Münchner Wertstoffhöfe nicht wegen Personalmangels schließen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Otto Bertermann, Ursula Sabathil (Freie Wähler), Tobias Ruff (ÖDP) und Richard Progl (Bayernpartei) vom 1.4.2014
Antwort Kommunalreferat:
In Ihrem Antrag vom 01.04.2014 fordern Sie, dass der Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) künftig bei Personalmangel keine Wertstoffhöfe mehr schließt. Überdies bitten Sie um Beantwortung der folgenden Fragen:
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„Wie hoch ist der Schaden, der den Münchner Wertstoffhöfen durch die kürzlich bekannt gewordenen Fälle bandenmäßigen Diebstahls entstanden ist?
-Wie wird sichergestellt, dass künftig keine Fälle mehr von Korruption bzw. bandenmäßigem Diebstahl auf den Münchner Wertstoffhöfen
auftreten?
-Warum musste der Betrieb der Wertstoffhöfe im Zuge der Korruptionsermittlungen eingestellt werden? Wäre ein Weiterbetrieb mittels Personalreserven aus dem AWM möglich gewesen? Wie groß ist die Personalreserve im städtischen Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM)?
-Wäre es möglich, künftig bei Personalmangel Personal anderer städtischer Betriebe (z.B. Baureferat Straßenreinigung) gegen Verrechnung einzusetzen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten?“
Sie begründen Ihren Antrag damit, dass in den vergangenen Wochen die Münchner Wertstoffhöfe wiederholt wegen Korruptionsermittlungen und Personalmangels geschlossen blieben. Diese Schließungen seien für Bürger und Bürgerinnen sehr unangenehm und sollten künftig nicht mehr auf Grund fehlenden Personals vorkommen. So sollte dem AWM eine ausreichend große Personalreserve zur Verfügung stehen und zudem bei dennoch auftretenden Engpässen ein Ausleihen von Personal aus anderen Betrieben möglich sein.
Nach § 60 Abs. 9 Geschäftsordnung (GeschO) dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrags betrifft ein laufendes Geschäft des Eigenbetriebs, dessen Besorgung nach Art. 88 Abs. 3 Satz 1 Gemeindeordnung (GO) in Verbindung mit der Betriebssat-zung des AWM der Werkleitung obliegt. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erfolgt eine Beantwortung in dieser Form.
Zu Punkt 1:
Wie hoch ist der Schaden, der den Münchner Wertstoffhöfen durch die kürzlich bekannt gewordenen Fälle bandenmäßigen Diebstahls entstanden ist?
Die Schadenshöhe lässt sich nicht ermitteln, da sich der Schaden danach bemisst, welchen Verkaufserlös die dem AWM über lange Jahre hinweg entwendeten Gegenstände durch eine bereits stattgefundene Veräußerung durch die Beschuldigten an Dritte erbrachten. Hierüber liegen dem AWM keine Erkenntnisse vor.
Die Gegenstände, welche dem AWM entwendet wurden, die noch nicht verkauft wurden und noch von Polizei und Staatsanwaltschaft bei den Beschuldigten sichergestellt werden konnten, sind ab Mitte April wieder im Besitz und Eigentum des AWM. Ein Vermögensschaden ist hieraus nicht entstanden.
Neben dem nur zum Teil bezifferbaren Vermögensschaden ist allerdings der Imageschaden beträchtlich.
Zu Punkt 2:
Wie wird sichergestellt, dass künftig keine Fälle mehr von Korruption bzw. bandenmäßigem Diebstahl auf den Münchner Wertstoffhöfen auftreten?
Bereits in der Vergangenheit hat der AWM Maßnahmen ergriffen, um Straftaten von Mitarbeitern auf den Wertstoffhöfen so weit wie möglich zu unterbinden. Neben einer jährlich stattfindenden Schulung zur Einhaltung der Richtlinien zur Annahme von Belohnungen und Geschenken wurde mit dem Instrument der Jobrotation versucht, kriminellen Handlungen entgegenzuwirken.
Der AWM hat unmittelbar nach Bekanntwerden der Korruptions- und Diebstahlsereignisse rund um die Münchner Wertstoffhöfe eine interne Prüfung unter Beteiligung der Innenrevision, der Antikorruptionsbeauftragten, der Rechtsabteilung und der betroffenen Fachabteilung angewiesen. Gegenstand der Überprüfung sind die internen Prozesse, die Organisationsform und die sicherheitstechnische Ausstattung der zwölf Wertstoff-höfe.Nach gründlicher Analyse der Ist-Situation und einer Identifizierung nun bekannter Schwachstellen sowie einer Risikoabschätzung über latente Gefahren wird das Konzept der Münchner Wertstoffhöfe mit der wesentlichen Zielsetzung „Korruptionsbekämpfung und Objektschutz“ neu aufgesetzt. Neben der Anlehnung an bis dato zumindest als erfolgreich geltende Beispiele anderer Großstädte werden auch ernsthaft alternative Betriebsformen untersucht. In jedem Fall aber werden die Nachhaltigkeitsziele des AWM strikt weiterverfolgt.
Zu Punkt 3:
Warum musste der Betrieb der Wertstoffhöfe im Zuge der Korruptionsermittlungen eingestellt werden?
Der Betrieb der Wertstoffhöfe musste akut auf Grund anstehender Zeugeneinvernahmen am Tag der Razzia vollständig eingestellt werden. Dabei wurden alle Mitarbeiter der Wertstoffhöfe (über 100 Personen) befragt. Zum Zeitpunkt der Razzia (08:15 Uhr) haben alle operativen Bereiche des AWM bereits ihre Arbeit aufgenommen. Die vollständige Schließung war somit absolut unvermeidbar.
In den Folgetagen waren die Wertstoffhöfe nur teilweise wieder geöffnet, da ca. ¼ aller Mitarbeiter vom Dienst suspendiert werden musste, da sie nach Auskunft der Staatsanwaltschaft als Beschuldigte galten. Eine Alternative in Form einer Weiterbeschäftigung auf den Wertstoffhöfen kam aus arbeitsrechtlicher Sicht aber auch aus grundsätzlichen Erwägungen keineswegs in Frage.
Wäre ein Weiterbetrieb mittels Personalreserven aus dem AWM möglich gewesen?
Ein vollständiger Weiterbetrieb der Wertstoffhöfe ist mit den Personalreserven des AWM nicht möglich gewesen. Die Vorhaltung einer Personalreserve ist nach den Maßgaben des Kommunalabgabengesetzes (KAG), den
Feststellungen des Kommunalen Prüfungsverbandes und des städtischen Revisionsamtes nur in engen Grenzen erlaubt. Mit Personalreserven dürfen grundsätzlich nur Abwesenheiten gedeckt werden, die sich in Folge von krankheitsbedingten Fehltagen, Urlaub und Freistellungen für Fortbildungen usw. ergeben. Sollten also zur Deckung des nun auf den Wertstoffhöfen fehlenden Personals aus anderen Bereichen des AWM Mitarbeiter herangezogen werden, hätte dies negative Konsequenzen für die Leistungserbringung und -fähigkeit dieser Bereiche, insbesondere desMülleinsammeldienstes, mit Wirkung auf die Münchner Bürgerinnen und Bürger.
Wie groß ist die Personalreserve im städtischen Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM)?
Die Personalreserve ist in allen Bereichen des AWM zahlenmäßig und von den erforderlichen Fähigkeiten her unterschiedlich und richtet sich stets nach den oben beschriebenen Maßgaben. Die Berechnung der Personalreserve findet regelmäßig statt und reagiert auf sowohl vorhersehbare wie auch nicht vorhersehbare Entwicklungen wie krankheitsbedingte Fehlzeiten.
Bezogen auf die zwingend zur Aufgabenerledigung erforderlichen Sollzahlen zu besetzender Stellen liegt die Reserve bei den Wertstoffhöfen bei ca. 26%. Damit werden die krankheits- und urlaubsbedingten Fehlzeiten gedeckt.
Zu Punkt 4:
Wäre es möglich, künftig bei Personalmangel Personal anderer städtischer Betriebe (z.B. Baureferat Straßenreinigung) gegen Verrechnung einzusetzen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten?
Ein Einsatz von Personal anderer Betriebe ist wie oben ausgeführt deshalb nicht möglich, da es aus Gründen der wirtschaftlichen Personaleinsatzplanung als überzählige Personalressource in der Größenordnung gar nicht zur Verfügung stehen dürfte. Diese Einschätzung wird beispielsweise vom Baureferat in seiner Stellungnahme vom 22.04.2014 geteilt. Das Baureferat hat sich wie folgt geäußert:
„Die städtische Straßenreinigung ist ein gebührenfinanzierter Betrieb und erfüllt gemäß der Straßenreinigungssatzung die Reinigung und Sicherung der öffentlichen Verkehrsflächen innerhalb des Vollanschlussgebietes (rund 1.200 km Straßen, 800 km Gehwege, 900 km Radwege und 104.000 m² Fußgängerzonen, 2.000 Abfallbehälter).
Da die Anlieger für diese Leistungen gemäß der Straßenreinigungsgebührensatzung entsprechende Gebühren entrichten müssen, ist die Stadt München zur Erbringung der satzungsgemäßen Leistungen verpflichtet. Zur Leistungserbringung wird bei der städtischen Straßenreinigung nur soviel Personal vorgehalten, wie unbedingt erforderlich ist. Deshalb siehtsich das Baureferat nicht in der Lage, Personal für satzungsfremde Leistungen freizustellen.“
Zudem ist in Bezug auf fachliche Standards, Ausbildung, Erfahrungen und körperliche Erschwernisse die Einsatzfähigkeit des Personals anderer Betriebe nicht garantiert.
Ereignisse wie die Razzia auf den Wertstoffhöfen und die Folgen für die Personaleinsatzplanung sind mit keinem Mittel der vorausschauenden Planung zu bewältigen, weil sie in dieser Größenordnung und ihrer Unvorhersehbarkeit jeden bisher gekannten Rahmen sprengen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.