Städtische Belange beim Planfeststellungsbeschluss zum 2. Stammstreckentunnel (Bereich West) – Vernünftige Umsteige- beziehungen am Hauptbahnhof sicherstellen
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Anna Hanusch und Sabine Nallinger (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/Rosa Liste) vom 17.6.2015
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 17.6.2015 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird. Für die gewährte Terminverlängerung vom 30.6.2015 bedanke ich mich.
In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
„Am 9. Juni 2015 hat das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) den sogenannten Planfeststellungsbeschluss für den westlichen Abschnitt der Strecke erlas- sen. Die Verknüpfung der Zweiten Stammstrecke mit der U-Bahn wurde hierbei – der Presseberichterstattung nach – ausgenommen, so dass das Baurecht nur für eine Durchfahrt, nicht jedoch für einen Halt der S-Bahnen am Hauptbahnhof gilt.
Die bereits 2013 vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Infra- struktur, Verkehr und Technologie gewünschte Abkoppelung der Maßnah- men im Bereich des Hauptbahnhofes wurde vom damaligen Oberbürger- meister Christian Ude in einem Schreiben vom 20.6.2013 zurückgewiesen. Er verwies auf den kausalen Zusammenhang zwischen 2. Stammstrecke und der Zunahme von Verkehrsströmen insbesondere durch Umsteiger im U-Bahnsystem.
Die SWM/MVG sind verpflichtet, im Interesse ihrer Fahrgäste und auf- grund ihrer gesetzlichen Verpflichtung, auf alle erforderlichen Vorkehrun- gen zur Aufrechterhaltung der Betriebssicherheit zu bestehen, sofern durch Maßnahmen Dritter, Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Der Stadtrat und Oberbürgermeister unterstützten diese Haltung der SWM/ MVG in diesen Belangen bisher. Auf diese für die Sicherheitsverantwor- tung unverzichtbaren Anforderungen wurde seit Beginn der Planungen und im Planfeststellungsverfahren immer wieder als zentrale Notwendig- keit gegenüber der DB als Bauherrin und dem Freistaat als Besteller des Projektes hingewiesen. Auch nach der zweiten Tektur für den Planfest- stellungsabschnitt 1 München-West (Laim-Hauptbahnhof) war eine ver-nünftige Lösung der Verknüpfung des 2. Stammstreckentunnels mit dem U-Bahnhof am Haltepunkt Hauptbahnhof nicht in Sicht. In vielen zwischen- zeitlichen Verhandlungsrunden konnte auch keine einvernehmliche Lösung des Problems gefunden werden. Spätestens wenn die erste S-Bahn am Hauptbahnhof halten soll, kann dieses Problem nicht mehr weiter ignoriert werden.
Die verschiedenen Lösungen haben auch eine zeitliche (7-Minuten Umstei- gezeit von der zweiten Stammstrecke zur U-Bahn) und finanzielle Kompo- nente, die bei einer Nutzen-Kosten-Bewertung und einer Ausschreibung von Baulosen nicht ignoriert werden darf.“
Frage 1:
Teilt auch Oberbürgermeister Reiter die Auffassung, dass hier keine Sparlö- sung realisiert werden darf? Welche Lösung zeichnet sich hier ab?
Antwort:
Die Auffassung, dass keine Sparlösung hinsichtlich der Anbindung der 2. Stammstrecke an das U-Bahnnetz realisiert werden darf, wird geteilt. Klarzustellen ist zunächst, dass Aussagen, wonach der Planfeststellungsbeschluss zum PFA 1 der 2. Stammstrecke die Verknüpfung mit der U-Bahn ausnimmt, sodass nur Baurecht für eine Durchfahrt, nicht jedoch für einen Halt der S-Bahnen am Hauptbahnhof geschaffen wurde, nicht zutreffend sind.
Richtig ist hingegen, dass seitens der Stadtwerke München GmbH (SWM) im laufenden Planfeststellungsverfahren zunächst erhebliche Bedenken gegen die vorgeschlagene Lösung hinsichtlich der Sicherheit des U-Bahnbetriebes infolge der erforderlichen baulichen Eingriffe in die U-Bahn-Anlagen und durch die zu erwartenden höheren Fahrgastzahlen vorgetragen worden sind.
Anders als in der Anfrage dargestellt, fand vor Erlass des Beschlusses, am 29.1.2015 eine Besprechung der SWM mit der Vorhabenträgerin, der DB ProjektBau GmbH statt. Darin konnten die kritischen Themen auf Grundlage der Abstimmungen aus den letzten Jahren letztendlich konstruktiv und sachgerecht behandelt und Lösungen ausgearbeitet werden, deren Regelungsvorschläge dann durch das Eisenbahn-Bundesamt entsprechend in den Planfeststellungsbeschluss aufgenommen worden sind. Keine der von der Vorhabenträgerin vorgeschlagenen Varianten zur direkten Anbindung der 2. Stammstrecke an die U4/U5 konnte leider aufgrund der fehlenden Betriebssicherheit akzeptiert werden. Weitere alternative Varianten wurden von der Vorhabenträgerin nicht vorgelegt. Aus Sicherheitsgründen wird daher auf die ursprünglich geplante direkte Verbindung der2. Stammstrecke mit den Gleisanlagen der U4/U5 – was für den Umsteigekomfort wünschenswert wäre – verzichtet.
Hinsichtlich der Anbindung der 2. Stammstrecke an die U1/U2 wird die Variante MF 1-V1, bei der vier zusätzliche, einspurige Fahrtreppen eingebaut werden, den weiteren Planungen zugrunde gelegt unter der Bedingung, dass die verkehrliche Leistungsfähigkeit und die bauliche Machbarkeit dieser Variante nachgewiesen werden.
Sollte dieser Nachweis nicht gelingen, soll die Variante MF 7b mit Verzicht auf die Direktverbindung auf der Ebene -3, aber mit einer zusätzlichen Treppe am nördlichen Bahnsteigende den weiteren Planungen zugrunde gelegt und der Nachweis der Leistungsfähigkeit und der Machbarkeit geführt werden.
Eine Inbetriebnahme der direkten Anbindung der U1/U2 an die 2. Stammstrecke auf der Ebene -3 darf erst nach Erbringung der geforderten Nachweise der Variante MF1 V1 bzw. der Variante 7b und der notwendigen Genehmigungen erfolgen.
Im Ergebnis wurde damit ein hinnehmbares Resultat erreicht, auch wenn der Entfall der ursprünglich geplanten Direktanbindung der U4/U5 an die 2. Stammstrecke im Sinne der Nutzerfreundlichkeit zu bedauern ist.
Frage 2:
Welche Punkte in der Stellungnahme der Landeshauptstadt München im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zur 2. Stammstrecke München (PFA1 München-West: Laim Hauptbahnhof) sind noch offen?
Frage 3:
Welche Punkte in der Stellungnahme der Landeshauptstadt München im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zur 2. Stammstrecke München (PFA1 München-West: Laim Hauptbahnhof) wurden im Planfeststellungs- beschluss des Eisenbahnbundesamtes anders bewertet?
Antwort zu Fragen 2 und 3:
Nach Prüfung des Planfeststellungsbeschlusses kann festgestellt werden, dass im Wesentlichen den Forderungen der Landeshauptstadt München im Planfeststellungsbeschluss Rechnung getragen wurde. Der Stadtrat wird voraussichtlich im ersten Quartal 2016 über die wesentlichen Ergebnisse des Planfeststellungsbeschlusses zum PFA 1 in einer Beschlussvorlage informiert.Frage 4:
In den Tekturen war die Dimensionierung der Infrastruktur der 2. Stamm- strecke auf ein Bedienungskonzept ausgerichtet, dem ein Fahrgastprogno- sehorizont für das Jahr 2020 zu Grunde lag. Basiert der Planfeststellungs- beschluss immer noch auf Zahlen aus einem Prognosehorizont, der bereits zum Spatenstich veraltet sein dürfte oder flossen in den Planfeststellungs- beschluss auch neuere Erkenntnisse, beispielsweise die seit Jahren anhal- tende Wachstumsdynamik der Region München, mit hinein?
Antwort:
Nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde ist der von der Vorhabenträgerin gewählte Prognosehorizont 2020 aus den unter Ziffer B.5.13.1 des Planfeststellungsbeschlusses dargelegten Gründen nicht zu beanstanden. Es ist eine ausreichende Dimensionierung der Verkehrsanlagen gegeben. Nach den vorgenommenen Untersuchungen dürften nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde die vorhandenen Kapazitätsreserven damit auch künftige Zunahmen beim Verkehrsaufkommen in ausreichendem Maße abdecken.
Unabhängig davon ist von Seiten des Referates für Stadtplanung und Bauordnung darauf hinzuweisen, dass derzeit durch den Freistaat Bayern eine Aktualisierung der Nutzen-Kosten-Untersuchung mit Prognosedaten 2025 erfolgt.
Bei der Planung der Anbindung der U1/U2 an die 2. Stammstrecke hat die Vorhabenträgerin laut Planfeststellungsbeschluss die verkehrliche Leistungsfähigkeit der bestehenden und der neuen Treppenanlagen für die vor- und nachmittäglichen Spitzenstunden mit Prognosehorizont 2025 einschließlich ausreichender Reserven für weitere Entwicklungen nachzuweisen.