In Neuaubing entsteht auf dem Gelände des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers an der Ehrenbürgstraße 9 ein Lern- und Erinnerungsort. Er wird an das NS-Dokumentationszentrum München angegliedert, das in seiner Dauerausstellung u.a. das Thema „Zwangsarbeit im nationalsozialistischen Staat” behandelt.
Zwischen 1939 und 1945 gab es 550 Zwangsarbeiterlager allein im Großraum München. Heute ist nur noch das Baracken-Ensemble in Neuaubing als Geschichtszeugnis im Stadtraum erhalten. Neben dem Lager in Berlin-Schönweide ist es eines der letzten baulichen Zeugnisse dieser Art und Zeit. Zwischen 1943 und 1945 waren an der Ehrenbürgstraße zeitweise bis zu 600 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus von der Wehrmacht besetzten Ländern untergebracht. Zwangsarbeit war eines der zentralen Unterdrückungsinstrumente im NS-Staat.
In den vergangenen Jahren hat das Stadtarchiv München gemeinsam mit dem Kulturreferat die wichtigsten Eckdaten zur Geschichte des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers Neuaubing erforscht und erste Konzeptideen für die künftige Nutzung als Erinnerungsort vorgelegt. Der Stadtrat hat auf dieser Basis beschlossen, zunächst die weitgehend ursprünglich erhaltene „Baracke 5” und dann auch das umgebende Gelände anzukaufen. Zum Konzept des Erinnerungsortes gehören ein Rundgang auf dem Gelände mit Informationspunkten, pädagogische Angebote und ein Audioguide, den Schülerinnen und Schüler entwickeln. Mit der doppelten Schwerpunktsetzung auf Ausstellungs- und Bildungsarbeit am authentischen Ort soll in Neuaubing die Vergegenwärtigung von Geschichte mit einem Auftrag für Gegenwart und Zukunft verknüpft werden.
Ausgangspunkt für den künftigen Erinnerungsort „Zwangsarbeiterlager Neuaubing” ist die denkmalgeschützte „Baracke 5“, die von herausragender erinnerungskultureller Bedeutung ist. Sie wurde in den letzten Monaten baulich gesichert. Mit der Planung und Durchführung der kon- servatorisch und statisch aufwändigen Erhaltungsmaßnahmen wurde die Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung mbH (MGS) beauftragt. Ziel war es die Baracke baulich zu sichern, dem Charakter des Einzeldenkmals gerecht zu werden und das historische Gebäude mit all den bisherigen Zeitschichten erfahrbar zu machen. Die entsprechenden Maßnahmen sind nun abgeschlossen. Sie wurden maßgeblich finanziert aus Mitteln des städtischen Kulturbaufonds.
Die „Baracke 5” wurde nicht im Ursprungszustand rekonstruiert, sondern im heutigen Zustand erhalten. An den Spuren der letzten Jahrzehnte bleibt damit auch die Geschichte des Ortes bis in die Gegenwart ablesbar. Verschiedene „Zeitschichten” werden beispielsweise durch unterschiedliche Fassadenschichten anschaulich.
Bei einem Ortstermin wird die „Baracke 5” heute an Professor Dr.-Ing. Winfried Nerdinger, Gründungsdirektor des NS-Dokumentationszentrums München, übergeben.
„Das NS-Dokumentationszentrum München haben wir am Königsplatz mitten im ehemaligen Parteiviertel der NSDAP errichtet – also am authentischen Ort. Es war uns wichtig, konkrete und auch anschauliche Bezüge zwischen Historie und Gegenwart herzustellen. In Neuaubing können wir an das Thema Zwangsarbeit in München und die Schicksale der Menschen am Ort des Geschehens erinnern. Es wird deutlich, dass Ausgrenzung und Ausbeutung unter den Augen der Bevölkerung stattfanden. Auch heute gibt es wieder vermehrt rechtsextreme Tendenzen, denen wir entgegentreten müssen. Dazu leisten Informationen an Orten wie diesen und eine klare demokratische Positionierung im Alltag einen wichtigen Beitrag”, so Dr. Hans-Georg Küppers, Kulturreferent der Landeshauptstadt München. „Aufbauend auf den bereits vorliegenden Erkenntnissen und dem vom Stadtrat beschlossenen Konzept wird das NS-Dokumentationszentrum München diesen Erinnerungsort mit seiner Dokumentation und seinen Angeboten verschränken. In Neuaubing soll das in der Dauerausstellung des NS-Dokumentationszentrums zentrale Thema der Zwangsarbeit im nationalsozialistischen Staat vertieft werden und eine lokale Verortung erhalten. Mir ist wichtig, den Besucherinnen und Besucher zu zeigen, wie sehr das nationalsozialistische Unterdrückungssystem mit dem Alltag der Münchner verknüpft war. Viele Bürgerinnen und Bürger werden durch den Erinnerungsort sicherlich einiges Neues über die NS-Zeit in München erfahren,” so Professor Dr.-Ing. Winfried Nerdinger, Gründungsdirektor des NS-Dokumentationszentrums München.
„Das gesamte Gelände mit seiner Historie und den heute sehr vielfältigen Nutzungen ist ein besonderer Ort für den Stadtteil Freiham, der ‚Münchens größtes Neubaugebiet‘ ist. Das Kommunalreferat hat mit dem Ankauf des Areals zwischen der Ehrenbürgstraße und der Wiesentfelserstraße als neuer Eigentümer die Verantwortung übernommen, diesen Wandel unter Berücksichtigung historischer und heute bestehender Zusammenhänge weiterzuentwickeln. Die Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung bleibt dabei unser kenntnisreicher Baudienstleister vor Ort” ergänzt Axel Markwardt, Kommunalreferat der Landeshauptstadt München.
„Die Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung beweist seit vielen Jahren ihre Kompetenz, wenn es um solche Aufgaben geht. Der sensible Umgang mit bestehenden Strukturen, die qualifizierte Bearbeitung architektonischer Herausforderungen und vorausschauende Beiträge zu einer sozialen Stadtentwicklung sind uns wichtig” fügt Dipl.-Ing. Ulf Millauer, Geschäftsführer der MGS hinzu. Die Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung mbH (MGS) ist der Sanierungsträger/ Treuhänder der Landeshauptstadt München. Die MGS erfüllt den Auftrag der städtebaulichen, sozialen und ökologischen Stadterneuerung sowie der Umsetzung komplexer innenstädtischer Bauprojekte.
Pressekontakt: NS-Dokumentationszentrum München, Brienner Straße 34, 80333 München, Pressestelle, Dr. Kirstin Frieden, Telefon 2 33-6 70 13, und Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung (MGS), Haager Straße 5, 81671 München, Öffentlichkeitsarbeit/Sven Papendick, Telefon 2 33-3 39 77