Wer zu Themen der Münchner Musikgeschichte recherchieren möchte, denkt dabei nicht unbedingt an das Stadtarchiv München. Doch tatsächlich kann der Interessierte hier äußerst fündig werden, denn das Archiv beherbergt überraschend viel „musikalisches“ Material. Neu vorgelegt werden kann nun ein von Gottfried Heinz-Kronberger bearbeiteter „Thematischer Katalog der im Stadtarchiv München vorhandenen Musikhandschriften und -drucke“, der insgesamt 174 Nummern ausweist, darunter sechs Tenorlieder von Orlando di Lasso.
Der weitaus größte Teil des Bestandes stammt aus dem Nachlass des Organisten und Komponisten Caspar Ett (1788 – 1847). Ett war von 1816 bis 1846 Hoforganist an St. Michael in München und hatte zahlreiche Schüler, darunter auch den späteren Münchner Operndirektor Franz Lachner. Als Vertreter des „Cäcilianismus“ erwarb sich Ett große Verdienste um die Wiederbelebung der Chormusik des 16. bis 18. Jahrhunderts. Er führte nicht nur Werke älterer Komponisten (Orlando di Lasso, Giovanni Perluigi da Palestrina u.a.) wieder auf, sondern ließ sich auch in seinen eigenen Kompositionen – er komponierte für den katholischen, den griechischorthodoxen und auch den jüdischen Gottesdienst – von ihnen anregen. Etts Nachlass kam wohl durch den Bibliothekar und Universalgelehrten Karl Emil Schafhäutl (1809 – 1890), der noch selbst mit Ett in Verbindung stand, ins Stadtarchiv München. Der Bestand enthält deshalb auch Schafhäutls „Erinnerungen an Caspar Ett “ (1847). Vor allem aber notierte Schafhäutl auf vielen Manuskripten Bemerkungen zu Titeln, Komponisten, Kon- kordanzen und Aufführungsdaten, die interessante Details zu Etts Werken überliefern.
Der Nachlass Ett wurde von RISM – Répertoire International des Sources Musicales, Arbeitsgruppe Deutschland e.V. mit Sitz an der Bayerischen Staatsbibliothek München bearbeitet. Er ist in der RISM-Datenbank unter
http://de.rism.info/index.php?id=669 recherchierbar, die mittlerweile mehr als 850.000 Datensätze enthält.
Die RISM-Arbeitsgruppe der Bundesrepublik Deutschland ist ein rechtlich selbständiger Teil des 1952 gegründeten internationalen Gemeinschaftsunternehmens RISM, das ein Internationales Quellenlexikon der Musik erarbeitet. Ihre Aufgabe ist die wissenschaftliche Erschließung und Katalogisierung der in deutschen Sammlungen vorhandenen älteren Musikdrucke, Musikhandschriften, Schriften über Musik und Textbücher von zirka 1600 bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts.
Einen Überblick über weitere Musikalien im Stadtarchiv München gibt Brigitte Huber in „Klassik, Jazz und Volksmusik. ,Musikalische’ Bestände im Stadtarchiv München“, in: Oberbayerisches Archiv 132 (2008), Seite 85 bis 101.