Nachhaltige und faire Beschaffung im Textilbereich: Arbeits- und
Dienstkleidung
Antrag Stadtrats-Mitglieder Beppo Brem, Mona Fuchs, Julia Post (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) und Roland Hefter, Anne Hübner, Christian Köning, Lars Mentrup, Dr. Julia Schmitt-Thiel, Andreas Schuster, Felix Sproll, Christian Vorländer, Micky Wenngatz (SPD/Volt-Fraktion) vom 24.4.2023
Antwort Christine Kugler, Referentin für Klima- und Umweltschutz:
Zunächst möchte ich mich für die gewährte Fristverlängerung bedanken. Mit Ihrem Schreiben vom 24.4.2023 haben Sie Folgendes beantragt:
1.„Das Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU) wird gebeten, die Vergabestellen und die städtischen Referate zu unterstützen, die Be- schaffung im Textilbereich für die Stadtverwaltung so konsequent wie möglich auf Nachhaltigkeit und faire Standards auszurichten. 2.Als Auftakt lädt das RKU zu einem stadtweiten Fachgespräch zum Thema faire und nachhaltige Arbeitskleidung ein. Für das Fachgespräch ist es erwünscht, auch andere Kommunen und Organisationen aus der Zivilgesellschaft mit Erfahrungen in der fairen öffentlichen Beschaffung von Textilien einzubeziehen.
3.Nach Abstimmung mit interessierten Dienststellen soll mit geeigneten Pilotprojekten begonnen werden, die sich dann auf die gesamte Stadt- verwaltung skalieren lassen.
4.Zur Umsetzung geeigneter Pilotprojekte und zur generellen Weiter- entwicklung der nachhaltigen Beschaffung bei der Landeshauptstadt München soll die Beantragung einer Koordinationsstelle für kommunale Entwicklungspolitik (KEpol) geprüft werden“
Zur Begründung haben Sie dazu Folgendes vorgetragen:
„Die öffentliche Hand hat bei der Beschaffung nicht nur eine Vorbildfunk- tion sondern auch einen enormen Einfluss als starke Marktteilnehmerin. Damit birgt die öffentliche Beschaffung der Kommunen ein enormes Po- tenzial, zu nachhaltigeren Konsum- und Produktionsmustern im Sinne von Ziel 12 der Agenda 2030 „Nachhaltige Konsum und Produktionsmuster sicherstellen“ beizutragen. München hat hier in der Vergangenheit immer wieder eine solche Vorbildfunktion und bundesweite Vorreiterrolle einge- nommen (vgl. Stadtratsbeschlüsse gegen ausbeuterische Kinderarbeit 2002 oder ab 2011 zur Weiterentwicklung der nachhaltigen und fairen Be- schaffung). Diese Position wollen wir mit dieser Initiative weiter ausbauen. Seit der Vergaberechtsreform 2016 können Nachhaltigkeitsaspekte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge verstärkt berücksichtigt werden. Im Textilbe-reich hat München noch Nachholbedarf, dies wurde in einem Stadtratshe- aring im Dezember 2021 deutlich. Gleichzeitig stellt der Textilbereich einen besonders wirksamen Hebel für Verbesserungen im Bereich Umwelt und Arbeitsbedingungen dar: Ca. 10 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen, Zwangsarbeit und schwerwiegende Arbeitsrechtsverletzungen, Massen an Textilabfällen (von denen weltweit weniger als ein Prozent der Kleidung recycelt und wiederverwendet wird) oder auch ein enormer Wasserver- brauch sowie -verschmutzung durch die Produktion und Färbung von Texti- lien.“
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Die Beschaffung, auch von Textilien und Arbeitskleidung, ist wesentlicher Bestandteil der laufenden Verwaltungstätigkeit der Referate, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt.
Zu Ihrem Antrag vom 24.4.2023 teile ich Ihnen aber Folgendes mit:
zu 1.
Das Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU) wird gebeten, die Vergabestellen und die städtischen Referate zu unterstützen, die Beschaffung im Textilbereich für die Stadtverwaltung so konsequent wie möglich auf Nachhaltigkeit und faire Standards auszurichten. Das Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU) entwickelt derzeit die Münchner Kreislaufwirtschaftsstrategie (MKWS). Innerhalb dieser Strategie nimmt das Querschnittsthema „nachhaltige Beschaffung“ eine zentrale Stellung ein. Ziel ist es, durch verschiedene Maßnahmen nachhaltige Wirtschaftsstrukturen zu fördern, unter anderem durch stadtinterne Bewusstseinsbildung und externe Anreize in der Vergabepraxis. Eine Befassung des Stadtrats ist für Ende 2025 geplant. Das RKU unterstützt zudem die städtischen Dienststellen bei der Anwendung sozialer und ökologischer Nachhaltigkeitskriterien in Beschaffungs- und Vergabeverfahren. Ein Beispiel hierfür ist die Beschaffung von fairen Sportbällen für Münchner Schulen. Darüber hinaus werden Grundlagenschulungen zur nachhaltigen Beschaffung für Bedarfsstellen angeboten. Im Textilbereich wurden in den letzten Jahren schon zahlreiche Fortschritte erzielt, beispielsweise in Bezug auf Verpackung und Anlieferung sowie Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen und Bevorzugung umweltfreundlicher Textilfasern. Auf dieser Basis werden die Aktivitäten im Textilbereich ausgebaut (siehe Ziffer 3).zu 2.
Als Auftakt lädt das RKU zu einem stadtweiten Fachgespräch zum Thema faire und nachhaltige Arbeitskleidung ein. Für das Fachgespräch ist es erwünscht, auch andere Kommunen und Organisationen aus der Zivilgesellschaft mit Erfahrungen in der fairen öffentlichen Beschaffung von Textilien einzubeziehen.
Diesem Auftrag ist das RKU nach einem internen Wechsel der Zuständigkeit und einem partizipativ gestalteten Vorbereitungsprozess am 24.3.2025 nachgekommen und hat ein Fachgespräch mit dem Titel „Nachhaltige und faire Beschaffung am Beispiel von Arbeitskleidung“ durchgeführt. Eingeladen waren alle Beschäftigten der LHM, die mit der Beschaffung von Arbeitskleidung befasst sind. Zur Vorbereitung des Fachgesprächs wurde mit Unterstützung des Statistischen Amtes eine Mitarbeitendenumfrage bei den mit Beschaffung befassten Mitarbeiter*innen durchgeführt. Die Ergebnisse flossen in die Konzeption und Inhalte der Veranstaltung ein.
Die Veranstaltung umfasste zwei Fachvorträge von der Romero Initiative (CIR) und der Universität der Bundeswehr München sowie die Präsentation der aktuellen Studie „Nachhaltigkeit in der öffentlichen Beschaffung“ der Bertelsmann Stiftung. Eine Podiumsdiskussion mit Vertreter*innen von Vergabestellen der Kommunen Dortmund und Nürnberg sowie der LHM bot Einblicke in und Anregungen für die Praxis. In zwei Workshops und einem Abschlussplenum wurden ausgesuchte Themen vertieft, und der Austausch sowie die Vernetzung unter den Teilnehmenden gefördert. 27 Mitarbeitende von Vergabe- und Bedarfsstellen aus acht Referaten der LHM haben teilgenommen. Die Veranstaltung wurde von den Teilnehmenden als ausgesprochen erfolgreich und hilfreich für ihre Arbeit bewertet. Besonders hervorgehoben wurde die Bedeutung der Vernetzung für den Erfahrungsaustausch und die kollegiale Beratung sowie die persönliche Begegnung zwischen Mitarbeitenden von Bedarfs- und Vergabestellen. Es wurde vielfach der Wunsch nach weiteren Veranstaltungen dieses Formats geäußert. Eine ausführliche Dokumentation mit Anlagen liegt vor.
Um dem beim Fachgespräch festgestellten Bedarf nach regelmäßigem Austausch gerecht zu werden und interessierte Akteur*innen zu vernetzen, beabsichtigt das RKU entsprechende Formate für Bedarfs- und Vergabestellen regelmäßig zu organisieren. Welches Format sich am besten eignet und wie oft und spezifisch der Austausch stattfinden kann, um den Bedarfen der Mitarbeiter*innen bestmöglich gerecht zu werden, muss im weiteren Nachgang zur Veranstaltung, auch mit Blick auf vorhandene Ressourcen, noch geklärt werden. Weiter ist das RKU bestrebt, beste-hende Fortbildungsformate, wie die Grundlagenschulung zur nachhaltigen Beschaffung für Bedarfsstellen, zu verstetigen, kontinuierlich weiterzuentwickeln und auszubauen, um Wissen zu vermitteln, aber auch hier dem Bedarf an Austausch gerecht zu werden.
zu 3.
Nach Abstimmung mit interessierten Dienststellen soll mit geeigneten Pilotprojekten begonnen werden, die sich dann auf die gesamte Stadtverwaltung skalieren lassen.
Bezüglich einer Identifikation geeigneter Pilotprojekte steht das RKU in enger Absprache mit den Klimaschutzmanager*innen der Vergabestelle 1 (VGSt1) im Direktorium. Die bisherige Erfahrung bei der Implementierung von weiteren Nachhaltigkeitskriterien in öffentlichen Ausschreibungen hat gezeigt, dass ein schrittweises Vorgehen am erfolgversprechendsten ist. Dadurch wird der Markt bei der Umstellung nicht überfordert und die Anbieter*innen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit in der Textilbeschaffung sukzessive mitgenommen.
Ziel ist es im ersten Schritt, Ausschreibungen mit großem Hebel, also einem großen Finanz- bzw. Mengenvolumen, zu identifizieren und kontinuierlich nachhaltiger zu gestalten. Hierbei sind folgende Schritte in Vorbereitung:
-Bereits flächendeckend wird die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen bei Textilausschreibungen der VGSt1 durch eine Eigenerklärung der Bietenden bestätigt. Dieser Nachweis wird bei geeigneter Arbeits- und Dienstkleidung mit entsprechender Marktverfügbarkeit in Zukunft über einschlägige Nachhaltigkeitssiegel stattfinden.
-Nachweislich umweltfreundliche Textilfasern, beispielsweise aus Recyclingquellen, nachhaltiger Herstellung oder biologisch abbaubaren Stoffen, werden ebenfalls bei geeigneten Produktgruppen noch bevorzugter behandelt.
-Eine möglichst verpackungsfreie und weitestgehend lokal-CO₂-freie Anlieferung von dafür geeigneter Arbeits- und Dienstkleidung wird verstärkt Teil zukünftiger Ausschreibungen sein.
Die hierbei gewonnenen Erfahrungen aus konkreten Ausschreibungsfällen werden durch das Klimaschutzmanagement der VGSt 1 ausgewertet und bei entsprechender Eignung der angewandten Kriterien auf weitere Ausschreibungen aus dem Bereich Arbeits- und Dienstkleidung ausgeweitet.Das erlangte Wissen aus der Praxis wird mit den Kolleg*innen der betroffenen Bedarfs- und Vergabestellen geteilt, damit die Ergebnisse eine breite und stadtweite Anwendung finden. Das RKU unterstützt den produktspezifischen Wissensaustausch und die Vernetzung der Akteur*innen durch geeignete Formate.
zu 4.
Zur Umsetzung geeigneter Pilotprojekte und zur generellen Weiterentwicklung der nachhaltigen Beschaffung bei der Landeshauptstadt München soll die Beantragung einer Koordinationsstelle für kommunale Entwicklungspolitik (KEpol) geprüft werden.
Die Prüfung wurde zurückgestellt, da zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilt werden kann, ob die Beantragung einer KEpol-Stelle zielführend ist. Pro Kommune ist gleichzeitig nur eine KEpol-Stelle förderfähig. Das weitere Vorgehen wird mit der VGSt 1 im Direktorium abgesprochen und es wird geprüft, welche zentralen Ziele mit der Stelle verfolgt werden sollen und inwiefern diese mit laufenden Ansätzen und Projekten sinnvoll verknüpft werden können
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.