Mit den diesjährigen Starter-Filmpreisen der Landeshauptstadt München werden Franziska Schönenberger und Jayakrishnan Subramanian für „Amma & Appa“, Paul Meschùh für „Nabilah“ und Helen Simon für „Nirgendland“ ausgezeichnet. Die mit jeweils 6.000 Euro dotierten Starter-Filmpreise werden jährlich für drei künstlerisch herausragende Projekte des Münchner Regie-Nachwuchses verliehen. Der „Starter-Filmpreis/ Produktion“, gestiftet von ARRI Film & TV als geldwerte Leistung in Höhe von 6.000 Euro für die Postproduktion eines künftigen Films, wird an Ozan Mermer für „Bauchladen“ vergeben. Dies hat der Stadtrat der Landeshauptstadt München in seiner gestrigen Sitzung auf Empfehlung einer Jury entschieden.
Ferner wurden die mit jeweils 5.000 Euro dotieren Kinoprogrammpreise 2015 vergeben an: das ARRI-Kino (Christoph Ott und Dagmar Hirtz), das CINEMA-Filmtheater (Dr. Dieter Buchwald), das Kino Solln (François Duplat und Georg Kloster), das Monopol Kino (Markus Eisele und Christian Pfeil), den Rio-Filmpalast (Elisabeth Kuonen-Reich) und an Theatiner Film (Marlies Kirchner). Die jährlich von der Landeshauptstadt München verliehenen sechs Kinoprogrammpreise sind als Auszeichnung für die Programmqualität und eine ansprechende Kinoführung gedacht. Die Preise sollen auch den Einsatz der Münchner Kinobetreiberinnen und -betreiber für den Erhalt der Filmkunst in München würdigen.
Aus den Jurybegründungen:
-Amma&Appavon Franziska Schönenberger und Jayakrishnan Subramanian:
„Globalisierung, Internationalisierung, Interkulturalität –diese Schlag- worte sind zu ständigen Begleitern des Alltagslebens geworden. Was geschieht mit wechselseitigen Erwartungshaltungen, persönlichen
Wunschvorstellungen, Alltagspraktiken, wenn zwei Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen aufeinandertreffen, die sich lieben und heiraten wollen? Diesen Fragen und Aspekten widmet sich der Doku- mentarfilm ,Amma & Appa‘ der deutschen bzw. bayerischen Regisseu- rin Franziska Schönenberger und des indischen Regisseurs Jayakrishnan Subramanian, die zugleich zu den Protagonisten des Films zählen, auf sehr persönliche, intime, aber auch selbstironische Weise.... Mit den filmischen Mitteln der Animation und Anleihen bei Bollywood entwickelt der Film zudem eine Komik, die stets die Brisanz des Themas auch auf ästhetischer Ebene relativiert. Dass am Ende der Aufschub der Heirat nicht als Scheitern, sondern als Chance charakterisiert wird (und die Ehe damit als nur eine Variante menschlichen Zusammenlebens unter vielen anderen), gehört ebenfalls zu den Stärken dieses mitreißenden Nach- wuchsfilms.“
- Nabilah von Paul Meschùh:
„Das Gegenteil von ,gut‘ ist leider oft ,gut gemeint‘. So auch im Kurz- film ,Nabilah‘ von Paul Meschùh, als Bundeswehroffizier Kraus nicht bemerkt, dass seine Rettung des afghanischen Mädchens von ihrer Familie und ihrem Heimatdorf nicht als Heldentat angesehen wird. Paul Meschùh gelingt trotz großer politischer Problematik ein Film, in dem es kein Gutund Böse gibt. Er inszeniert seine Figuren mit humanem Blick, ohne deren Emotionen auszuschlachten, und immer in dem Bewusst- sein, dass jede von ihnen in den existierenden Strukturen gefangen ist: Dramaturgisch spannend und stringent erzählt, nimmt die Erzählung den Zuschauer von der ersten bis zur letzten Minute für sich ein. Das ist anspruchsvolles Kino.“
-Nirgendland von Helen Simon:
„,Nirgendland‘“ ist die filmische Rekonstruktion eines Familiendramas und des dazugehörigen Gerichtsprozesses, den die Enkelin, nach dem Freispruch des Täters, aus Scham nicht überlebt. Mit der Gegenüberstel- lung von intensiven Gesprächen und Gerichtsprotokollen zeichnet der Film ein erschütterndes Bild eines Verbrechens, das Narben hinterlässt, die das Leben der Betroffenen für immer verändern. Der Autorin gelingt es auf äußerst sensible Weise, die Mechanismen des Missbrauchs, der sich in die nächste Generation fortführt, zu zei- gen. Der Mut, dieses schwierige Thema filmisch aufzugreifen, und seine betont sachliche Umsetzung zeichnen die außergewöhnliche Qualität dieses Films aus.“
-„Bauchladen“ von Ozan Mermer (Produktionspreis): „Jackie, hochschwanger, muss ihren Freund Maik morgens bei der Arbeit vertreten, weil der nicht aus dem Bett kommt. Welcher Job das genau ist, erschließt sich den Zuschauern erst nach und nach. An einem
Unort schließlich, einer Brache zwischen Bahngleisen und Straße, unter einer Brücke, steht sie dann am Stammplatz: ein guter Ort, um Drogen an Schulkinder zu verkaufen. Ozan Mermer ist mit dem nur zehnminü- tigen Spielfilm ,Bauchladen‘ ein komödiantisches Drama gelungen, das von einer überzeugenden Hauptdarstellerin getragen wird. Mit einem sehr geringen Budget produziert und mit wenigen Schauplätzen und Darstellern auskommend, schafft es der Film in aller Kürze Spannung zu erzeugen, zu irritieren, zu provozieren und mit einem Augenzwinkern zu einem offenen Ende zu finden.“ Der Jury gehörten an: Dr. Miriam Drewes von der Ludwig-Maximilians-Universität/Theaterwissenschaft, Claudia Engelhardt vom Münchner Filmmuseum, Walter Greifenstein vom Bayerischen Fernsehen, Adrian Prechtel von der Abendzeitung, die Starter-Filmpreisträgerin 2014, Isa Micklitza, Daniel Sponsel vom DOK.FEST München und aus dem Stadtrat Kathrin Abele und Christian Vorländer (beide SPD-Fraktion), Ulrike Grimm und Marian Offman (beide CSU-Fraktion) sowie Sabine Nallinger (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/Rosa Liste).
Die Verleihung der Starter-Filmpreise und der Kinoprogrammpreise 2015 findet am Mittwoch, 14. Oktober, im Rahmen einer geschlossenen Feier im ARRI-Kino statt.
Ausführliche Informationen und Jurybegründungen sind im Internet unter www.muenchen.de/kulturfoerderung, Stichwort „Preise“ oder unter presse.kulturreferat@muenchen.de abrufbar.