Keine Indexmietverträge bei der Münchner Wohnen – Mietenexplosion bei sozialen Einrichtungen und welche Auswirkungen dies auf den städtischen Haushalt hat?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (Die Linke / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 15.11.2024
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 15.11.2024 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.
In Ihrer Anfrage führen Sie aus, dass die Mietenexplosion in München auch vor Gewerbemieten nicht Halt macht.
Kleine, meist inhabergeführte Gewerbe- und Handwerksbetriebe, Sozialeinrichtungen wie Kindertagesstätten oder Seniorentreffpunkte sowie Kultureinrichtungen seien in innerstädtischen Lagen zunehmend Opfer von Verdrängung. Laut Statistischem Bundesamt würden im Jahr 2023 bei Anmietung einer Bürofläche im Durchschnitt etwa 24,70 Euro pro Quadratmeter gezahlt, was für viele nicht bezahlbar sei. Im Vorjahr seien es zwar mit 24,95 Euro noch 25 Cent mehr pro Quadratmeter gewesen, allerdings habe sich die Höchstmiete gegenüber dem Vorjahr um knapp 15 Prozent gesteigert und habe Ende 2023 bei ca. 52,30 Euro pro Quadratmeter gelegen.
Auch die Münchner Wohnen rufe regelmäßig Mieterhöhungen im Gewerbebereich auf. Im Gegensatz zu den vom Stadtrat beschlossenen Regularien bei Wohnungsmieten (z.B. Städtischer Mietenstopp oder Höchstmieten im Neubau) habe die Münchner Wohnen keine Vorgaben bei den Gewerbemieten. Dies führe dazu, dass einige soziale Einrichtungen erhebliche Steigerungen im Zuschussbereich hätten, da sie Indexmietverträge mit der Münchner Wohnen haben. Dies belaste den derzeit sehr angespannten Haushalt zusätzlich.
In diesem Zusammenhang stellen Sie folgende Fragen:
Frage 1:
Wie viele Zuschussnehmer*innen haben aktuell im jeweiligen Referat einen Mietvertrag bei der Münchner Wohnen?
Antwort:
Nach Auskunft der Münchner Wohnen führt sie zum 31.10.2024 insgesamt 186 aktive Mietverträge der Nutzungskategorie „soziale Einrichtung“ im Eigenbestand.
Unter sozialen Einrichtungen sind die Objektarten Altenservicezentrum, Gemeinschaftsraum, Kindergarten, Kinderhort, Kinderkrippe, Schule, soziales Projekt gewerblich, soziokulturelle Einrichtungen sowie Wohnheime zu verstehen.
Nach Auskunft des Gesundheitsreferates haben 2 Zuschussnehmer*innen Mietverträge bei der Münchner Wohnen. In einem Fall handelt es sich um einen 3-Jahres-Vertrag, der Ende 2025 auslaufen wird. Es wurden jedoch nur die Einrichtungen überprüft, bei denen seitens des Gesundheitsreferates ein Mietkostenzuschuss gezahlt wird. Bei Einrichtungen, die keinen Zuschuss erhalten, liegen beim Gesundheitsreferat die Mietverträge nicht vollständig vor.
Das Sozialreferat teilte mit, dass insgesamt 63 Zuschussnehmer*innen einen Mietvertrag bei der Münchner Wohnen haben.
Das Referat für Arbeit und Wirtschaft meldet eine Zuschussnehmer*in, die zwei Mietverträge bei der Münchner Wohnen hat.
Frage 2:
Wie viele Mietverträge davon sind Indexmietverträge?
Antwort:
Nach Auskunft der Münchner Wohnen sind in 69 der genannten aktiven Mietverträge Indexmieterhöhungen vereinbart. Bei den übrigen Mietverträgen handelt es sich i.d.R. um ältere Mietverträge bzw. Mietverträge, bei welchen kein Erhöhungsverlangen oder ein anderes Erhöhungsverlangen nach Wirtschaftlichkeitsberechnung vereinbart wurde.
Davon ermittelte das Sozialreferat 16, das Referat für Arbeit und Wirtschaft zwei und das Gesundheitsreferat ebenfalls zwei aktive Indexmietverträge von Zuschussnehmer*innen.
Frage 3:
Wie hoch sind die Indexmietverträge im Gewerbebereich bei der Münchner Wohnen in den letzten fünf Jahren gestiegen?
Antwort:
Die Münchner Wohnen teilte mit, dass die Mieten bei denjenigen Gewerbemietverträgen, die während des gesamten Zeitraums 31.10.2020 bis 31.10.2024 bestanden haben, innerhalb dieses Zeitraums um 12,7% gestiegen sind. Um Verzerrungen zu vermeiden, berücksichtigt diese Rate nur die Mietverträge, die während des gesamten Zeitraums bestanden haben.
Die Mietsteigerung liegt damit deutlich unterhalb des im Oktober 2024 gemessenen Verbraucherpreisindexes von 120,2 Indexpunkten, der im Vergleich zum Indexjahr 2020 um 20,2% gestiegen ist.
Die Mietsteigerungen von 2020 bis 2024 bei den Einrichtungen mit Indexmietverträgen des Gesundheitsreferates lagen bei 10%.
Frage 4:
Wie hoch ist der durchschnittliche Mietpreis bei Gewerbemieten bei der Münchner Wohnen?
Antwort:
Die durchschnittliche Miete bei Gewerbeverträgen im Eigenbestand der Münchner Wohnen beträgt 13,17 Euro/m² zum Stichtag 31.10.2024. Bei den sozialen Einrichtungen beläuft sich die durchschnittliche Miete der Gewerbeverträge auf 11,08 Euro/m² zum Stichtag 31.10.2024. Die Durchschnittsmieten pro Quadratmeter resultieren größtenteils daraus, dass die Münchner Wohnen im Zeitraum 2020-2024 sowohl Zugänge als auch Abgänge im Bereich Gewerbe verzeichnet hat. Dazu ist anzumerken, dass in diesem Zeitraum Neubauten realisiert wurden, die marktgemäß mit höheren Mietpreisen angesetzt sind.
Zum Beispiel beläuft sich der durchschnittliche Mietpreis der Einrichtungen bei dem Träger des Referates für Arbeit und Wirtschaft auf 10,48 Euro pro Quadratmeter, bzw. auf 13,69 Euro pro Quadratmeter im zweiten Objekt.
Frage 5:
Wie viele Träger haben aufgrund dieser Mietverträge einen höheren Zuschuss bei der Stadt beantragt?
Antwort:
Nach Auskunft der Münchner Wohnen gelten bei der Errichtung von Wohn- und Gewerbeflächen (inkl. sozialer und kultureller Einrichtungen) in Bau-/ Modernisierungsmaßnahmen für die Realisierung die folgenden Prämissen: positive Cashflows, eine positive Rendite und eine gegebene Werthaltigkeit (DCFImmobilienwert).
Für die Kalkulation werden durch die Münchner Wohnen möglichst jegliche Förder- und Zuschussmöglichkeiten ausgeschöpft. Bei Gewerbeeinheiten (inkl. sozialer und kultureller Einrichtungen) sind die Fördermöglichkeiten jedoch äußerst beschränkt. In Folge ist insbesondere für die Investitionsentscheidung der Ansatz einer auskömmlichen Miete (Euro/m²) und einer angemessenen Mietpreisentwicklung erforderlich.
Im Neubau und im Bestand wird daher unter Berücksichtigung der Lage eine Drittvergleichsfähige gewerbliche (Erstvermietungs-)Miete angesetzt, welche mindestens alle laufenden Bewirtschaftungsaufwendungen (inkl. Erhaltungsmaßnahmen) und den Kapitaldienst ab dem ersten Jahr der Fertigstellung abdeckt (kostendeckend). Gleichzeitig muss die Miete zu einem werthaltigen Mietobjekt beitragen. Kostenentwicklungen über den Lebenszyklus und die Laufzeit sind zu berücksichtigen.
In der aktuell genehmigten Wirtschaftsplanung 2025 liegt die durchschnittliche Spanne bei Gewerbemieten im Neubau zw. 18-21 Euro/m². Ergänzend wird angemerkt, dass die Münchner Wohnen in der Regel errichtete Kindertagesstätten an die LH München rückverkauft und nicht vermietet.
Im Gesundheitsreferat sowie im Referat für Arbeit und Wirtschaft haben keine Träger einen höheren Zuschuss beantragt. Bei den vom Sozialreferat betreuten Einrichtungen haben vier Projekte einen höheren Zuschuss beantragt.
Frage 6:
Wie hoch ist der beantragte Mehrbedarf der Zuschussnehmer für diese Mietsteigerungen?
Antwort:
Die Münchner Wohnen teilte hierzu mit, dass die Mieterhöhungsmöglichkeiten nach dem Verbraucherpreisindex in der Anmietungsphase eng mit den Mietparteien und den jeweiligen städtischen Referaten abgestimmt werden.
Die zum Tragen kommende Indexklausel baut sich auf drei Stufen auf:
- Kaufvertragliche und förderrechtliche Vorgaben, welche durch die Eigentümerin explizit auf den Mieter zu übertragen sind
- Vereinbarung der Mieterhöhung mit einem Finanzierungsvorbehalt bei der Mittelbereitstellung der Landeshauptstadt München
- Abstimmung auf die Fördervereinbarungen und Beantragungsfristen der Mieter*innen/Träger.
Nach Auskunft des Gesundheitsreferates und des Referates für Arbeit und Wirtschaft entsteht kein Mehrbedarf der Zuschussnehmer*innen.
Nach Auskunft des Sozialreferates beträgt der Mehrbedarf bei 3 Projekten insgesamt ca. 74.000 Euro pro Jahr. Bei einem Projekt ist die Höhe noch offen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.