Demo für ALLE – Aufruf in der Stadtratspost
Anfrage Stadträtin Lydia Dietrich (Bündnis 90/Die Grünen) und Stadtrat Thomas Niederbühl (Rosa Liste) vom 29.4.2014
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
Auf Ihre Anfrage vom 29.04.14 nehme ich Bezug;
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt vorausgeschickt:
„In der Stadtratspost vom 25.04.2014 wurde ein Flyer beigelegt, der zur Teilnahme an einer Demonstration am 10.05.2014 in München aufruft. Die Demonstration trägt den Namen ‚Demo für ALLE’ und richtet sich ‚Gegen Gender-Ideologie, Pädophilie und Frühsexualisierung von Kindern in Kitas und Grundschulen’ und geht von der Initiative ‚Besorgte Eltern’ aus. Diese Demo und ihre Organisatoren sind in weiten Teilen identisch mit der Protestbewegung in Baden-Württemberg gegen den Bildungsplan, der das Thema ‚sexuelle Vielfalt’ zu einem festen Bestandteil im Lehrplan machen sollte. Ebenso wie in Baden-Württemberg geht es in München um Protest gegen eine liberale Politik gegenüber LGBT (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender).
Insbesondere im Bildungsbereich wird seitens der Gegnerinnen und Gegner einer aktiven Gleichstellungspolitik für LGBT immer wieder mit dem Vorwurf der Pädophilie argumentiert. Dies suggeriert zusammen mit der Forderung ‚gegen den Zerfall der Familien’, dass eine Politik der Gleichstellung für LGBT der Pädophilie Vorschub leistet und familiäre Strukturen zerstört.
Eine solche politische Einstellung wurde bisher klar und deutlich von der Landeshauptstadt München abgelehnt und zurückgewiesen. Es ist daher völlig unverständlich, dass der Aufruf ‚Demo für ALLE’ in der Stadtratspost zu finden war, d. h. an alle Stadträtinnen und Stadträte versandt wurde.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Wie ist es möglich, dass der Aufruf „Demo für ALLE“ in der Stadtratspost an alle Stadträtinnen und Stadträte verteilt wurde?
Frage 2:
Nach welchen Kriterien werden externe Flyer kontrolliert und für den Versand zugelassen?Antwort zu Frage 1 und Frage 2:
Die Verteilung des Aufrufs „Demo für ALLE“ war keinesfalls als Werbung für diese Veranstaltung gedacht. Bei der Stadtkanzlei wird die gesamte eingehende Post verteilt und an die Empfängerinnen und Empfänger weitergeleitet. Ein inhaltliches Werten und Aussortieren kann und darf dabei nicht erfolgen, da dies unzulässig ist und einer Zensur gleichkäme. Aufgrund der Informationsbreite, d. h. der unterschiedlichen Interessen auf Seiten der Empfänger/innen ist es der Stadtkanzlei auch nicht möglich, den tatsächlichen Informationswert einer Sendung für die jeweiligen Adressaten zu beurteilen. Außerdem kann es generell von Interesse sein, über verschiedene Aktivitäten Bescheid zu wissen.
In der Allgemeinen Geschäftsanweisung der Landeshauptstadt München (AGAM) ist festgelegt, wie bei Vorliegen anonymer und beleidigender Schreiben zu verfahren ist. Anonyme Schreiben sind nur zu beachten, wenn ein öffentliches Interesse vorliegt. Bei beleidigenden Schreiben ist der Absenderin/dem Absender mitzuteilen, dass das Schreiben wegen der ungehörigen Form nicht bearbeitet wird. In allen übrigen Fällen muss die Stadtkanzlei die eingehende Post verteilen. Wenn seitens der Stadtkanzlei bei einzelnen Schreiben, insbesondere von solchen, die an die Stadtratsmitglieder gerichtet sind, Bedenken bestehen, ob diese tatsächlich verteilt werden müssen, dann wird das Poststück der Leitung des Direktoriums vorgelegt.
Am 23.04.14 ging der in Rede stehende Flyer über den Sonderbriefkasten am Rathaus (Eingang Fischbrunnen) bei der Stadtkanzlei ein. Die Post aus dem Sonderbriefkasten wird mehrmals täglich von einer Mitarbeiterin bzw. einem Mitarbeiter der zentralen Ein- und Auslaufstelle beim Pförtner abgeholt und anschließend in die entsprechenden Verteilerfächer eingelegt. Auf Grund des Inhalts des Flyers wurde dieser entsprechend dem vorstehend geschilderten Verfahren der Direktoriumsleitung vorgelegt, die entschieden hat, den Flyer zu verteilen, da nicht bekannt war, ob die Mitglieder des ehrenamtlichen Stadtrates bereits auf anderen Wegen von der geplanten Veranstaltung Kenntnis erlangt hatten. Ziel der Weitergabe war es, den ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern politische Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen, welche bei Unkenntnis über die geplante Veranstaltung nicht möglich gewesen wären.
Frage 3:
Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Verteilung des Flugblattes?Antwort:
Auf Grund der Antworten zu Frage 1 und 2 ergeben sich keine Konsequenzen bezüglich der Verteilung von Post durch die Stadtkanzlei.
Frage 4:
Wird der OB die Gegenproteste aus der LGBT-Community gegen die
„Demo für ALLE“ und gegen Diskriminierung und Ausgrenzung von LGBT sowie für ein liberales und weltoffenes München unterstützen?
Antwort:
Herr Oberbürgermeister Reiter hat in der Rathaus Umschau vom
08.05.2014 die Demonstration „Vielfalt statt Einfalt – München bleibt bunt“ begrüßt. Das Handeln der Landeshauptstadt München ist von den Werten des Grundgesetzes und der Europäischen Charta der Grundrechte geprägt. Diese Werte bauen auf der Würde des Menschen und der Gleichheit aller Menschen auf.
Der Landeshauptstadt und dem Oberbürgermeister ist es ein besonderes Anliegen, jedweder Diskriminierung, sei es aus rassistischen Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts oder der Religion, einer Behinderung, des Alters oder auch wegen der sexuellen Identität bzw. Orientierung aktiv entgegenzutreten. Somit wird es als unverzichtbar gesehen, auch für die Belange von Minderheiten einzutreten und unterschiedlichen Lebensformen Wertschätzung entgegenzubringen. Ausgrenzung von Minderheiten wird auch durch eine aktive Zivilgesellschaft verhindert.
Daher hat der Oberbürgermeister die Demonstration „Vielfalt statt Einfalt“ im Sinne der Förderung von Akzeptanz und sozialem Frieden begrüßt.