Platz für Menschen – Reichenbachbrücke an Sommer-Sonntagen autofrei!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Dirk Höpner, Nicola Holtmann und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 27.5.2024
Antwort Mobilitätsreferent Georg Dunkel:
In Ihrem oben genannten Antrag fordern Sie, die Reichenbachbrücke an Sommersonntagen von Autos freizuhalten.
Für die lange Bearbeitungsdauer aufgrund personeller Engpässe möchten wir uns vorab entschuldigen.
Die Angelegenheit wurde in der Vergangenheit im Beschluss V 13746 Freiwilliger autofreier Sonntag auch in München_Freiwilliger autofreier Schultag auch in München behandelt, somit erlaube ich mir, Ihr Anliegen als Brief zu beantworten.
Zu Ihrem Antrag vom 27.5.2024 teile ich Ihnen in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister Folgendes mit:
Eine lediglich temporäre Sperrung der Reichenbachbrücke für einzelne Tage wurde durch das Mobilitätsreferat unter Einbeziehung des Kreisverwaltungsreferats geprüft. Im Ergebnis ist eine solche Sperrung aufgrund verschiedener Aspekte nicht möglich.
Brandschutz
Die Branddirektion teilte dazu Folgendes mit:
„Die Reichenbachbrücke stellt eine so genannte hilfsfristrelevante Verbindung von der in der Innenstadt ansässigen Hauptfeuerwache in Richtung der Stadtteile Giesing, Grünwald und Menterschwaige dar. Dies ist eine essenziell wichtige Verbindung in diese Stadtteile. Sowohl dauerhafte als auch temporäre Maßnahmen auf den Verbindungsrouten zwischen Hauptfeuerwache und diesen Stadtteilen dürfen zu keinerlei zeitlichen Einbußen führen.
Erfahrungsgemäß ist jedoch ein von durch Passant*innen und Fußgänger*innen genutzter und belebter Bereich nur mit wesentlichen zeitlichen Einbußen für die Branddirektion des Kreisverwaltungsreferates passierbar. Diese Erfahrungen macht sie regelhaft zum Beispiel im Bereich der Fußgängerzone, Parkanlagen, Sommerstraßen etc.Außerdem stellt die Reichenbachbrücke für die Branddirektion des Kreisverwaltungsreferates einen besonderen Einsatzschwerpunkt dar. Erfahrungsgemäß im Sommer, wenn die Isar stark frequentiert ist, kommt es dort sehr häufig zu Einsätzen am und im Wasser. Die Reichenbachbrücke hat hierbei für die Feuerwehr eine einsatztaktische Rolle im Wasserrettungskonzept.
Aus brandschutztechnischer Sicht ist es daher zwingend erforderlich, dass ein uneingeschränktes Passieren der Reichenbachbrücke ohne zeitliche Einbußen weiterhin möglich sein muss.“
Verkehrssicherheit
Auch für die Verkehrssicherheit ergibt sich nach Prüfung und gesamtheitlicher Betrachtung aller Verkehrsträger durch das Mobilitätsreferat kein zweifelsfrei positiver Effekt:
Die Führung des Radverkehrs auf der Fahrbahn wäre bei einer Vollsperrung durch die vorhandene Straßenbahninfrastruktur (Tram-Bahngleise) streckenweise als kritisch anzusehen (Gefahr des Einfädelns), nach der ERA notwendige Abstandsflächen zu den Gleisen sind im Bereich der Brücke nicht vorhanden. Die Sicherheit des Radverkehrs würde sich daher im Vergleich zur bisherigen Führung verschlechtern. Dies gilt umso mehr, wenn der Tram-Betrieb gleichzeitig aufrechterhalten werden soll. Insgesamt wird in diesem Fall eine Mischverkehrsfläche für Fußgänger, Radfahrende; Trambahn und Rettungsfahrzeuge kritisch gesehen.
Eine Sperrung mit Einstellung des Trambetriebs wurde durch das Mobilitätsreferat ebenfalls ausgeschlossen, da es sich bei der Tramlinie 18 um eine wichtige Verbindungmöglichkeit zur Erschließung der östlichen Stadtgebiete mit der Innenstadt handelt. Die Einstellung des Trambetriebs aufgrund einer punktuellen Sperrung wäre nicht verhältnismäßig und widerspricht den Zielen der Mobilitätsstrategie 2035, die insbesondere in einer Förderung der flächeneffizientesten Verkehrsträger unter besonderer Berücksichtigung der Vision Zero liegt.
Verkehrsverlagerungen
Bei einer Vollsperrung der Reichenbachbrücke für den motorisierten Individualverkehr während der Sonntage ist mit deutlichen Verlagerungseffekten auf die benachbarten Brückenbauwerke und Straßen (insb. auf die Corneliusbrücke) zu rechnen:Die Berechnung des Verkehrsmodells hat ergeben, dass in diesem Falle ca. 50% des Verkehrs, der über die Reichenbachbrücke verläuft, auf die Corneliusbrücke verlagert wird. Das entspricht einer Zunahme des Verkehrs auf der Corneliusbrücke um ca. 80%. Der Verkehr nimmt auch dem Streckenzug Schweigerstraße/Mariahilfplatz und Eduard-Schmid-Straße (in Richtung Süd) um ca. 50% zu. In südlicher Richtung sind weitere Verkehrsverlagerungen (in etwas geringerem Ausmaß) zu erwarten.
Weiterhin wurde vom Veranstaltungs- und Versammlungsbüro des Kreisverwaltungsreferats Folgendes mitgeteilt:
„Bei Veranstaltungen sind Straßensperrungen grundsätzlich möglich.
Voraussetzungen hierfür sind generell die verkehrliche Vertretbarkeit sowie das öffentliche Interesse. Damit eine Veranstaltung vorliegt, ist zudem ein definiertes Programm erforderlich. Reines Flanieren fällt nicht darunter.
Sofern die Brücke im Rahmen einer Veranstaltung gesperrt werden soll, muss ein*e Veranstalter*in benannt werden. Diese*r ist verantwortlich für die Planung der Veranstaltung. U.a. muss ein Verkehrs- und Sperrkonzept entwickelt werden, das auch die verkehrlichen Auswirkungen auf die umliegenden Bereiche (z.B. Kreuzungsbereiche) berücksichtigt. Die Kosten, die für die notwendige Beschilderung anfallen, sind von den Veranstaltenden zu übernehmen. Auch die übrige Planung der Veranstaltung, wie die Bereitstellung eines Ordnungs- und/oder Sanitätsdienst mit allen damit verbundenen Kosten, fällt in die Verantwortung der Veranstaltenden.
Falls die Brücke für eine Veranstaltung gesperrt werden sollte, darf auch keine Ausnahme für den Radverkehr gemacht werden, um die Besucher*innen nicht zu gefährden.“
Hinzu kommen die rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere die strengen Vorgaben der Straßenverkehrsordnung sowie des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes bzgl. der Widmung, wodurch eine Sperrung nicht ohne weiteres möglich ist. Eine Sperrung im Sinne des Antrags würde weitere umfassende Prüfungen etwa mit der Erarbeitung eines umfassenden Verkehrskonzepts erfordern, was angesichts der zahlreichen laufenden dauerhaft ausgerichteten Projekte sowie der aktuellen Haushaltssituation nicht zielführend und in der Priorisierung nachrangig einzustufen ist. All diese Aspekte führen in der Gesamtbetrachtung dazu, dass das Mobilitätsreferat die beantragte temporäre Sperrung nicht weiter verfolgt.Das Mobilitätsreferat stimmt dem Antrag dahingehend zu, dass die Reichenbachbrücke hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Flächen für den Fuß- und Radverkehr optimiert werden sollte und erarbeitet im Rahmen des Radentscheids bereits für die Reichenbachbrücke langfristig eine neue Raumaufteilung. Breitere und sichere Geh- und Radwege werden dabei ein Baustein der neuen Planung sein. Bei der Erstellung der Varianten wird eine Vielzahl weiterer Belange wie z.B. Barrierefreiheit, Aufenthaltsqualität, Belange des ÖPNV, Brandschutz, Klimaschutz als auch die rechtlichen Rahmenbedingungen – in erster Linie die der StVO – berücksichtigt.
Ergänzend möchten wir auf die Behandlung der Petition zu autofreien Sonntagen aufgrund der Petition von „Parents 4 Future München“ vom 5.3.2024 mit Beschluss des Mobilitätsausschusses vom 17.7.2024, Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 13746) hinweisen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.