Darstellung der Unfallzahlen Radfahrer – Fußgänger auf der Nord- Süd-Querung durch die Altstadt
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner und Sabine Nallinger (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/Rosa Liste) vom 13.10.2015
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (I) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 13.10.2015 haben Sie gemäß § 68 GeschO oben genannte Anfrage an Herrn Oberbürgermeister Reiter gestellt.
In Ihrer Anfrage führen Sie aus, dass die Mehrheitsfraktionen im Stadtrat angekündigt haben, den Radverkehr künftig nicht mehr durch die Altstadt auf der derzeitigen Nord-Süd-Querung fahren zu lassen, weil das Unfallrisiko durch undisziplinierte Radfahrerinnen und Radfahrer hoch sei. Sie fordern in Ihrer Anfrage die Stadtverwaltung auf, Unfallzahlen oder dokumentierte Erkenntnisse darzustellen, um eine seriöse und ausgewogene Beschlussfassung am 11.11.2015 möglich zu machen.
Die Fragen Nr. 1 - 4 werden vom zuständigen Polizeipräsidium München wie folgt beantwortet:
Frage 1:
Wie viele Unfälle mit Personenschaden zwischen RadfahrerInnen und FußgängerInnen ereigneten sich 2014 und von Januar bis Ende September 2015 zwischen Rindermarkt und Odeonsplatz? Bitte nach Jahren getrennt auflisten.
Antwort:
2 014
13.2.2014
Person übersah in Dienerstraße 12 beim Überschreiten der Fahrbahn eine berechtigt querend Rad fahrende Person. Beide stürzten auf die Fahrbahn. Beide leicht verletzt.
23.8.2014
Eine Person wurde auf der Fahrbahn des Marienplatzes von einem Rad angefahren und leicht verletzt. Vorgang wurde erst später angezeigt und ist nicht gesichert.
2 015
10.8.2015
Person betrat am Marienplatz unvermittelt die Fahrbahn und übersah hierbei eine auf der Fahrbahn berechtigt querend Rad fahrende Person. Siewurde dabei durch ein Radpedal am Bein leicht verletzt. Vorgang durch Zeugen gesichert.
Frage 2:
Wie viele Schwerverletzte im Sinne der amtlichen Unfallstatistik werden aufgeführt?
Antwort:
Es werden keine Schwerverletzten aufgeführt.
Frage 3:
Wie viele der Unfälle ereigneten sich prozentual an vermeidbaren oder zumindest reduzierbaren Engstellen, z. B. durch Lieferwägen, Freischank- flächen, parkende Fahrzeuge in der Dienerstraße, Kfz-Verkehr in der Dienerstraße, etc.?
Antwort:
Dem Polizeipräsidium München sind an genannten Örtlichkeiten keine Unfälle bekannt.
Frage 4:
Wie häufig war die Schuld eindeutig einem Radfahrer/einer Radfahrerin zuzuschreiben?
Antwort:
Dem Polizeipräsidium München ist nach angefragter Konstellation kein solcher Fall bekannt.
Zur Ergänzung darf Grundsätzliches angeführt werden:
Die Spezifizierung auf Unfälle explizit zwischen Rad Fahrenden und zu Fuß Gehenden ergab bei der Auswertung der in der polizeilichen Datenbank vorhandenen Unfälle nur eine verschwindend geringe Ausbeute. Dies ist allerdings nicht ungewöhnlich, ist doch die Gesamtzahl der Unfälle mit irgendeiner Radbeteiligung ebenfalls zu vernachlässigen.
Es traten noch Fälle auf:
- Pkw biegt rechts ab und übersieht rechts geradeaus Rad fahrende Person
- Pkw übersieht beim Wenden entgegen kommende Rad fahrende
Person (Schuldfrage nicht sicher)
- Rad fahrende Person fährt gegen Blumentrog (Alleinunfall)
- Person schiebt Fahrradrikscha rückwärts gegen ein Polizeifahrzeug- Rad fahrende Person stürzt mit Rad über am Odeonsplatz verlegte Kabel (Alleinunfall)
- Links abbiegender Fahrzeugführer übersieht links überholende Rad fahrende Person (Schuldfrage nicht sicher)
- Pkw fährt gegen abgestellte Rikscha
- Rückwärts fahrender Pkw-Fahrer übersieht hinter ihm auf dem Rad sitzend wartende Person
- Rad fahrende Person überholt andere und kollidiert dabei seitlich - Rad fahrende Person bremst wegen querender Fußgänger ab, dahinter befindliche Rad Fahrende Person fährt auf
- Rad fahrende Person fährt an Pkw vorbei, berührt und verkratzt diesen - Rad fahrende Person stürzt ohne Fremdeinwirkung und verletzt sich. Ursache nicht geklärt.
Diese Aufstellung mit Radbeteiligung zeigt, dass zwar immer wieder etwas passiert. Jedoch kann eine Häufung einer bestimmten Unfallart noch nicht einmal im Ansatz erkannt werden. Die Durchsicht der Unfälle ließ erkennen, dass auch die hier genannten Unfälle auf diese Art nur einmal passierten. Unter Zugrundelegung der tatsächlichen Zahlen an Menschen, die zu Fuß, mit dem Rad oder einem Kraftfahrzeug unterwegs sind, ist die Anzahl der Unfälle – gleich ob spezifisch oder in der Gesamtheit – als verschwindend zu bezeichnen. Es bedarf schon der direkten Einzelüberprüfung, um überhaupt Unfälle spezifizieren zu können.
Bei der angefragten Konstellation muss allerdings von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden. Viele Berührungen enden nur im Wortgefecht oder durch eigenen Austausch der Personalien. Jedoch muss hierbei beachtet werden, dass dies einfach gelagerte Fälle sind, welche seitens der Bürgerinnen und Bürger nicht einer Anzeige für Wert erachtet werden. Explizite Aussagen hierüber sind nicht möglich.
Die Fragen Nr. 5 und 6 werden vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet:
Frage 5:
Welche Ergebnisse wurden bei Verkehrsbeobachtungen des Planungsrefe- rates dokumentiert?
Antwort:
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung führt seit 2008 zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten Verkehrsbeobachtungen in der sogenannten Nord-Süd-Querung für den Radverkehr (Residenzstraße/Diener-straße) durch. Hierbei wird die Zahl der passierenden Radfahrerinnen und Radfahrer gezählt und festgehalten, wie viele sich hinsichtlich der Fahrgeschwindigkeit oder anderer Verhaltensweisen (z. B. Klingeln) unangemessen bzw. gefährdend verhalten und wie viele Konfliktsituationen tatsächlich auftreten. Bei den bisherigen Untersuchungen bewegt sich der Anteil der in diesem Sinne auffälligen Radfahrerinnen und Radfahrer in der Regel unter 5%. Die allermeisten beobachteten Radfahrerinnen und Radfahrer fahren vorausschauend und rücksichtsvoll. Da in diesem Bereich täglich bis zu 15.000 Radfahrerinnen und Radfahrer unterwegs sind, bedeutet allerdings auch schon ein geringer Anteil an unangemessenem Verhalten eine relativ hohe absolute Zahl an Auffälligkeiten. Im Ergebnis zeigen die ermittelten Zahlen der Konfliktbeobachtungen aber deutlich, dass von einem hohen Unfallrisiko durch undisziplinierte Radfahrerinnen und Radfahrer nicht ausgegangen werden kann.
Frage 6:
Wie viele RadfahrerInnen queren die Altstadt durchschnittlich an einem üb- lichen Werktag oder haben dort Ziel oder Quelle? Wie hoch ist prozentual dazu die Unfallquote FußgängerIn-RadfahrerIn bzw. die Quote an schwer- wiegenden Unfällen?
Antwort:
Der Radverkehr ist starken jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen. Aufgrund der Wetterabhängigkeit findet der Radverkehr in Deutschland vorrangig in den wärmeren Monaten zwischen April/Mai und September/ Oktober statt. Betrachtet man diesen Zeitraum, der auch als Radverkehrssaison bezeichnet wird, liefert die Radverkehrszählstelle an der Residenzstraße für das Jahr 2015 eine durchschnittliche Zahl von ca. 7.300 querenden Radfahrerinnen und Radfahrer pro Werktag. In diesem Zeitraum liegen Spitzentage mit knapp 12.000 Querenden aber auch Tage mit Zahlen von unter 1.000 gezählten Radfahrerinnen und Radfahrer, vermutlich bedingt durch Regenwetter und geringere Temperaturen.
Daten zu Ziel- und Quellverkehr können nicht geliefert werden. Die dauerhafte Radverkehrszählstelle registriert lediglich den an dieser Stelle querenden Radverkehr.
Die Unfallquote zwischen zu Fuß gehenden und mit dem Rad fahrenden Personen als auch die Quote an schwerwiegenden Unfällen liegt jeweils bei 0,0 Prozent.Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung beabsichtigt, im Zuge der Umsetzung des Gesamtverkehrskonzepts „Nord-Süd-Querung der Altstadt für den Radverkehr“ die Entwicklung des Verkehrsgeschehens vor und nach der Umsetzung durch Verkehrserhebungen an neuralgischen Punkten zu beobachten.