Engpässe bei der medizinischen Notfallversorgung in München?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Kathrin Abele, Simone Burger, Dr. Ingo Mittermaier und Helmut Schmid (SPD-Fraktion) vom 3.3.2015
Antwort Stadtkämmerer Dr. Ernst Wolowicz:
Herr Oberbürgermeister Dieter Reiter hat die Stadtkämmerei – als zuständiges Betreuungsreferat der Städtisches Klinikum München GmbH (StKM) – gebeten, Ihre Anfrage gemäß § 68 GeschO zu beantworten.
Vor dem Hintergrund zahlreicher Bürgeranfragen und Presseberichte haben Sie Fragen gestellt. Zu Ihren Fragen können wir Ihnen nun folgendes mitteilen.
Frage 1:
Welche Münchner Krankenhäuser bzw. Gesundheitseinrichtungen beteiligen sich an der 24-Stunden-Notversorgung?
Antwort:
Ich verweise hier auch auf die Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 02669 – Städtisches Klinikum München GmbH (StKM); Versorgungssituation in der Landeshauptstadt München bei medizinischen Notfällen und akuten Erkrankungen. In der Vorlage sind Begrifflichkeiten und Zuständigkeiten bezüglich der Notfallversorgung unter Ziffer 2.1. dargestellt und folgende 19 Kliniken, die nach dem Deutschen Krankenhausverzeichnis in München 24-Stunden-Notfallambulanzen vorhalten, aufgeführt:
-Chirurgische Klinik Dr. Rinecker GmbH & Co KG
-Frauenklinik München West GmbH & Co KG
-Internistische Klinik Dr. Müller
-Klinik Augustinum München
-Klinik München Perlach
-Kliniken Dr. Michael Schreiber GmbH & Co KG
-Klinikum Dritter Orden
-Klinikum München Pasing
-Klinikum der Universität München
-Klinikum Rechts der Isar der Technischen Universität München
-Krankenhaus Barmherzige Brüder München
-Krankenhaus Martha-Maria München
-Rotkreuzklinikum München gGmbH
-Sana Kliniken Solln Sendling GmbH Fachklinik für orthopädische Chirurgie-Schön Klinik München Harlaching
-Städtisches Klinikum München – Klinikum Bogenhausen
-Städtisches Klinikum München – Klinikum Harlaching
-Städtisches Klinikum München – Klinikum Neuperlach
-Städtisches Klinikum München – Klinikum Schwabing
Für die Versorgung von Verletzten und Erkrankten, welche sich nicht in Lebensgefahr befinden bzw. bei denen keine schweren gesundheitlichen Schäden zu erwarten sind, wenn sie nicht unverzüglich die notwendige medizinische Versorgung erhalten, sind im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung die niedergelassenen Praxen bzw. der Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns zuständig. Außerhalb der regelhaften Öffnungszeiten der Praxen steht der ärztliche Bereitschaftsdienst (Bereitschaftsdienstpraxen und Hausbesuchsdienst) mit festen Zeiten unter der Woche ab 18 bis 8Uhr des Folgetages (Mittwoch ab 13Uhr) und von Freitag, 13Uhr, einschließlich Wochenende bis Montag, 8Uhr, zur Verfügung.
In München stehen nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) Bereitschaftspraxen im allgemeinen Bereitschaftsdienst, die auf private Initiative von Ärztinnen und Ärzten entstanden sind, den Bürgerinnen und Bürgern am Klinikum Neuperlach, am Klinikum München Pasing, am Klinikum München Rechts der Isar, am Klinikum Schwabing sowie in der Boschetsrieder Straße zur Verfügung. Darüber hinaus betreibt die KVB eine eigene Bereitschaftspraxis im Elisenhof.
Frage 2:
Wie viele Patientinnen und Patienten wurden seit 1.11.2014 in den Notaufnahmen dieser Krankenhäuser bzw. Gesundheitseinrichtungen vorstellig? Wie viele dieser Fälle wurden dabei als Notfall klassifiziert?
Antwort:
Derzeit ist kein Datenmaterial bezüglich der Versorgungsnachfrage über alle in München an der Notfallversorgung beteiligten Kliniken (siehe Frage 1) verfügbar. Die Städtisches Klinikum München GmbH hat ent- sprechend dem Stadtratsbeschluss vom 8.7.2015 –Sanierungskonzept 2022, Beschlussziffer 4 – diesbezüglich die Initiative übernommen. Im Beschlusstext (Auszug) ist ausgeführt:
„Die Notfallversorgung der Münchner Bürgerinnen und Bürger muss in enger Abstimmung mit den anderen Münchner Kliniken über den zeitnah durchzuführenden ‚Runden Tisch’, mit dem Bayerischen Ministerium fürGesundheit und Pflege sowie dem Rettungszweckverband garantiert
werden.“
Mehrere Termine des „Runden Tisches“ haben bereits stattgefunden. Ein Aufgabenschwerpunkt ist die Erfassung und Auswertung der Notfalldaten der beteiligten Kliniken.
Die Datengrundlage ist momentan das Jahr 2013 und das 1. Halbjahr 2014. Beteiligte sind derzeit die StKM, die Kliniken der Universität München, das Rechts der Isar, die Barmherzigen Brüder, der 3. Orden, das Rotkreuz-Klinikum sowie die Helios-Kliniken Pasing und Perlach.
Die Datenanalyse wird vom Institut für Notfallmedizin und Medizin- management durchgeführt. Es fließen sowohl ambulante als auch
stationäre Fälle in die Betrachtung ein. Der Fokus der Analyse liegt im Krankenhaus auf dem Leistungsgeschehen der ersten 24 Stunden.
Damit wird erstmalig durch den Abgleich der prähospitalen Daten des IVENA-Systems mit den Krankenhausdaten eine Bewertung des
sektorenüberschreitenden Notfallbehandlungsprozesses ermöglicht.
Die erforderlichen Daten liegen derzeit noch nicht vor und auch nach Fertigstellung der Datenanalyse nicht für alle Krankenhäuser bzw. Gesundheitseinrichtungen Münchens, sondern nur für die beteiligten Kliniken, die aber den überwiegenden Teil der Vorhaltungen abbilden. Zudem ist die Klassifikation eines Notfalles nicht einheitlich geregelt. Nicht jeder Patient, der eine Notaufnahme aufsucht, ist eine Notfall. Das Ergebnis wird aber wichtige Erkenntnisse – auch für die weitere Konzeption der Notfallkapazitäten der StKM – liefern.
Neue Erkenntnisse zu dieser Thematik sowie Ergebnisse des „Runden Tisches“ werden selbstverständlich in die Beschlussvorlage Sanierungs- umsetzungsgutachten im Sommer 2015 einfließen. Hierbei ist jedoch der zugesagte vertrauliche Umgang mit den von den beteiligten Kliniken zur Verfügung gestellten Daten zu berücksichtigen.
Darüber hinaus wird gem. beschlossenem Ergänzungsantrag der
SPD-Stadtratsfraktion und der CSU-Stadtratsfraktion im Münchner Stadtrat zur Sitzungsvorlage 14-20/V 02669 „Versorgungssituation in der Landeshauptstadt München bei medizinischen Notfällen und akuten Erkrankungen“ die Stadtverwaltung über die Ergebnisse des Runden Tisches im Gesundheitsausschuss berichten.An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass die Ermittlung des derzeitigen Angebots an Notfallkapazitäten in Kliniken, die Bewertung, ob diese ausreichend sind, sowie die Bedarfsprognose für die Zukunft unter die Zuständigkeit des Bayerischen Staatsministeriums für Ge- sundheit und Pflege fallen und nicht Aufgabe der Landeshauptstadt München bzw. der StKM sind. Zu einem Teilaspekt der Notfallkapazitäten, den internistischen Intensivbetten, wurde per oben aufgeführten Ergänzungsantrag beschlossen, das Bayerische Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege zu bitten, eine Kapazitätsprüfung durchzuführen.
Frage 3:
Wie oft und an welchen Tagen wurden diese Notaufnahmen seit dem 1.11.2014 bei der integrierten Rettungsleitstelle aufgrund ausgeschöpfter Kapazitätsgrenzen abgemeldet?
Frage 4:
Wie haben sich diese Zahlen (jeweils bezogen auf Frage 2 und Frage 3) im Laufe der vergangenen fünf Jahre entwickelt?
Antworten zu Frage 3 und 4:
Zu den Fragen haben wir seitens des Rettungszweckverbandes folgende Rückmeldung erhalten:
„Die Fragestellung bei Frage 3 kann bedingt beantwortet werden, jedoch nicht in der gestellten Form. Eine Entwicklung der Zahlen in den letzten 5 Jahren (Frage 4) kann bezogen auf die Frage 3 vom RZV nicht beantwortet werden. Die Software IVENA wurde erst im Februar 2013 in Betrieb ge- nommen. Außerdem ist aufgrund der Komplexität der Möglichkeiten, eine ‚Abmeldung’ differenziert vorzunehmen, eine qualifizierte Antwort auch für den Zeitraum ab Februar 2013 nahezu unmöglich.“
Ich darf an dieser Stelle ebenfalls auf die Ausführungen in der Sitzungs- vorlage Nr. 14-20/V02669 – Städtisches Klinikum München GmbH (StKM); Versorgungssituation in der Landeshauptstadt München bei medizinischen Notfällen und akuten Erkrankungen – verweisen. Aufgrund der starken Differenzierung bei den Abmeldegründen, beispielsweise
-durch Nachfrage bedingte Überlastung bzw. Vollbelegung,
-Infektionsfälle mit Kohortierung von Patientinnen und Patienten (z.B.. Norovirus),-aus forensischen Gründen wegen fehlendem Versorgungshintergrund bspw. nicht Verfügbarkeit von Großgeräten, Schockraum, Intensiv, etc. oder wegen
-Personalengpässen insbesondere bei Infektionswellen (bspw. Grippe),
ist hier eine Auswertung, um valide Rückschlüsse auf das grundsätzliche Versorgungsangebot ziehen zu können, kaum möglich. Entscheidend ist deshalb die Aussage, dass auch während der angeblichen Versorgungs- engpässe in den Monaten Januar 2015 und Februar 2015 alle dringenden Notfälle in dem von den medizinischen Fachgesellschaften empfohlenen Zeiträumen in München klinisch aufgenommen und im Anschluss weiter versorgt wurden.