Kahlschlag am Hüllgraben?
Anfrage Stadträtin Sabine Krieger (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/Rosa Liste) vom 4.3.2015
Antwort Referat für Stadtplanung und Bauordnung:
Mit Schreiben vom 4.3.2015 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.
Wir bedanken uns zunächst für die gewährten Fristverlängerungen bis zum 15.4. bzw. 29.5.2015 zur Beantwortung Ihrer Anfrage.
Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
Der Stadtrat habe am 28.3.2012 den Bebauungsplan mit Grünordnung Nr. 1539 zum Hüllgraben beschlossen, der u.a. Regelungen
und Festsetzungen zum vorhandenen Baumbestand sowie zu
Geländeformationen als Lebensraum für Kleintiere enthalte.
Der Erhalt besonders schutzwürdiger Bäume – hier v.a. eine große Schwarz-Pappel – sei nach Einwendungen des Bund Naturschutzes
zugesichert worden. Ebenso sollte der Erhalt einer Senke nord-östlich des Hüllgrabens ermöglicht werden, um den Lebensraum und das Kleinklima für verschiedene Kleintiere zu schützen.
Die Berücksichtigung dieser Einwendungen seien durch Planänderung, Festsetzungen und Einsatz geeigneter technischer Maßnahmen
gewährleistet worden.
Durch die derzeit laufenden Baumaßnahmen am Hüllgraben seien
jedoch der Mutterboden abgeschoben sowie vorhandene Silber-Weiden beschädigt worden. Diese seien nun, wie die geschützte Schwarz-Pappel, zur Fällung vorgesehen.
Die von Ihnen gestellten Fragen betreffen teilweise Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich des Referates für Stadtplanung und Bauordnung sowie des Baureferates fallen, deren Beantwortung
untereinander abgestimmt wurde.
Der Bebauungsplan mit Grünordnung Nr. 1539 wurde am 26.9.2012 als Satzung beschlossen.
Frage 1:
Wurde dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung ein Pflege- und Entwicklungskonzept vorgelegt wie im Stadtratsbeschluss beschlossen?Antwort:
Dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung wurde ein Pflege- und Entwicklungskonzept vorgelegt. Die Verpflichtung zur Vorlage dieses Konzeptes durch die Planungsbegünstigte, das im Einvernehmen mit dem Baureferat und dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung zu entwickeln und umzusetzen ist, sowie die zeitliche Vorgabe hierzu, sind im städtebaulichen Vertrag vom 28.10.2010 vereinbart worden.
Frage 2:
Wenn ja, wurde dieses auf die Vorgaben des Stadtratsbeschlusses abgestimmt?
Antwort:
Das Pflege- und Entwicklungskonzept wurde auf die Vorgaben des
Stadtratsbeschlusses abgestimmt. Es musste aber aufgrund neuer
Erkenntnisse, die nach dem Satzungsbeschluss zur Belastung des
Planungsgebietes mit Kampfmitteln (2012 und 2013) gewonnen
wurden, fortgeschrieben werden, um die gutachterlichen Ergebnisse zur Freimachung sämtlicher Grundstücksteile zu berücksichtigen. Gegenüber den ersten Ergebnissen aus den Voreinschätzungen wurde eine erheblich größere, mit Kampfmitteln belastete Fläche festgestellt. Dieses Konzept wurde im Einvernehmen mit den zuständigen Fachreferaten und
Dienststellen erstellt.
Das grundsätzliche Ziel des Bebauungsplans mit Grünordnung Nr. 1539, die festgesetzten Bereiche der „Flächen mit besonderen
Entwicklungsmaßnahmen“ in Richtung artenreicher Magerrasen
zu entwickeln und extensiv zu pflegen, blieb von der geänderten Ausgangslage unberührt. Durch die erforderlichen, stärkeren Eingriffe in das Bodengefüge erhöhte sich lediglich der ursprünglich angenommene Anteil der Flächen mit Bodenabtrag und anschließender Ansaat von Magerrasen von ca. 23% auf nun ca. 38%.
Die Arbeiten zur Entmunitionierung begannen im Jahr 2013 und konnten bis auf wenige Restflächen 2014 abgeschlossen werden. Die Umsetzung zur Wiederherstellung der Ausgleichsflächen verlief parallel.
Frage 3:
Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Siehe Antwort zur Frage 2.Frage 4:
Warum wurde hier der Beschluss des Stadtrates, die Mulde und die Bäume zu erhalten, ignoriert?
Antwort:
Die Mulde wird nach Herstellung der Kampfmittelfreiheit in ihrer ursprünglichen Ausformung erhalten und als Lebensraum für Arten wie Zauneidechsen und Wildbienen modelliert. Die in der Mulde befindlichen Silberweiden konnten, obwohl deren Erhalt nicht im Bebauungsplan festgesetzt ist, durch Anpassung des Wegeverlaufs erhalten werden. Bei einer der beiden Silberweiden in der Mulde wurde während der Bodenarbeiten zur Kampfmittelfreimachung vermutlich durch ein
Baufahrzeug die Stammrinde an zwei Stellen beschädigt. Aus fachlicher Sicht sind diese Schäden heilbar und führen nicht zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Baumes.
Diese Arbeiten stehen nicht im Widerspruch zu den Festsetzungen
des Bebauungsplanes oder zu den Inhalten des Pflege- und
Entwicklungsplanes.
Nach unserer Erkenntnis bestehen keine Absichten die Schwarz-Pappel zu beseitigen. Eine Beseitigung der Weiden bedürfte keiner Fällerlaubnis, ist jedoch weder erforderlich noch vorgesehen.
Frage 5:
Warum wurde nicht sichergestellt, dass die Grundstücksbesitzerin die Ausgleichsmaßnahmen so durchführt wie im B-Plan vorgesehen?
Antwort:
Die konkret durchzuführenden Bauleistungen hat der Erschließungsträger vertragsgemäß mit dem Baureferat abgestimmt und durchgeführt. Eine Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes ist nicht
festzustellen. Wie unter Frage 2 dargestellt, mussten jedoch neuere Erkenntnisse aus den Erkundungen zur Belastung mit Kampfmitteln in das Pflege- und Entwicklungskonzept eingearbeitet und umgesetzt werden.
Frage 6:
Welche Konsequenzen hat die Nichtbeachtung des im B-Plan zugesicherten Schutzes der Fläche und der Bäume?
Antwort:
Siehe Antworten zu den Fragen 4 und 5.Frage 7:
Wer kontrolliert die Umsetzung von Stadtratsbeschlüssen zu Ausgleichsmaßnahmen?
Antwort:
Vorgaben zu Ausgleichsmaßnahmen und erforderliche Kontrollmaßnahmen sind im städtebaulichen Vertrag, bzw. im Bebauungsplan mit Grünordnung durch das Monitoring im Umweltbericht festgelegt.
Für die im Bebauungsplan festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen ist das Referat für Stadtplanung und Bauordnung als Überwachungsdienststelle für den verwaltungsrechtlichen Vollzug, sowie das Baureferat für die fachliche Qualität der Umsetzung verantwortlich. Das Referat für Gesundheit und Umwelt sowie die Untere Naturschutzbehörde beraten kooperativ.
Die Umsetzung von Ausgleichsflächen, die aus Stadtratsbeschlüssen resultieren, wird zwischen dem Erschließungsträger und dem Baureferat in einem Herstellungsvertrag vereinbart, sofern dem Baureferat die Flächen und deren Pflege übertragen werden. Voraussetzung für die Übernahme ist die Einhaltung der Vorgaben des Pflege- und Entwicklungsplanes sowie der einschlägigen technischen Regelwerke und Standards, die nach der Herstellung in Abnahmeprotokollen dokumentiert werden. Für die langfristige Entwicklung der Ausgleichsflächen werden regelmäßige Zielkontrollen auf Übereinstimmung mit den Zielen des Bebauungsplanes bzw. des Pflege- und Entwicklungsplanes bis 20 Jahre nach Herstellung der Ausgleichsflächen vorgenommen.
Frage 8:
Wer hat die Planungen für einen Landschaftsradweg auf dieser Fläche veranlasst, obwohl es einen Stadtratsbeschluss gibt, die Bäume und Mulde so zu erhalten?
Antwort:
Der „Landschaftsradweg“ ist im Bebauungsplan mit Grünordnung Nr. 1539 als Fuß- und Radweg hinweislich dargestellt. Neben der Funktion des Weges für die Erholungsnutzung und deren Lenkung, stellt dieser die dauerhafte Erschließung des Gewerbegebietes für Rettungsfahrzeuge (Forderungen seitens der Branddirektion) sicher. Dies ist aufgrund einer Stichstraßenerschließung und einer möglichen Blockade des Straßenquerschnittes zwingend erforderlich. Der Weg wurde so konzipiert, dass der Erhalt der Mulde und Bäume grundsätzlich möglich ist. Die Verlagerung des Landschaftsradweges nach Norden bewirkt zum einen,dass die Belange des Artenschutzes besser berücksichtigt werden können, da der vorhandene Weg bislang Störungen der vorhandenen Zauneidechsenpopulation verursachte. Zum anderen können dadurch Beeinträchtigungen des vorhandenen Baumbestands reduziert werden. Details zur verträglichen Herstellung können erst im Rahmen der Ausführungsplanung festgelegt werden.