vermittelt die Stelle Kontakt an die diversen Hilfsangebote der LHM (aufgeführt in der angehängten Tabelle).
Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LGBTIQ*:
Die Koordinierungsstelle für die Gleichstellung und Antidiskriminierung von LGBTIQ* in München wurde 2002 eingerichtet. Sie hat sich zur Aufgabe gemacht, die Gleichstellung und Antidiskriminierung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, inter* und queeren Menschen in München zu fördern. Ein zentraler Bestandteil davon ist die Bekämpfung von geschlechtsspezifischer, häufig sexualisierter Gewalt und die Stärkung der Selbstbestimmung über den eigenen Körper. Festgehalten sind dasSelbstverständnis und der Auftrag der Stelle in der Broschüre – LGBTIQ* Strategie der LHM, abrufbar über die Seite https://stadt.muenchen.de/infos/kgl-gleichstellung-lgbtiq. Die Fachstelle bietet Unterstützung für sich der LGBTIQ*-Community zugehörig Fühlende und vermittelt – je nach Fall und Anliegen – Kontakt zu diversen spezialisierten Angeboten (aufgeführt in der angehängten Tabelle), die für alle Bürger*innen Münchens offenstehen.
Zentrale Beschwerdestelle nach dem AGG, für sexuelle Belästigung, für häusliche Gewalt und Mobbing im Personal- und Organisationsreferat:
Die zentrale Beschwerdestelle nach dem AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) für sexuelle Belästigung, häusliche Gewalt und Mobbing, kurz: ZAGG, POR-4/42, ist zuständig für die Beratung und Unterstützung aller städtischen Beschäftigten, Führungskräfte, Personalvertretungen, Geschäftsleitungen und Dienststellen mit diesbezüglichen Anliegen und Hilfebedarfen. Die Mitarbeiter*innen der ZAGG stehen in den Fällen von Diskriminierung, sexueller Belästigung, Mobbing und häuslicher Gewalt als Ansprechpartner*innen zur Verfügung. Sowohl vertrauliche Beratungen als auch die Einreichung einer formellen Beschwerde sind bei der ZAGG möglich. Der Schutz der Mitarbeiter*innen steht dabei immer an oberster Stelle. Außerdem gilt die Wahrnehmung der (Beratungs-)Angebote für alle Beschäftigten als Dienstzeit. Als einen weiteren zentralen Baustein bietet die Fachstelle Schulungen für Führungskräfte der Stadt zum AGG und zum Schutz vor sexueller Belästigung an, um so einen Beitrag zur Sensibilisierung der Mitarbeiter*innen zur Thematik zu leisten.
An die Beschwerdestelle können sich alle
- städtischen Beschäftigten
- Schüler*innen städtischer Schulen
- Kinder städtischer Kinderbetreuungseinrichtungen
- einschließlich deren Eltern bzw. sonstiger Personensorgeberechtigten und
- Kund*innen der Stadt München wenden.
Weitere Infos finden Sie unter: https://stadt.muenchen.de/infos/sexuelle-belaestigung.html
Zusätzlich bietet die Stadt ihren Bürger*innen ein sehr breitgefächertes und die Vielfalt der Zielgruppen widerspiegelndes Angebot in Bezug auf Unterstützung und Beratung in Fällen sexualisierter Gewalt. Dies wurde auch bereits im Rahmen der Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 14031 „Einrich-tung einer Beratungs- und Unterstützungsstruktur zur Prävention und Intervention bei geschlechtsspezifischer und antifeministischer digitaler Gewalt“ vermerkt.
Beratungs- und Unterstützungsstruktur zur Prävention und Intervention bei geschlechtsspezifischer und antifeministischer digitaler Gewalt:
Mit dem aus der o.g. Sitzungsvorlage hervorgegangenen Stadtratsbeschluss vom 2.10.2024 hat die LHM einem in von Medien und Internet geprägten Zeiten zunehmend beobachtbaren Problem Rechnung getragen, nämlich geschlechtsspezifischer und antifeministischer digitaler Gewalt. Der Beschluss sieht zunächst einen zweijährigen Testlauf vor, um ein vom IT-Referat entworfenes Konzept einer Beratungs- und Unterstützungsstruktur zur Prävention und Intervention von digitaler Gewalt zu erproben. Frauenhäuser verfügen z.B. häufig nicht über die erforderliche technische Expertise, um auch im Falle digitaler Gewalt adäquat unterstützen zu können. Im Erfolgsfall würde die LHM somit eine wesentliche Lücke füllen.
Den Kern des Unterstützungsnetzwerkes bildet ein IT-Fachberatungsservice mit dem wesentlichen Baustein einer Selbsthilfeplattform. Der Service soll Anlaufstellen für Gewaltopfer dazu befähigen, geschlechtsspezifischer digitaler Gewalt vorzubeugen sowie auch nach einem digitalen Angriff effektiv zu helfen.
Die Selbsthilfeplattform dient der Unterstützung etablierter Anlauf- und Beratungsstellen (potenziell auch Beratungsfachkräfte aus dem schulischen Umfeld der Betroffenen) für Gewaltopfer bzw. der Betroffenen selbst, Risiken für digitale Gewalt (wie etwa Tracker) zu erkennen und nach Möglichkeit auszuschalten, sowie auch einfache Fälle digitaler Gewalt selbst zu lösen. Menschliche Unterstützungsarbeit soll damit entlastet werden und Beratene sollen dazu befähigt werden, sich selbst zu helfen, indem die Plattform relevante Antworten zu häufig gestellten Fragen (FAQs) und Checklisten bereitstellt. Neben einem öffentlich zugänglichen Bereich ist ein Login-Bereich mit detaillierteren Informationen angedacht, der Täter*innen nicht zugänglich ist. Sollten die Informationen zur Selbsthilfe nicht ausreichen, soll den betreuenden Anlaufstellen, der sogenannte 1st Level Support der IT-Fachberatung zur Verfügung gestellt werden. Aufgrund der aktuellen Haushaltssituation kann der erwähnte Testlauf nur in reduziertem Umfang durchgeführt werden. Die weitere Finanzierung des Angebots ist bislang nicht gesichert.
Angebot aufsuchender Unterstützungsarbeit:
Darüber hinaus gibt es auch Angebote einer niedrigschwelligen aufsuchenden Arbeit im öffentlichen Raum, die derzeit auf ihre Wirksamkeit erprobt werden. Zu nennen ist hier das Projekt MucAware – Achtsamkeit im öffentlichen Raum, das AKIM (Allparteiliches Konfliktmanagement in München) vom 30. Mai bis 2. August 2025 im südlichen Teil des Englischen Gartens umsetzen wird.
MucAware macht Awareness-Arbeit im öffentlichen Raum, um durch Präsenz und mit kommunikativen Mitteln die subjektive Sicherheit der Platznutzenden zu erhöhen und strukturell auf Diskriminierung und Gewalt im öffentlichen Raum zu reagieren.
Innerhalb des Einsatzzeitraums wird an Freitagen und Samstagen, jeweils von 16 bis 22 Uhr - wetterunabhängig - ein Awareness-Team im Englischen Garten präsent sein. MucAware bietet Platznutzer*innen im Fall von Grenzüberschreitungen, Diskriminierung oder Gewalt als erste Anlaufstelle Support an mit einem betroffenenzentrierten, konsensbasierten und parteilichen Ansatz. Damit leistet das Projekt gezielte und niedrigschwellige Unterstützung für von Diskriminierung und (sexualisierter) Gewalt betroffenen Personen direkt vor Ort (https://stadt.muenchen.de/infos/akim-allparteiliches-konfliktmanagement.html, https://www.merkur.de/lokales/muenchen/ akim-mitarbeiter-loesen-konflikte-im-englischen-garten-93726127.html).
Das Sozialreferat erachtet die bereits bestehenden Angebote als ausreichend. Aus den oben genannten Gründen kann dem Antrag daher nicht zugestimmt werden.
In der untenstehenden Tabelle sind die vielfältigen Angebote aufgeführt.
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein, und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
Anlagen können abgerufen werden unter:
https://risi.muenchen.de/risi/antrag/detail/8938342?dokument=v9263056