SEM München Nord und Nordost: Bauerwartungsland?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Dirk Höpner, Nicola Holtmann und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 15.11.2024
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 15.11.2024 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird. Der letzte Fristverlängerungsantrag vom 30.1.2025 wurde bis zum 21.2.2025 bewilligt.
In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
„Bezüglich der beiden städtebaulichen Entwicklungen im Münchner Norden und im Münchner Nordosten und“ (Hinweis des Referates für Stadtplanung und Bauordnung: das Wort „und“ wurde wohl versehentlich nicht gelöscht) „stellt sich angesichts der knappen Kassen der Landeshauptstadt München (LHM) die Frage der Finanzierbarkeit derart gewaltiger Vorhaben. Ein großer Kostenblock ist der Erwerb von Grundstücken aus privatem Besitz.
Daher fragen“ (Hinweis des Referates für Stadtplanung und Bauordnung: hier fehlt wohl das Wort „wir“):
Frage 1:
Im Gebiet SEM München Nordost sind 450ha im Privatbesitz, 150ha im städtischen Besitz. Bei einer geplanten Bebauung von 50% müsste die Stadt ca. 225ha erwerben. In welchem Bereich befinden sich mögliche Zukäufe, unter der Annahme, dass Grundstückstausch keine Rolle spielt? Bitte geben Sie einen Bereich an, untere und obere Grenze in ha, die zu kaufen wären.
Antwort:
Das Untersuchungsgebiet im Münchner Nordosten hat eine Gesamtfläche von ungefähr 600ha. Aktuelle Planungsgrundlage ist das Wettbewerbsergebnis von rheinflügel.severin mit bbz Landschaftsarchitekten aus dem Jahr 2020.
Die Entwicklung des Gebietes beschränkt sich gemäß Stadtratsbeschluss vom 27.4.2022 (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 02908; Münchner Nordosten A) Beschluss des Ergebnisses des städtebaulichen und landschaftsplanerischen Ideenwettbewerbs B) Weiteres Vorgehen im Rahmen der vorbereitenden Untersuchungen (VU) C) Anträge und Empfehlungen) auf den Bereich westlich des Hüllgrabens. Östlich des Hüllgrabens soll gemäß diesem Stadtratsbeschluss keine Entwicklung stattfinden. Darüber hinaus sollen gemäß diesem Stadtratsbeschluss die östlich des Hüllgrabens gelegene Pferdewelt sowie weite Teile der landwirtschaftlichen Flächen erhalten bleiben. Damit beschränkt sich die zu überplanende Fläche auf ca. 330ha.
Weitere Flächen sind als Ausgleichsflächen für die geplante Entwicklung erforderlich, ob diese innerhalb oder außerhalb des Untersuchungsumgriffs zu tragen kommen hängt von der Eignung und Verfügbarkeit der Flächen ab.
Von den rund 330ha befinden sich ca. 120ha im Eigentum der LHM. Daraus ergibt sich eine Differenz von ungefähr 210ha. Der konkrete Bedarf an Ausgleichsflächen ergibt sich je nach baulicher Dichte und Nutzungsmischung von ca. 100ha für das Gesamtprojekt.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass eine Entwicklung der Gesamtmaßnahme im Münchner Nordosten voraussichtlich schrittweise möglich ist. Eine mögliche Entwicklung des Münchner Nordostens wird daher in Entwicklungsabschnitten gedacht.
Frage 2:
Momentan ist im Gebiet SEM München Nord eine Bebauung bis zu 200ha geplant. 80% sind in Privatbesitz, somit müsste die Stadt ca. 160ha erwerben.
In welchem Bereich bewegen sich mögliche Zukäufe, unter der Annahme, dass Grundstückstausch keine Rolle spielt? Bitte geben Sie einen Bereich an, untere und obere Grenze in ha, die zu kaufen wären.
Antwort:
Aktuell läuft die Machbarkeitsprüfung und damit die erste von drei möglichen Phasen. Anhand einer Machbarkeitsstudie wird zunächst erarbeitet, in welchen Teilbereichen des Untersuchungsraums in Feldmoching-Ludwigsfeld eine im Zusammenhang gedachte Gebietsentwicklung möglich ist. Hierfür lieferte die Ideenwerkstatt vom November 2024 grundlegende Planungsansätze, die in weiteren Schritten zur eigentlichen planerischen Grundlage der Machbarkeitsstudie konkretisiert werden. Die in der Frage angesprochenen Aspekte werden anschließend im Rahmen der Machbarkeitsstudie geprüft.
Eine Quantifizierung ist daher erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich.
Frage 3:
Laut einer Petition im Bayerischen Landtag handelt es sich bei den Grundstücken im SEM-Gebiet um Bauerwartungsland. Wird dies genauso gesehen?
Antwort:
Der Begriff des Bauerwartungslandes wird in § 3 Abs. 2 der ImmoWertV 2021 definiert:
Bauerwartungsland sind Flächen, die nach ihren weiteren Grundstücksmerkmalen eine bauliche Nutzung aufgrund konkreter Tatsachen, insbesondere nach dem Stand der Bauleitplanung und nach der sonstigen städtebaulichen Entwicklung des Gebiets, mit hinreichender Sicherheit erwarten lassen.
Unabhängig von dieser Legaldefinition fasst der Immobilienmarkt den Begriff des Bauerwartungslandes deutlich weiter und betont dabei insbesondere den Hoffnungs- bzw. Unsicherheitsaspekt auf ein mehr oder weniger absehbares Baurecht.
Neben diesem Unterschied zwischen Legaldefinition und Marktauffassung muss auch gesehen werden, dass die Einstufung als Bauerwartungsland im jeweiligen Einzelfall aus unterschiedlichen tatsächlichen und rechtlichen Eigenschaften erfolgen kann.
Innerhalb der beiden Untersuchungsgebiete gibt es Flächen, die bereits ohne Berücksichtigung einer möglichen Stadtentwicklungsmaßnahme als Bauerwartungsland zu qualifizieren wären.
Frage 4:
Wie hoch wäre der Preis für Bauerwartungsland (gerne unter Angabe einer Spanne) für die Gebiete SEM München Nord und SEM München Nordost?
Antwort:
Bei der Wertbildung beziehungsweise Wertfindung für Bauerwartungsland spielt eine große Anzahl von rechtlichen und tatsächlichen Faktoren eine Rolle. Hierzu gehören u.a. die zeitliche Dauer bis zur Baurechtsschaffung, die damit verbundenen Kosten und Aufwendungen, die zu erwartenden Baurechte und deren Werthaltigkeit und nicht zuletzt die Wahrscheinlichkeiten der tatsächlichen Umsetzungen sowie das Risiko des zeitlichen Verzugs beziehungsweise des Scheiterns des B-Plans.
Zum jetzigen Zeitpunkt ergibt sich – je nach unterstellten Parametern – eine Spanne von rd. 75 Euro bis rd. 1.400 Euro pro m². Für einzelne Grundstücke oder Bereiche kann dieser Wert sowohl nach unten als auch nach oben abweichen.
Zu beachten ist, dass Bauerwartungslandwerte – aufgrund ihrer großen Abhängigkeit vom Entwicklungszeitraum – in besonderem Maße der Veränderung unterliegen.
Frage 5:
Welche Gesamtkosten kämen auf die LHM zu?
Frage 6:
Kann die LHM dies finanzieren?
Antwort zu beiden Fragen:
Das Projekt Stadtentwicklung im Münchner Norden befindet sich derzeit in einem sehr frühen Untersuchungsstadium. Wie in der Antwort zu Frage 2 dargestellt, bilden diese grundlegenden Planungsarbeiten der Ideenwerkstatt 2024 die planerische Grundlage für die Machbarkeitsstudie. Aufbauend auf diesen planerischen Überlegungen werden anschließend auch rechtliche, wirtschaftliche und organisatorische Aspekte einer möglichen Umsetzung geprüft und in der Machbarkeitsstudie zusammengeführt.
Das Projekt Stadtentwicklung im Münchner Nordosten befindet sich in einem fortgeschrittenen Stadium. Aktuell liegt der Fokus im Münchner Nordosten darauf, die gewonnenen Erkenntnisse und Vorschläge zu den Verfahrensgrundsätzen für ein konsensuales Modell, sowie auch Empfehlungen für das weitere Vorgehen in einer Beschlussvorlage zu überführen. Ein essenzieller Bestandteil dieser Beschlussvorlage ist die Klärung der finanziellen Aspekte inkl. einer Übersicht zu Einnahmen, Ausgaben und Finanzierung der Maßnahmen.