Ausschreibungsverfahren zur Verpflegung in städtischen Kinderta-
geseinrichtungen
Anfrage Stadtrat Josef Schmid (CSU-Fraktion) vom 13.3.2014
Antwort Referat für Bildung und Sport:
Ich nehme Bezug auf Ihre Anfrage vom 13.03.2014 zum Ausschreibungsverfahren zur Verpflegung in städtischen Kindertageseinrichtungen. In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
„
Bereits mehrfach haben sich Kitas (Leitungen oder Elternbeirat) über das Vergabeverfahren bei „Schule/Kita isst gut“ beschwert. Insbesondere die mangelnde Transparenz, die Nichtbeteiligung der Einrichtungen und der nicht gewünschte Wechsel des Anbieters werden beklagt. Da die Verköstigung der Kinder nicht nur eine Nebensache, sondern ein elementar wichtiger Baustein für ein gesundes Aufwachsen der Kinder ist, übernehme ich die kürzlich an die Ver waltung herangetragenen Fragen des Elternbeirats eines Inklusiven Hauses für Kinder.“
Nachdem mir nun die Rückmeldungen aus den jeweiligen Fachbereichen zu Ihrer Anfrage vorliegen, kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Wie verlief der Vergabeprozess? Ist es richtig, dass keine Vertreter der Einrichtungen oder Eltern-/Kindervertretungen hierbei beteiligt waren?
Antwort:
Die Landeshauptstadt München war als öffentliche Auftraggeberin bei der Ausschreibung der Verpflegung in städtischen Kindertageseinrichtungen auf Grund des Auftragsvolumens in zweistelliger Millionenhöhe dazu verpflichtet, die Vorschriften des vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und des zweiten Abschnittes der Vergabeund Vertragsordnung für Leistungen Teil A (VOL/A) einzuhalten und die Verpflegungsleistung europaweit auszuschreiben.
Während der gesamten Vorbereitung und Durchführung des Vergabeverfahrens war durch die Teilnahme der unter 2. genannten Bereiche sichergestellt, dass die Belange der jeweiligen Einrichtungen ausreichend berücksichtigt wurden.Grundlage für die Leistungsbeschreibung im Rahmen der Ausschreibung bildete zudem der am 27.02.2013 von der Vollversammlung des Münchner Stadtrates beschlossene Kriterienkatalog (Sitzungsvorlage Nr. 08 - 14 V/ 10745), mit dem sehr hohe Anforderungen an die Bieter gestellt wurden. Dies waren insbesondere ein Bio-Anteil von 50%, Vorgaben für konventionelle Lebensmittel wie z.B. Fleisch aus artgerechter Tierhaltung, Einhaltung der DGE-Anforderungen und darüber hinaus gehender Zusatzanforderungen, Berücksichtigung besonderer Belange der Essensteilnehmerinnen – und -teilnehmer unter anderem bei Lebensmittelunverträglichkeiten.
Gleichzeitig wurde darauf geachtet, dass die neuen Vorgaben für künftige Lieferanten in bestimmten Leistungsanforderungen den bereits seit Jahren bekannten Bedingungen entsprechen (z.B. Bestell- und Lieferrhythmus, Bestellverfahren etc.).
Nach § 97 Abs. 5 GWB muss der Zuschlag grundsätzlich auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt werden. Dies ist nicht unbedingt das preislich günstigste Angebot, sondern wird nach vorab festgelegten und in der Ausschreibung bekannt gemachten Kriterien ermittelt.
Folgende Wertungskriterien wurden dabei für die europaweite Ausschreibung festgelegt:
-Preis: 60%
-Sortimentsgestaltung: 20%
-Probeessen: 20%.
Hinsichtlich der Sortimentsgestaltung wurde eine fachlich fundierte, sorgfältige und kritische Prüfung durch die jeweiligen Fachberatungen aus den Abteilungen KITA und F 4 vorgenommen.
Am Probeessen nahmen Einrichtungsleitungen von Kindertageseinrichtungen sowie eine Vertreterin des Gemeinsamen Elternbeirats für Horte und Tagesheime der Landeshauptstadt München (GEBHT) teil.
Frage 2:
Wenn ja, welche Stellen/Personen waren hieran beteiligt?
Antwort:
Auch wenn – wie unter 1. dargelegt – für das Wertungskriterium Probeessen eine Einbeziehung von Einrichtungsleitungen bzw. dem Gesamteltern-beirat erfolgte, möchte ich Ihnen ergänzend erläutern, welche Bereiche bei der Vorbereitung und Durchführung der Ausschreibung unter Federführung des Zentralen Immobilienmanagements im Referat für Bildung und Sport schwerpunktmäßig beteiligt waren:
Referat für Bildung und Sport (RBS):
-Abteilung KITA
-Fachabteilung 4.
Aus beiden Bereichen waren kontinuierlich Fachleute aus mehreren Professionen vertreten, hierunter auch Diplom-Oecotrophologinnen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die über profunde Praxiserfahrungen aus ihrer vorherigen Tätigkeit in Leitungsfunktionen von verschiedenen Kindertageseinrichtungen verfügen und die nach wie vor im engen Kontakt mit den Einrichtungen stehen.
Für rechtliche, insbesondere vergaberechtliche Fragen stand die Rechtsabteilung
des Referates für Bildung und Sport dauerhaft beratend zur Verfügung.
Das Direktorium-Vergabestelle 1 war in die gesamte Vorbereitung und Durchführung der Ausschreibung eingebunden.
Aus dem Bereich Lebensmittelrecht des Kreisverwaltungsreferates erfolgte die Teilnahme an einer Arbeitsgruppe zur Vorbereitung der Ausschreibung, damit gemeinsam die relevanten lebensmittel- und hygienerechtlichen Aspekte erörtert werden konnten.
Darüber hinaus wurde das Referat für Gesundheit und Umwelt in Kooperation mit Tollwood („Bio für Kinder“) eingebunden, vor allem hinsichtlich der Vorgaben zum einzuhaltenden Bio-Anteil sowie der Anforderungen für konventionelle Lebensmittel.
Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung Oberbayern Ost war ebenfalls bei den Vorbereitungen beteiligt. Die teilnehmenden Ernährungswissenschaftlerinnen hatten ihren Fokus dabei nicht nur auf den Schulbereich gelegt, sondern erörterten gemeinsam mit den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine Vielzahl ernährungsrelevanter Fragestellungen hinsichtlich der Gemeinschaftsverpflegung für Kinder und Jugendliche in den verschie-denen Altersgruppen, unter anderem auch hinsichtlich des Umgangs mit Lebensmittelunverträglichkeiten.
Durch die Beteiligung der unterschiedlichen Professionen und die sorgfältige Erstellung der Leistungsbeschreibung wurde die Vielzahl der maßgeblichen Anforderungen bei der Ausschreibung berücksichtigt.
Frage 3:
Wann wurden die Einrichtungen informiert?
Antwort:
Die Einrichtungen wurden bereits im Herbst 2013 darüber informiert, dass es aufgrund der erfolgten Ausschreibung zu Anbieterwechseln kommen kann. Nachdem die Zuschlagserteilung am 09.12.13 stattfinden konnte, wurden die Einrichtungen mit dem Verpflegungssystem Cook & Freeze ab 10.12.2013 über den jeweiligen Anbieter informiert. Für die Einrichtungen mit dem Verpflegungssystem Cook & Chill erfolgte die Information ab dem 07.01.2014, nachdem die Zuschlagserteilung hierfür in den Weihnachtsferien 2013/2014 erfolgte.
Frage 4:
Welche Übergangszeit gab es beim Anbieterwechsel?
Antwort:
Die Ausschreibung musste so erfolgen, dass die Bieterinnen und Bieter mit den im Leistungsverzeichnis gemachten Angaben möglichst genau kalkulieren konnten.
Gerade im Rahmen eines längerfristigen Vertrages über Lebensmittel sind hier saisonale Preisschwankungen, Lohnerhöhungen für das einzusetzende Personal, etc. in die Kalkulation einzubeziehen. Daher musste der vrstl. Beginn und das Ende des Leistungszeitraumes benannt werden. Im Hinblick auf die erforderlichen Umstellungen (Wechsel zu den losbezogenen Anbietern, neues bzw. verändertes Sortiment) wurde in Absprache mit den Anbietern für die Einrichtungen, die mit dem Verpflegungssystem Cook & Freeze versorgt werden, vereinbart, dass diese noch bis Ende Januar 2014 bei ihrem alten Lieferanten bestellen konnten. Für die Einrichtungen, die mit dem Verpflegungssystem Cook & Chill versorgt werden, erfolgte die Umstellung auf den neuen Anbieter und das neue Verpflegungssystem ebenfalls gegen Ende Januar 2014.Bei beiden Verpflegungssystemen haben erfahrene und renommierte Anbieter auf dem Gebiet der Gemeinschaftsverpflegung für Kinder und Jugendliche den Zuschlag erhalten. Zum Zeitpunkt der Umstellung wurden u.a. gemeinsame Info-Veranstaltungen mit Vertreterinnen und Vertretern der Verpflegungsanbieter, aus den Einrichtungen und dem Referat für Bildung und Sport durchgeführt, um die verständlicher weise auftretenden Fragen zu klären sowie besondere Wünsche und Anliegen soweit wie möglich zu berücksichtigen.
Frage 5:
Wie ist die offensichtliche Veränderung bei den Hygienestandards zu erklären?
Antwort:
Das Referat für Bildung und Sport kann keine Veränderung der hygienischen Qualität feststellen. Für das Verpflegungssystem Cook & Freeze werden sowohl die portionierbaren Blöckchen als auch die Mehrportionsschalen den hygienerechtlichen Vorgaben entsprechend verpackt und tiefgekühlt vom Lieferanten angeliefert, anschließend durch die Einrichtungen hinsichtlich der HACCP
1-Richtlinien der LHM geprüft, eingelagert und auf
die erforderliche Kerntemperatur erhitzt. In den Einrichtungen mit dem Verpflegungssystem Cook & Chill werden durch den Münchner Anbieter die Speisen in Mehrportionsschalen täglich angeliefert und bei entsprechender Kühltemperatur gelagert, bis im Laufe des Vormittages der Regeneriervorgang (Erhitzen auf die erforderliche Kerntemperatur) erfolgt.
Die verwendeten Gastronorm-Behälter werden wie das Speisegeschirr in gewerblichen Spülmaschinen nach hygienischen Standards gespült, so dass auch insofern keine Veränderung bei den Hygienestandards festzustellen ist.
Frage 6:
Gibt es Erkenntnisse aus anderen Einrichtungen über Probleme beim Anbieter wechsel?
Antwort:
Für einen Teil der Einrichtungen, die von einem Anbieterwechsel betroffen waren, stellte insbesondere das Sortiment des neuen Anbieters dahingehend eine Umstellung dar, als dass sich die Kinder bei einigen Speisen an andere Rezepturen gewöhnen mussten bzw. für Kinder mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten die jeweils geeigneten Komponenten aus dem neu-en Katalog bestellt werden mussten. Sowohl die Anbieter als auch das RBS standen den Einrichtungen bei der Umstellung selbstverständlich beratend zur Verfügung.
Zu berücksichtigen ist außerdem, dass jeder der ermittelten Anbieter die hohen qualitativen Anforderungen aus dem der Ausschreibung zugrunde liegenden Kriterienkatalog erfüllen muss und hierauf seitens des RBS geachtet wird. Zwischenzeitliche Erkenntnisse werden durch das RBS neben anlassbezogenen Erörterungen in den turnusmäßigen Gesprächen mit den Anbietern bzw. in Lieferantenaudits thematisiert, um evtl. vorhandene Probleme bzw. Beschwerden zufriedenstellend zu lösen.
Frage 7:
Wie ist der Personalmehraufwand gerechtfertigt und wurde dieser in die Kostenkalkulation einbezogen?
Antwort:
Ein Personalmehraufwand kann bislang weder im Verpflegungssystem
Cook & Freeze noch im Verpflegungssystem Cook & Chill festgestellt werden. Dabei ist es im Verpflegungssystem Cook & Freeze unabhängig davon, ob die Komponenten im Blöckchen-System oder in Mehrportionsschalen angeliefert werden. Für die Einrichtungen, die im Verpflegungssystem Cook & Chill beliefert werden und die sich zum Teil für eine Anlieferung von Komplettmenüs entschieden haben, ergibt sich sogar eine Erleichterung, da hierbei neben den Hauptgerichten auch Vorspeisen wie z.B. Salate bzw. Nachspeisen vom Anbieter geliefert werden und die Eigenzubereitung insofern entfällt.
Frage 8:
Was ist der Sinn der Vergabe der Aufträge im Losverfahren?
Antwort:
Mit dem Begriff „Losverfahren“ wird eine vergaberechtliche Besonderheit bezeichnet.
§ 97 Abs. 3 GWB verlangt vom öffentlichen Auftraggeber Leistungen in der Menge aufgeteilt oder getrennt nach Art oder Fachgebiet zu vergeben. Diese Aufteilung nennt man „Losverteilung“. Die Losaufteilung dient der Berücksichtigung mittelständischer Interessen bei der Vergabe öffentlicher Auftraggeber, die sich somit auch bei größeren Aufträgen eigenständig und nicht nur in Bietergemeinschaften um den Auftrag bemühen können. Klei-nere und mittelständische Unternehmen sollen so die Chance erhalten, sich im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit zu bewerben.
Es wurden hier aus den beschriebenen Gründen mehrere Lose sorgfältig gebildet, um den Vorgaben des Vergaberechts gerecht zu werden.
Frage 9:
Welche Schlüsse werden seitens des Referates für Bildung und Sport für künftige Ausschreibungen gezogen?
Antwort:
Die Vertragslaufzeit auf Grundlage der erfolgten europaweiten Ausschreibung ist bis zum 31.08.2015 mit Option auf einmalige Verlängerung durch das RBS um bis zu sechs Monate festgelegt. Für die darauf folgenden Vertragslaufzeiten erfolgen jeweils europaweite Folgeausschreibungen.
Die Erfahrungen aus der derzeitigen Vertragslaufzeit werden im Rahmen der vom Stadtrat beauftragten Evaluation und unter Berücksichtigung der Rückmeldungen aus den Einrichtungen in die Vorbereitung und Ausgestaltung der zukünftigen Folgeausschreibungen sinnvoll und vergaberechtskonform einbezogen.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass wir bereits jetzt durch die erfolgte europaweite Ausschreibung in Anwendung des Kriterienkatalogs bedeutende Qualitätsmerkmale umsetzen konnten, die andernorts nicht selbstverständlich sind. In Anbetracht dessen bitte ich um Verständnis, dass anfangs insbesondere für die von einem Anbieter wechsel betroffenen Einrichtungen eine gewisse Umstellung unvermeidbar war.
1 HACCP: Hazard Analysis and Critical Control Points (Gefahrenanalyse und kritische Lenkungspunkte) ist ein vorbeugendes System, das die Sicherheit von Lebensmitteln und Verbrauchern gewährleisten soll (Wikipedia, 14.04.2014)