Artenschutz: Freiheit für die Igel – Wildtiergerechte Einfriedungen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Dirk Höpner, Nicola Holtmann und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 7.2.2025
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk:
Der Antrag „Artenschutz: Freiheit für die Igel – Wildtiergerechte Einfriedungen“, Antrag Nr. 20-26/A 05427 von der Fraktion ÖDP/München-Liste vom 7.2.2025 wurde dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung zur federführenden Bearbeitung zugeleitet. Der Antrag zielt darauf ab, dass die Satzung der Landeshauptstadt München über Einfriedungen (Einfriedungssatzung) geändert wird. § 2 Absatz 3 der Einfriedungssatzung, der bestimmt, dass Einfriedungen nur ohne durchgehenden Sockel zulässig sind, soll um einen Satz ergänzt werden. In diesem Satz soll bestimmt werden, dass Einfriedungen an jeder Seite mindestens eine Stelle mit Bodenfreiheit von mindestens 10cm, bei Kindertageseinrichtungen von 8cm, auf einer Breite von mindestens 10cm haben, die eine Durchlässigkeit für Igel und Amphibien gewährleistet. Zudem soll § 2 Absatz 5 Satz 2 der Einfriedungssatzung, wonach die Regelung zur Sockellosigkeit nicht für Einfriedungen an öffentlichen Verkehrsflächen gilt, gestrichen werden.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teilen wir Ihnen mittels Schreiben zu Ihrem Antrag Folgendes mit:
Beschluss des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung vom 10.7.2024
Mit Beschluss „Änderung der Einfriedungssatzung“ des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 05767) wurde entschieden, dass in § 2 Absatz 3 der Einfriedungssatzung neu eingefügt wird: „Einfriedungen sind nur ohne durchgehenden Sockel zulässig.“ und begleitend hierzu der Satz „Abweichend von Satz 1 gilt Absatz 3 nicht für Einfriedungen an öffentlichen Verkehrsflächen.“ Die Änderungen sind am 1.1.2025 in Kraft getreten. Seitdem ist keine Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten.
Die oben genannte, am 1.1.2025 in Kraft getretene Regelung der Einfriedungssatzung ist abgewogen. Sie stützt sich auf gestalterische Erwägungen, das Ziel eines aufgelockerten Gestaltbildes und berücksichtigt die in der Sitzungsvorlage dargelegten, teils divergierenden Belange und bringt sie in einen Ausgleich.Hervorzuheben sind hierbei die Ausführungen zu dem bestehenden Gefahrenpotential für Kinder bei einer Bodenfreiheit, wie der hier beantragten mit mindestens 10cm; es könnten nämlich Kopffangstellen entstehen. Dieses Gefahrenpotential lässt sich aus unserer Sicht im Zusammenhang mit einer gesamtstädtischen Satzung nicht generell und allein auf Kindertageseinrichtungen reduzieren.
Die mit o.g. Beschluss des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung getroffenen Änderungen der Einfriedungssatzung und insbesondere die Regelung, dass Einfriedungen nur ohne durchgehenden Sockel zulässig sind, haben dennoch zugleich positive Effekte für den Natur- bzw. Artenschutz. In der Vorlage wird erläutert, dass diese Regelung für Einfriedungen an öffentlichen Verkehrsflächen u.a. aufgrund des zu beachtenden Zwecks von Einfriedungen nicht gelten soll; zu konstatieren ist, dass eine Einfriedung u.a. die Abwehr von Witterungs- oder Immissionseinflüssen (z.B. Lärm, Wind, Straßenschmutz) bezweckt. Darüber hinaus besteht ein erhöhtes Tötungsrisiko für Kleintiere. Die Verinselungseffekte für Kleintiere entstehen nicht nur durch Einfriedungen mit Sockeln, sondern durch die Verkehrswege, an denen die Einfriedungen stehen. Deshalb lag die Priorität darin, zumindest die Barrieren an den abseits der Straßen gelegenen Grundstücksgrenzen zu vermeiden. Die Versickerung von Niederschlagswasser hat regelmäßig auf den Grundstücken zu erfolgen, auf denen das Wasser anfällt. Deshalb haben auch Straßen in der Regel Entwässerungseinrichtungen. Es wäre zudem nicht sinnvoll, von Straßen abfließendes, mit Stoffen (zum Beispiel Reifenabrieb) belastetes Wasser in benachbarten Grundstücken zu versickern. Diesbezüglich erbringen straßenseitig sockellose Einfriedungen keinen zusätzlichen Nutzen. In der Gesamtbetrachtung der Argumente erschien es nicht zwingend erforderlich, auch angrenzend an Straßen offene Einfriedungen vorzuschreiben.
Durch möglichst wenige Vorgaben bei der Gestaltung von Einfriedungen soll ein baulicher Spielraum bestehen bleiben; die Regulierung im Bauwesen ist auf ein notwendiges Maß zu beschränken. Es ist auch zu betonen, dass es Bauherr*innen eigenverantwortlich unbenommen bleibt, im Rahmen der Bauausführung eine Bodenfreiheit bei Einfriedungen umzusetzen. Schließlich ist hervorzuheben, dass das Referat für Stadtplanung und Bauordnung mit o.g. Beschluss beauftragt wurde, in einer Broschüre positive Gestaltungsbeispiele bei Einfriedungen aufzuzeigen und auch Auswirkungen verschiedener Einfriedungstypen u.a. auf Tiere in geeigneter Form mit darzustellen. Neben Igeln sind auch manche Reptilien, wie Zauneidechsen oder Blindschleichen sowie Insekten wie Laufkäferarten auf ebenerdige Verbindungen angewiesen, um im besiedelten Gebiet wandern zu können.Das Referat für Klima- und Umweltschutz wird an der Erstellung der Broschüre beteiligt. Diese soll Anstoßfunktion haben und dazu beitragen, in anschaulicher Art und Weise für das Thema zu sensibilisieren.
Vor diesen Hintergründen soll zum aktuellen Zeitpunkt (weiterhin) von verpflichtenden gesamtstädtischen Bauvorgaben bei Einfriedungen, wie der verbindlichen Regelung einer generellen Bodenfreiheit von mindestens 10cm, wie beantragt, abgesehen werden. Die in der Sitzungsvorlage dargelegten Erwägungsgründe bestehen fort. Wir halten eine erneute Änderung der Einfriedungssatzung für nicht angezeigt.
Erstes Modernisierungsgesetz Bayern; Änderungen im gemeindlichen
Satzungsrecht
Wie in dem Antrag zutreffend ausgeführt, ergeben sich aufgrund des Ersten Modernisierungsgesetz Bayern Änderungen in der Bayerischen Bauordnung (BayBO). Die Ermächtigungsgrundlage in Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO, die die Gemeinden u.a. dazu ermächtigt, Regelungen über die Notwendigkeit, Art, Gestaltung und Höhe von Einfriedungen zu treffen, wird in dieser Form mit Wirkung für die Zukunft zum 1.10.2025 aufgehoben. Gemeindliche Regelungen zu Einfriedungen, die künftig getroffen werden sollen, können ab diesem Zeitpunkt aber auf die verbleibende Ermächtigungsgrundlage in Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO gestützt werden. Nach dem Ersten Modernisierungsgesetz Bayern bleiben bestehende Einfriedungssatzungen in Kraft. Es besteht nicht, wie im Antrag dargelegt, das Erfordernis, Änderungen der Einfriedungssatzung noch bis Ablauf des 30.9.2025 zu beschließen und in Kraft zu setzen.
Ergebnis
Von einer erneuten Änderung der Einfriedungssatzung, wie beantragt, soll aus den dargelegten Gründen abgesehen werden. Das Schreiben ist mit dem Referat für Klima- und Umweltschutz abgestimmt.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.