Stadtplanung: Was kostet die Planung des Stadtwachstums?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Dirk Höpner, Nicola Holtmann und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 5.11.2024
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 5.11.2024 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.
In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
„Das Münchner Stadtwachstum kostet Geld. Dies sind nicht nur die Kosten für externe Firmen, z.B. für Architekten, Marketing-Agenturen und Baufirmen, sondern auch ‚versteckte‘ Kosten: die Arbeitszeit der eigenen städtischen Mitarbeiter*innen.“
In diesem Zusammenhang haben Sie folgende Frage:
„Wie viele Mitarbeitenden-Stunden von Beschäftigten der Stadt München und stadteigene Gesellschaften zu welchem Brutto-Stundenlohn/-gehalt samt sonstigen Vergütungskomponenten sind angefallen für folgende Tätigkeiten bzw. Projekte, jeweils seitdem die Stadtverwaltung zum ersten Mal damit befasst war (z.B. seit der ersten Projektidee oder ersten Voranfrage des Bauwerbers):
- Stadtentwicklungsplan STEP 2040
- Planungs- bzw. Bauprojekt Paketposthalle
- Planungs- bzw. Bauprojekt Großmarkthalle
- Planungs- bzw. Bauprojekt Fauststraße 90
- Planungs- bzw. Stadtentwicklungsprojekt SEM Nord
- Planungs- bzw. Stadtentwicklungsprojekt SEM Nordost
- Planungs- bzw. Bauprojekt Eggarten
Wir bitten darum, die entsprechenden Zahlen aus dem internen Controlling abzurufen. Ausgewiesen sein soll auch der Stundenaufwand zur Erstellung von Sitzungsvorlagen, Architekten-/Stadtplanungswettbewerbe, interne und externe Besprechungen, Fahrten (z.B. Treffen mit Bürgermeistern anderer Kommunenwie bei STEP 2040, Treffen mit Bauwerbern bzw. Investoren außerhalb der Dienststelle, Informationsfahrten in andere Städte, in denen es ähnliche Projekte gibt, Außentermine für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing etc.).“
Antwort:
In Ihrer Anfrage kommt die Erwartung zum Ausdruck, dass mit der Einführung des Münchner Kommunalen Rechnungswesens (MKRw) auch die genauen Kosten eines einzelnen Bebauungsplanes bzw. Planungsvorhabensermittelt werden können, um so ggf. dem Stadtrat eine bessere Information über den Ressourcenaufwand für wichtige Projekte als notwendige Grundlage zur Erfüllung seiner Steuerungsaufgabe zu ermöglichen.
Dazu ist Folgendes mitzuteilen:
Grundlage der Steuerung und des Haushaltsvollzugs im produktorientierten doppischen Haushalt, dessen Einführung der Stadtrat am 27./28.11.2007 beschlossen hat, sind die jeweiligen Referatsprodukte. Das Konzept des produktorientierten doppischen Haushaltes beinhaltet dabei u.a., dass der mit der Leistungserstellung verbundene Ressourceneinsatz vollständig dargestellt wird, damit transparent wird, wie viel ein Produkt und dessen Leistungen tatsächlich kosten. Unter Leistung ist dabei das Produkt in seiner gesamten Ausprägung, also Leistungsmenge, Qualität, Wirkung, angestrebtes Ziel und der damit verbundene Ressourceneinsatz zu verstehen, nicht aber ein einzelnes Planungsprojekt.
Der Produktekatalog des Referats für Stadtplanung und Bauordnung sowie das diesbezügliche Kennzahlenraster stellt das Ergebnis eines langjährigen und intensiven Diskussionsprozesses mit verschiedensten Beteiligten dar. Ungeachtet dessen hatte das Referat für Stadtplanung und Bauordnung im Rahmen der vorstehend erwähnten Erörterungen natürlich abgewogen, ob ein haushaltsmäßiges Steuern auf Projektebene – denn darum geht es im Kern, wenn man die Kosten einzelner Bebauungspläne darstellen möchte – nicht auch zielführend sein könnte.
Aus folgenden Gründen wurde eine Steuerung der Stadtplanung im Rahmen der Haushaltsplanaufstellung durch den Stadtrat auf Projektebene als nicht zielführend verworfen:
Im Referat für Stadtplanung und Bauordnung sind gleichzeitig eine Vielzahl von Planungsvorhaben in Bearbeitung. Um für jedes einzelne Planungsvorhaben den Ressourcenaufwand zu ermitteln, müssten zunächst alle bereits vorhandenen Vorhaben entsprechend hinterlegt und neu hinzukommende ergänzt werden, damit über eine regelmäßige Bebuchung eine Verknüpfung mit entstehenden Personal- und Sachkosten hergestellt werden könnte. Daneben müssten alle an den Planungsvorhaben beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Planungsreferates projektbezogen ihre Arbeitszeiten zuordnen.
Zudem müsste sichergestellt werden, dass auch die zahlreichen Verfahrensbeteiligten anderer städt. Dienststellen die dort entstehenden Kosten korrekt den Planungsprojekten des Planungsreferates zuordnen können.Dies hätte erhebliche Auswirkungen auf die Komplexität der Rechnungswesenstrukturen innerhalb der Stadtverwaltung und führte in der Folge zu deutlichem Mehraufwand.
Auch im Rahmen einer projektbezogenen Haushaltssteuerung könnten vor Beginn eines Planungsverfahrens nur sehr eingeschränkt steuerungsrelevante Aussagen zu den voraussichtlichen Gesamtkosten des Verfahrens getroffen werden. Planungsverfahren sind nur bedingt vergleichbar, da es sich in der Regel um Vorhaben mit sehr unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden und Rahmenbedingungen handelt. Neben Großprojekten müssen auch kleinere Planungen mit Priorität bearbeitet werden, wobei Planungen im Einzelfall unabhängig von der Größe aufwändig, schwierig und in der Öffentlichkeit sehr umstritten sein können, so dass Ableitungen für künftige Budgetbemessungen nur sehr unzureichend möglich wären. Daneben ist die Bearbeitung sehr stark abhängig von der Mitwirkung Dritter – z.B. Investoren und politischen Vorgaben. Die Rahmenbedingungen, wie vor allem Finanzierungsfragen, können sich im Verlauf des Verfahrens deutlich ändern. Unter Umständen können Planungen sogar aufgegeben werden. Umfassende Beteiligungsprozesse mit teilweise großen Widerständen Betroffener bzw. einer größeren Öffentlichkeit sind in ihrem Ausmaß im Vorfeld nur schwer einschätzbar.
Demzufolge sind Ressourcenaufwendungen abgeschlossener Verfahren für die Entscheidungsebene als Grundlage für eine sachgerechte Budgetbemessung des Folgejahres bzw. künftiger Planungsprojekte/-verfahren nur bedingt geeignet, ganz abgesehen davon, dass es Jahre der Datenerfassung bräuchte, um erste halbwegs aussagekräftige Zahlen zu Gesamtkosten einzelner Planungsprojekte bzw. einzelner Bebauungsplanverfahren, beginnend mit Voruntersuchungen bis zum Satzungsbeschluss, zu erhalten.
Hinzu kommt, dass mit dem produktorientierten Haushalt grundsätzlich nicht die Absicht verfolgt wird abzubilden, was eine ganz bestimmte Leistungserbringung kostet bzw. gekostet hat.
Folgerichtig ist es beispielsweise auch im Bereich der Eingriffsverwaltung nicht möglich, Auskunft darüber zu geben, wieviel Kosten ein konkretes Baugenehmigungsverfahren verursacht hat. Allenfalls können bei Bedarf Ableitungen ermöglicht werden, wieviel allgemein ein Baugenehmigungsverfahren durchschnittlich kostet.
Mit dem Versuch einer projektorientierten statt einer produktorientierten Budgetsteuerung würde sich der Stadtrat von der strategischen in die operative Steuerungsebene begeben.Da es wie ausgeführt unter Steuerungsgesichtspunkten wenig Sinn machte, Ressourcenaufwendungen auf Projektebene zu erfassen, was zudem entsprechende Kapazitäten binden und das Rechnungswesen, speziell im Bereich der Kosten- und Leistungsrechnung, signifikant ausweiten würde, erfolgt auch das interne Finanzcontrolling nicht auf dieser Ebene.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.