Befall durch „Asiatischen Laubholzbockkäfer“ im Münchner Osten Laubholzbockkäfer – Klare Zuständigkeiten in der Bekämpfung
schaffen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Herbert Danner, Sabine Krieger (Bündnis 90/ Die Grünen) vom 17.2.2014 und
Antrag Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Otto Bertermann, Ursula Sabathil (Freie Wähler), Stadtrat Tobias Ruff (ÖDP),Stadtrat Richard Progl (Bayernpartei) vom 07.3.2014
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihrer Anträge betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, weshalb eine beschlussmäßige Behandlung im Stadtrat rechtlich nicht möglich ist
Zu Ihren o. g. Anträgen teile ich Ihnen Folgendes mit:
Ihre beiden Stadtratsanträge befassen sich mit der Thematik „Asiatischer Laubholzbockkäfer“ (ALB). Die Stadtratsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN/RL wünscht von der Verwaltung umfassende Informationen zur Verbreitung des ALB in den Umlandgemeinden und im Stadtgebiet und zu den Bekämpfungsmaßnahmen.
Der Antrag der damaligen Fraktion Bürgerliche Mitte – FW/ÖDP/BP zielt darauf ab, innerstädtisch klare Kompetenzen zur Koordinierung der Bekämpfung des Laubholzbockkäfers zu schaffen und zu klären, wer gegenüber der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) als Ansprechperson fungiert.
Darüber hinaus wird die LH München aufgefordert, eine vorsorgliche Kostenübernahme beim Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für Fäll- und Entsorgungskosten bei Privateigentümerinnen und -eigentümern zu beantragen oder selbst Finanzmittel bereit zu stellen.
Der aus China eingeschleppte Asiatische Laubholzbockkäfer, Anoplophora glabripennis Motschulsky, ist ein gefährlicher Quarantäneschaderreger
1,
der gesunde Laubgehölze befällt und soweit schädigt, dass Teile welken und abbrechen, bis schließlich das gesamte Gehölz abstirbt. Zu den fünf Hauptwirtsbäumen des ALB gehören Ahorn, Birke, Pappel, Weide und Rosskastanie.1. Zuständigkeiten
Zuständig für die Durchführung des Pflanzenschutzgesetzes und der nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen ist in Bayern die Landes- anstalt für Landwirtschaft (LfL) für den Bereich Siedlung und offenes Land. Ausgenommen ist der Bereich Wald. Hier sind die unteren Forstbehörden zuständig. Im Falle der östlichen Umlandgemeinden und des gesamten Stadtgebietes München ist die untere Forstbehörde das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Ebersberg.
Die Allgemeinverfügungen über Maßnahmen zur Bekämpfung des ALB betreffend Gebiete der Stadt München und der Gemeinden Aschheim, Feldkirchen, Haar, Kirchheim b. München, Vaterstetten wurden von der LfL am 20.11.2012 und vom AELF Ebersberg am 26.11.2012 erlassen und zuletzt am 06.03.2014 aktualisiert.
2
Stadtintern sind das Baureferat (Gartenbau) als Eigentümer städtischer Grünflächen und das Kommunalreferat (Forstverwaltung) für den Bereich der Waldflächen für den Vollzug der Allgemeinverfügungen verantwortlich. Darüber hinaus ist die Untere Naturschutzbehörde im Referat für Stadt- planung und Bauordnung in Bezug auf Anfragen oder Hinweise von Fachleuten, Bürgerinnen und Bürgern oder Erkenntnissen aus eigenen Ortserhebungen aufgrund des Vollzugs der Baumschutzverordnung bzw. durch Gebietskontrollen von Schutzgebieten beteiligt.
Das Direktorium (Abt. gesamtstädt. Controlling/Steuerungsunterstützung) hat nach Gesprächen mit den betroffenen internen und externen Stellen die innerstädtische Koordination für Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Bekämpfung des ALB übernommen. Dabei organisiert das Direktorium im Wesentlichen den Austausch mit den staatlichen Behörden und den Umlandgemeinden, sorgt für den Informationsfluss zwischen Ver waltung und Stadtrat und wird die zuständigen Fachbehörden bei der Aufklärung und Sensibilisierung von Bürgerinnen und Bürgern in den östlichen Stadtbezirken unterstützen.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass alle Bekämpfungsmaßnahmen ausschließlich in der Hand der oben genannten staatlichen Behörden liegen.2. Sachstand zum Befall durch den Asiatischen Laubholzbockkäfer und zu den Bekämpfungsmaßnahmen
Hierzu wurde das Direktorium von der LfL und dem AELF informiert: Seit Oktober 2012 wurde in der Gemeinde Feldkirchen südlich der S-Bahn Strecke und in der Gemeinde Haar in den Ortsteilen Salmdorf und Ottendichl Befall mit dem ALB festgestellt.
Umfangreiche Fällungen haben darauf hin in den Umlandgemeinden bereits stattgefunden.
Auf dem Gebiet der Stadt München wurde bisher kein Befall mit ALB entdeckt!
Zur Bekämpfung des Asiatischen Laubholzbockkäfers hat das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen in Deutschland, das Julius Kühn-Institut, eine Leitlinie
3 erlassen. Das Institut ist eine selbständige Bundesoberbe-
hörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Die Leitlinie wurde 2014 aktualisiert und ist das Kernstück der nationalen Bekämpfungsstrategie gegen den ALB.
Die Allgemeinverfügungen der LfL und des AELF orientieren sich inhaltlich an dieser Leitlinie. Mit den Allgemeinverfügungen werden die Quarantänezone und die Bekämpfungsmaßnahmen festgelegt. So sind u.a. die Besitzerinnen und Besitzer sowie Verfügungsberechtigte von Laubbäumen auf Grundstücken in der Quarantänezone verpflichtet, die Bäume regelmäßig – in der Zeit vom 1. April bis 31. Oktober eines jeden Jahres im Abstand von vier Wochen und in der Zeit vom 1. November bis 31. März eines jeden Jahres einmal – auf Anzeichen eines Befalls und auf geschlüpfte Käfer des ALB zu kontrollieren (Monitoring).
Es besteht Anzeigepflicht bei Befall oder Befallsverdacht bei der zuständigen Behörde. Kontrollpflicht der Eigentümerinnen und Eigentümer besteht auch für die Verbringung von Laubgehölzen, Baumschnitt, Laubholz und Holzprodukten aus der Quarantänezone.
Das AELF Ebersberg führt für den Bereich Wald zusätzlich ein eigenes Monitoring durch. Je nach Bedarf erfolgt dieses vom Boden mit Fernglas, mit Baumsteigern, ALB-Spürhunden oder durch Probefällungen und intensiver Untersuchung der liegenden Bäume. Zukünftig sollen ergänzend Lockstoff-Fallen eingesetzt werden. Der Schwerpunkt der Kontrollen liegtin der Nachbarschaft bekannter Befallsorte und an den Außenrändern der Quarantänezone.
Befallsfähiges Material aus Waldflächen (Baumschnitt, Stammholz, Brennholz und andere Holzprodukte von Laubbäumen sowie Laubgehölze) dürfen nur nach einer Kontrolle durch das AELF aus der Quarantänezone transportiert werden.
Bei Feststellung eines ALB-Befalls im Wald wurde wie folgt vorgegangen: Alle Laubbäume außer der Eiche im Umkreis von 100 Metern um den befallenen Baum wurden als befallsverdächtig eingestuft. Das AELF Ebersberg forderte die Waldbesitzer schriftlich auf, die befallsverdächtigen Bäume einzuschlagen, zu häckseln, in geschlossenen Containern abzutransportieren und zu verbrennen. Die betroffenen Flächen wurden anschließend gemulcht bzw. händisch geräumt, so dass kein befallenes Material auf der Fläche verblieb. Vor dem Einschlag wurde der betroffene Wald auf Vorkommen naturschutzrelevanter Arten geprüft. Während der Bekämpfung wurden die gefällten befallsverdächtigen Bäume kontrolliert. Bei erneuter Befallsfeststellung wurde der Bekämpfungsradius entsprechend erweitert. Das AELF Ebersberg begleitete die Waldbesitzer bei der Bekämpfung und überwachte die Maßnahmen. Bis zum heutigen Stand wurden so insgesamt rund fünf Hektar Wald flächig aufgearbeitet.
3. Zusammenarbeit und Erfahrungsaustausch mit den Fachbehörden der Umlandgemeinden und des Freistaats Bayern
Aufgrund des durchzuführenden Monitorings in der Quarantänezone steht das Baureferat (Gartenbau) für den Bereich Riemer Park mit der LfL in Kontakt und das Kommunalreferat (Forstverwaltung) arbeitet hinsichtlich des Riemer Waldes intensiv mit dem AELF Ebersberg zusammen.
Das Direktorium hat sich im Rahmen seiner Koordinierungsfunktion umgehend mit der LfL, dem AELF und dem Umweltreferat der Gemeinde Feldkirchen in Verbindung gesetzt.
Ein erster Austausch mit staatlichen und städtischen Vertreterinnen und Vertretern fand unter der Leitung des Direktoriums bereits am 12.05.2014 statt. Dabei wurden Verfahrensfragen erörtert und Kontakte zwischen den städtischen und staatlichen Stellen in die Wege geleitet.4. Strategien der zuständigen städtischen Behörden, um einen Befall in München mit weitreichenden Konsequenzen für die Vegetation und den Naturhaushalt zu vermeiden
Sowohl das Baureferat (Gartenbau) als auch das Kommunalreferat (Forstverwaltung) verfahren nach den Vorgaben der Allgemeinverfügungen von LfL und AELF, die sich – wie vorher bereits beschrieben – an der Bekämpfungsstrategie des Julius Kühn-Instituts orientiert.
5. Kontrollen des Laubholz-Baumbestands an der östlichen
Stadtgrenze
Die Allgemeinverfügungen sehen innerhalb der Quarantänezone ein regelmäßiges Monitoring vor (siehe auch Nr. 2).
Für die Stadtver waltung kann ich berichten, dass das Baureferat (Gartenbau) den Baumbestand für verkehrsbegleitendes Grün und in den städischen Grünanlagen – insbesondere im Bereich des Riemer Parks – wie vorgeschrieben kontrolliert.
Die Messe München GmbH führt ebenfalls das erforderliche Monitoring durch und berichtet an die LfL.
Auch die städtische Forstverwaltung kontrolliert den in ihrem Zuständigkeitsbereich liegenden Riemer Wald seit Januar 2013 systematisch, in kurzen und regelmäßigen Abständen mit geschultem, eigenem Personal. In den Wintermonaten wurde der Riemer Wald zudem von wissenschaftlichen Mitarbeitern der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft und des AELF Ebersberg begangen. Verdächtige Bäume (v.a. Fraßspuren, Bohrlöcher) wurden gefällt und an das AELF bzw. die LfL zur Untersuchung weitergeleitet.
Bei sämtlichen Kontrollen in der Quarantänezone auf Stadtgebiet wurde bisher kein Befall festgestellt.
6. Kostenübernahme für Bekämpfungsmaßnahmen auf
Privatgrundstücken
Die Anordnungen der LfL bei Befall sehen vor, dass Bäume ggf. innerhalb von 1 – 3 Tagen gefällt, vor Ort gehäckselt und verbrannt werden. Die Entsorgung von Befalls- bzw. Verdachtsbäumen im 100-Meter-Umfeld eines befallenen Baumes kann sich unter Umständen als sehr aufwändig undkostenintensiv erweisen. Je nach Größe und Lage können die Kosten zwischen 100 – 2000 Euro pro Baum betragen.
Das Direktorium hat Ihren Vorschlag aufgegriffen und beim Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Möglichkeiten einer finanziellen Entlastung privater Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer durch den Freistaat angefragt.
Die Antwort des Ministeriums steht noch aus.
Von den vorstehenden Ausführungen bitte ich Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
1 Der ALB ist als Schädling in der Pflanzenbeschauverordnung, Anhang I A I a) Nr. 4.1 der Richtlinie 2000/29/EG, gelistet.
2
http://www.lfl.bayern.de/ips/pflanzengesundheit/024167/
3http://pflanzengesundheit.jki.bund.de/dokumente/upload/e699f_ll-ano_ophora_glabripennis.pdf