Münchner Regionalerden künftig frei von Torf anbieten
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider und Tobias Ruff (ÖDP) vom 9.4.2015
Antwort Kommunalreferent Axel Markwardt:
In Ihrem Antrag vom 9.4.2015 fordern Sie:
„Der Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) bietet unter dem Namen ‚Münchner Erden’ nur noch torffreie Erden an und bewirbt diese offensiv.“
Sie begründen Ihren Antrag damit, dass der AWM damit wirbt, auf dem Entsorgungspark Freimann einen großen Teil des Bioabfalls aus der braunen Tonne zu kompostieren und das Endprodukt „Münchner Erden“ energie- und CO2-effizient herzustellen. Darüber hinaus würde der regionale Wirtschafts- und Wertstoffkreislauf gestützt. Leider seien aber die als Sackwaren käuflichen Münchner Erdenprodukte derzeit nur torfreduziert, mit einer Beimischung von 45% Torf. Torffreie Erden aus München gibt es nur als lose Ware im Erdenwerk Freimann bei einer hohen Mindestabnahmemenge von 100 kg statt 40 Liter. Nach
Ihrer Meinung würde die Beimengung von Torf die positiven Effekte der Erdenherstellung von Bioabfällen konterkarieren.
Immer mehr Hersteller von Gartenerden ersetzen deshalb Torf durch Komposte, Rindenhumus oder Holzfasern. Der AWM sollte diesem
Beispiel folgen.
Nach § 60 Abs. 9 Geschäftsordnung (GeschO) dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrags betrifft ein laufendes Geschäft des Eigenbetriebs, dessen Besorgung nach Art. 88 Abs. 3 Satz 1 Gemeindeordnung (GO) in Verbindung mit der Betriebssatzung des AWM der Werkleitung obliegt. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erfolgt eine Beantwortung in dieser Form.
1. Allgemeines zur Verwendung von Torf bei der Herstellung der „Münchner Erden“
Torfabbau steht zu Recht schon seit vielen Jahren aufgrund der
Trockenlegung von Mooren unter Kritik. Darum hat sich auch der AWM bei der Entwicklung des Konzeptes der „Münchner Erden“ eingehend mit diesem Thema beschäftigt.Der AWM stellt die Münchner Erden in Kooperation mit der Humus- und Erdenkontor GmbH (HEKO) her. In deren Unternehmensphilosophie liegt der Schwerpunkt auf der ökologischen Produktion von stark torfreduzierten Produkten auf Basis RAL-gütegesicherter Komposte. Im Sinne der
Leitidee „Aus der Region für die Region“ ist es besonders wichtig, dass die Erdenprodukte Nachhaltigkeit sichern, regionale Wertschöpfung unterstützen und selbstverständlich in Premiumqualität realisiert werden. Dabei profitiert der AWM von umfassenden Kenntnissen, dem Know-how und der langjährigen Erfahrung von Experten und wird somit in die Lage versetzt, Erden professionell herzustellen.
Die Erkenntnis, die aus der Zusammenarbeit gewonnen wurde, ist, dass ein vollständiger Torfersatz auf Gärrestekompost-Basis sehr aufwendig und die Herstellung von torffreien Erden in Premiumqualität nahezu unmöglich ist. Daher wird bei unseren Produkten der technisch größtmögliche Anteil ersetzt, ohne dass dabei die Qualität sinkt. Bei den Sackwaren ist es uns gelungen, den Torf bis zu 50 Prozent zu ersetzten. Im Bundesdurchschnitt liegt dieser Anteil gerade mal bei 23 Prozent bei Blumenerden für den Hobbygartenbau und weniger als sieben Prozent bei Substraten für den Produktionsgartenbau.So kann je handelsüblichem 45 Liter-Sack regionaler, kompostbasierter Münchner Premiumerde im Vergleich zu einer durchschnittlichen Blumenerde fünf Kilogramm CO2 eingespart werden. Gerechnet auf die heutige Menge verkaufter Säcke „Münchner Erde“ sind diese bereits rund 50 Tonnen CO2 allein im Jahr 2014.
Bei einem Kompostanteil von mindestens 50 Prozent muss
ein nährstoffneutrales Streckmittel eingesetzt werden, um die
Anwendungssicherheit für gärtnerische Zwecke zu gewährleisten. Da Kompost zudem eine hohe Dichte aufweist, ist die Zugabe eines luftig-lockeren Materials notwendig. Dadurch wird die von einer
Premium Blumenerde erwartete ausreichende Wasserspeicher- und
Luftführungskapazität erreicht. Dies ist vor allem bei dem sehr sensiblen Anwendungsbereich der Topfpflanzen, bei dem nur ein begrenzter Raum für das Wurzelwachstum zur Verfügung steht, von besonderer Bedeutung.
Torf erfüllt diese Anforderungen in nahezu idealer Weise und ist zudem frei von Schädlingen, Krankheitserregern und Unkräutern. Dies ist der Grund warum er sich vor allem im Bereich der Gefäßkulturen so durchgesetzt hat. Torf als Grundlage in Blumenerden sichert dem Anwender aufgrund seiner besonderen biologischen, chemischen und physikalischen Eigenschaften einen sehr guten Wachstumserfolg.2. Faktoren, die die Verwendung von Torfersatz erschweren
Torffreie gärtnerische Erden sind in der Herstellung sehr teuer. Dies liegt vor allem an den Ersatzstoffen wie Rindenhumus, Holz- und Kokosfasern, die in Herstellung und Transport sowie aufgrund ihrer begrenzten Verfügbarkeit auf dem Marktim Vergleich zu Torf erhebliche Mehrkosten mit sich bringen. Die Ersatzstoffe müssen zudem hochwertig sein, sonst kann z.B. durch die Zersetzung von Holzfasern Stickstoff verbraucht werden. Dieser fehlt dann als wichtiger Nährstoff den Pflanzen.
Bei einem sehr hohen Anteil von Torfersatzstoffen wird die fertige Erde extrem teuer und daher für einen großen Teil der Kunden nicht mehr akzeptabel. So kostete eine gut funktionierende torffreie Erde 2014 im Handel bereits 10 Euro je 20 Liter. Der AWM ist bestrebt, den Preis für die Münchner Regionalerden auf einem für den Verbraucher akzeptablen und erschwinglichen Niveau zu halten (d.h. mittleres Preisniveau, aktuell 4,15 Euro je 20 Liter bzw. 7,90 Euro je 45 Liter). Nur so kann ein breiter Verkauf erreicht werden. Insgesamt betrachtet ist der Torfeinsparungseffekt größer, wenn viel torfreduzierte Erde verkauft wird (attraktive Qualität, attraktiver Preis), als wenn torffreie Erde in nur kleinen Mengen verkauft wird, denn nur ein kleiner Kundenkreis greift auf das teure Spezialprodukt zurück.
3. Torfersatzstoffe
Die Verfügbarkeit von Torfersatzstoffen wie Grüngutkomposte,
Rindenhumus und Holzfasern hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Bedingt durch die politische Zielsetzung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ist eine bundesweite Verknappung dieser
Materialien für die Erdenproduktion und damit als Torfersatz zu beobachten, was sich auch auf die Preise niederschlägt.
3.1 Holzfaser
Holzfasern sind aufgrund ihres geringen Gewichts ein bevorzugter Torfersatzstoff. Jedoch haben diese Fasern den Nachteil, dass sie oft nicht stickstoffstabil sind und derzeit mit dem heutigen Stand der Technik lediglich bis zu maximal 20 Prozent in den Mischungen eingesetzt werden können. Häufig werden diese mit Ruß geschwärzt, damit ihre helle Farbe das vom Verbraucher gewünschte Produktbild für Blumenerde nicht beeinträchtigt. Dies bringt wiederum Schadstoffbelastungen mit sich.
3.2 Kokosfaser
Kokosfasern sind in den meisten torffreien Erden in Baumärkten und Garten-Centern enthalten. Aufgrund der weiten Transportwege aus Sri Lanka, Philippinen, Indonesien, Malaysia oder Indien und des hohen Süßwasserverbrauchs bei der Aufbereitung ist die Verwendung von Kokosfasern aber ökologisch nicht sinnvoll.3.3 Komposte
Mit den süddeutschen Komposten gestaltet sich der Torfersatz aufgrund des höheren Anteils an basisch wirksamen Stoffen schwieriger als im Norden: die pH-Werte sind aufgrund der höheren Kalziumgehalte nicht stabil. Im Freiland kann man höhere pH-Werte (max. bis 7) bei gärtnerischen Erden akzeptieren, aber nicht im Topf. Für die Produktion der Münchner Erden kommen Gärrestekomposte der
Trockenfermentationsanlage des AWM zum Einsatz. Dabei steht beim AWM der Kreislaufgedanke im Vordergrund: Von der Biotonne zum
Kompost, der zu hochwertigen Erden verarbeitet wird. Leider verhindert der bei Gärrestkomposten typisch erhöhte Salzgehalt, erhöhte pH-Wert und lösliche Stickstoff die alleinige Verwendung von Kompost als Pflanzsubstrat.Um ein pflanzenverträgliches und wachstumsförderndes Substrat zu erhalten, ist die Streckung mit einem Rohstoff notwendig, der selbst keine Nährstoffe mitbringt und den pH-Wert gut abpuffert. Dies ist bei einem Einsatz von 50 Prozent Gärrestekompost leider nur mit Torf möglich. Alternativen müssen teuer zugekauft werden und bringen weitere Nachteile mit sich (siehe oben).
3.4 Rindenhumus
Aufgrund der biologischen Aktivität ist eine stabile Einhaltung von pH-Wert und Nährstoffzusammensetzung nur begrenzt möglich. Außerdem ist Rindenhumus deutlich schwerer als Torf. Im Bezug auf den Transport ist daher die CO2-Bilanz für torfreduzierte Blumenerden sogar günstiger als bei torffreien Produkten.
Deshalb ist der AWM der Ansicht, dass es seitens der Verbraucher sinnvoll ist, eine regional hergestellte Blumenerde einzukaufen, die zwar noch einen gewissen Torfanteil hat, bei der Herstellung und Vermarktung aber nur kurze Transportwege durchläuft.
Außerdem verweist der AWM darauf, dass über mittelfristig vom AWM geplante Erdenproduktionen für das gesamte Sortiment Münchner
Erden Torf weniger als lediglich 10 Prozent der insgesamt eingesetzten Rohstoffmengen ausmacht. Aus diesem Grund werden die Münchner
Erden auch vom Landesbund für Vogelschutz unterstützt.
4. Ausblick
Für die Zukunft ist eine torffreie Erde im AWM-Produktsortiment geplant. Diese muss jedoch eine Rezeptur aufweisen, die den hohen Qualitätsansprüchen und dem Leitbild „Aus der Region für die Region“ entspricht. Derzeit stehen dem AWM leider keine eigenen Flächenz.B. für die Herstellung von Rindenhumus und Grüngutkomposten zur Verfügung und es müssen zuverlässige Lieferanten, die Qualitäten und Konditionen einhalten können, gefunden werden. Daher wird ein torffreies Produkt noch eine Entwicklungszeit von etwa zwei Jahren in Anspruch nehmen. Dieses Produkt hat aufgrund der vorab genannten Ausführungen nur einen eingeschränkten Einsatzbereich für einfache Pflanzungen. Aus Gewährleistungsgründen kann ein Einsatz im Profigartenbau nicht empfohlen werden. Um einen wichtigen Kundenstamm zu behalten,
müssen daher noch andere torfreduzierte Produkte im Angebot bleiben.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.