Planungen der SWM in Freimann
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Herbert Danner, Dominik Krause, Sabine Krieger und Sabine Nallinger (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 11.3.2016
Antwort Bürgermeister Josef Schmid, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 11.3.2016 führten Sie als Begründung aus:
„Ende letzten Jahres wurde das Heizkraftwerk Freimann der Stadtwerke altersbedingt stillgelegt. Es stellt sich nun die Frage, wie es mit dem Areal weitergeht.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können anhand einer Stellungnahme der Stadtwerke München GmbH (SWM) wie folgt beantwortet werden:
Vorbemerkung der SWM:
Zunächst ist festzuhalten, dass wesentliche Anlagen am Standort „HKW Freimann“ auch nach Stilllegung der Gasturbinen weiterhin in Betrieb sind. Dies betrifft die beiden Heißwasserkessel, die Fernwärmeanlagen mit den Netzumwälzpumpen und die beiden Wärmespeicher. Außerdem befindet sich auf dem Gelände ein wichtiges Umspannwerk der SWM (110 kV/10 kV).
Für die Versorgung des Fernwärmenetzes Freimann mit einem Anschlusswert von 460 MW ist der Standort unverzichtbar. Deshalb wurden die Anlagen der Fernwärme in den Jahren 2011 bis 2015 grundlegend modernisiert. In den Jahren 2014 und 2015 wurde ein stillgelegter Öltank mit 40.000 m³ zum Wärmespeicher umgebaut, der jetzt über 28 Stunden eine Leistung von 50 MW abgeben oder aufnehmen kann; dies dient der Optimierung des Einsatzes der Heizkraftwerke und der Versorgungssicherheit.
Als Ersatz für die beiden stillgelegten Gasturbinen sind zwei moderne hocheffiziente Gasturbinen geplant, zwar mit geringerer Leistung, aber mit höherem Wirkungsgrad und niedrigeren Emissionswerten als die alten Turbinen. Die Genehmigungsunterlagen für die neue Anlage werden gerade erstellt und sollen noch vor Mitte des Jahres eingereicht werden. Der Scoping-Termin fand bereits am 1.10.2015 statt.
Das Anfang des Jahres in Kraft getretene Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) bietet für die neuen Gasturbinen wirtschaftliche Rahmenbedingungen, so dass die Umsetzung der Planung ab 2017 vorgesehen ist – vorausgesetzt, die aktuelle Blockade der Umsetzung des KWKG durch die EU wird bis dahin aufgelöst.Frage 1:
Planen die Stadtwerke das Areal weiterhin zur Energiegewinnung zu nut- zen? Falls ja:
a) Was für eine Anlage soll hier entstehen und welcher Brennstoff soll verwendet werden?
b) In welcher Größenordnung soll sich diese leistungsmäßig bewegen (Grundlast/Spitzenlast, falls ein HKW geplant ist; Angaben bitte sowohl elektrisch als auch thermisch)?
c) Wann soll die Anlage in Betrieb gehen und bis wann soll sie laufen?
Antwort der SWM:
Wie oben dargelegt, soll der Standort auch zukünftig zur Strom- und Wärmeerzeugung mit dem Brennstoff (Erd-)Gas genutzt werden, außerdem zur Wärmespeicherung und für den Fernwärme-Netzbetrieb.
Vorgesehen sind zwei hocheffiziente Gasturbinen mit Wärmeerzeugung in einem Abhitzekessel. Gegenüber einem GuD (Gas- und Dampfturbinen)-Prozess weist diese Anlagenkonfiguration eine geringere Investition und bessere Schnellstarteigenschaften auf. Als Brennstoff ist ausschließlich Erdgas vorgesehen, das ggfs. zukünftig durch einen gleichwertigen Brennstoff auf der Basis erneuerbarer Energien ersetzt werden kann. Die Leistung wird von den Turbinentypen des im Wettbewerb erfolgreichen Herstellers bestimmt; die elektrische Leistung wird zwischen 90 und 120 MW erwartet, die nutzbare Wärmeleistung zwischen 95 und 115 MW.
Der Einsatz der neuen Anlage wird nach wirtschaftlichen Kriterien erfolgen, wobei Gaspreis, Strompreis, Gestehungskosten alternativer Wärmeerzeuger und der KWK-Zuschuss nach KWKG die Hauptrolle spielen. Nach aktueller Lage wird die Anlage zunächst während der Heizperiode in Grundlast, sonst zur elektrischen Spitzenlastdeckung betrieben werden; später wird der Anteil der Spitzenlast zunehmen.
Der Inbetriebnahmezeitpunkt hängt von der Genehmigungserteilung und von den Möglichkeiten der Lieferer ab; angestrebt wird 2019.
Die Betriebsdauer wird sich nach der technischen Lebensdauer richten, worauf natürlich Änderungen regulatorischer Vorgaben wesentlich einwirken können. Mit einer Stilllegung um 2040 muss gerechnet werden.
Frage 2:
Inwiefern hat der Bau eines neuen HKWs Auswirkung auf die Diskussion zum Ausstieg aus der Kohleverbrennung im Heizkraftwerk Nord, insbeson- dere hinsichtlich:
- der technischen Machbarkeit des Ausstiegszeitpunkts? - der ökonomischen Aspekte?Antwort der SWM:
Die neue KWK-Anlage in Freimann kann die Strom- und Wärmeerzeugung des Blocks 2 im HKW Nord nicht ersetzen; aus dem HKW Nord werden heute bis zu 200 MW Fernwärme zum Standort Freimann geliefert und von dort in das Fernwärmenetz Freimann verteilt. Deshalb ändert sich durch sie der Zeitpunkt nicht, zu dem die Stilllegung des Blocks 2 technisch möglich ist.
Für die ökonomischen Aspekte der Beendigung der Kohlenutzung sind die Abhängigkeiten von Brennstoff- und Strompreisen, Gestehungskosten alternativer Fernwärmeerzeuger, gesetzlichen Zuschüssen und Emissionshandel bestimmend. Für das System der Heizkraftwerke der SWM insgesamt ergibt sich durch den Betrieb der KWK-Anlage Freimann eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, ohne dass dadurch die Wirtschaftlichkeit der Kohlenutzung im Block 2 beeinträchtigt würde.
Frage 3:
Wäre der Bau eines gasbefeuerten Heizkraftwerks zum jetzigen Zeitpunkt mit der Fernwärmevision 2040 der Stadtwerke vereinbar, die besagt, bis dahin nur noch 20% des Fernwärmebedarfs aus (erneuerbarem) Gas zu gewinnen?
Antwort der SWM:
Die geplante KWK-Anlage Freimann erfüllt die allgemein prognostizierten Anforderungen des zukünftigen Strommarkts, insbesondere bezüglich der Eignung für Schnellstarts und kurze Einsätze, kombiniert mit einem hohen Brennstoffnutzungsgrad und niedrigen Emissionswerten. Dazu kommt die Schwarzstartfähigkeit der Gasturbinen, die für den Wiederaufbau des Münchner Stromnetzes nach Großstörungen wertvoll sein kann. In Kombination mit der effizienten Abwärmenutzung und den Wärmespeichern ergibt sich ein zukunftsweisendes Standortkonzept, das zur sicheren Versorgung der Landeshauptstadt München beitragen wird. Dieses Grundkonzept des Standorts ermöglicht auch weitere Ergänzungen, beispielsweise durch einen Elektrokessel zur Verwertung von „Überschussstrom“ für die Fernwärmeversorgung.
Der Betrieb der Gasturbinen mit synthetischem Erdgas auf der Basis erneuerbarer Energien ist deshalb zukünftig nicht nur technisch möglich, sondern dürfte auch in Bezug auf die Umwelt und die Wirtschaftlichkeit attraktiv sein. Die Anlage kann einen wesentlichen Beitrag zur Deckung der Wärme-Spitzenlast leisten, die von Geothermie-Anlagen, den zukünftigen Grundlast-Wärmeerzeugern, nicht wirtschaftlich geliefert werden kann.
Ich hoffe, dass Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantwortet werden konnten.