Schaffung von Bitcoin-Bezahlmöglichkeiten
Antrag Stadträte Fritz Schmude und Andre Wächter (ALFA – Allianz für Fortschritt und Aufbruch) vom 20.3.2016
Antwort Stadtkämmerer Dr. Ernst Wolowicz:
Mit Ihrem Antrag vom 20.3.2016 fordern Sie, dass der Stadtrat beschließe:
„Die Stadtverwaltung ermöglicht an einigen ausgewählten Stellen die Bezahlmöglichkeit mit Bitcoins zum Tageskurs. Wegen des Pilotcharakters des Projekts sollte eine bekannte und zentrale städtische Stelle wie z.B. das Kreisverwaltungsreferat und die Bürgerbüros gewählt werden.“
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Sie beantragen eine bestimmte Bezahlmöglichkeit im Rahmen des Zahlungsverkehrs der Landeshauptstadt München einzuführen. Der Zahlungsverkehr als Teil der Gemeindekasse ist eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag teilen wir Ihnen aber Folgendes mit:
Das kommunale Kassenrecht stellt für die schnelle und wirtschaftliche Abwicklung des Zahlungsverkehrs auf die gesetzlichen Zahlungsmittel im Barzahlungsbereich und auf die daraus abgeleiteten Formen wie Überweisungen, Lastschriften, Debitkarten, Kreditkarten etc. ab.
Gemäß § 44 Abs. 1 KommHV-Doppik dürfen neben den gesetzlichen Zahlungsmitteln Einnahmen mittels Geldkarten, Debitkarten, Kreditkarten und Schecks entgegengenommen werden. Der Verordnungsgeber hat es an
der Stelle relativ eng formuliert, wobei keine statische abschließende Aufzählung unterstellt werden kann, da der Verordnungsgeber bei der Formulierung dieser Vorschriften noch nicht an Internetzahlungen dachte. Insofern sind Bitcoins nicht vorgesehen, allerdings nicht von Vornherein als ausgeschlossen zu betrachten.
Fraglich ist dann, inwieweit Bitcoins sonst zulässig sind.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) qualifiziert Bitcoins als „privatrechtlich ausgegebene Komplementärwährung“ undwertet sie als „Finanzinstrument“ in Form einer „Rechnungseinheit“ nach § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 7 Kreditwesengesetz (KWG). Damit ist es der BaFin möglich, dieses „Nebengeld“ aufsichtlich zu beobachten – insbesondere bei gewerblichen Umgang mit Bitcoins (BaFin „Hinweise zu Finanzinstrumenten nach § 1 Abs. 11 Satz 1 Nummern 1 bis 7 KWG (Aktien, Vermögensanlagen, Schuldtitel, sonstige Rechte , Anteile an Investmentvermögen, Geldmarktinstrumente, Devisen und Rechnungseinheiten) vom 20.12.2011, zuletzt geändert 19.7.2013).
Die BaFin hat in einem Artikel im „BaFin Journal“ Januar 2014 eine aufsichtliche Bewertung der Bitcoins vorgenommen („Bitcoins: Aufsichtliche Bewertung und Risiken für Nutzer“, BaFin Journal Januar 2014, Seite 26 ff.). In diesem Artikel wird auf Risiken für Nutzer hingewiesen wie die Verlustmöglichkeit durch Fehlfunktionen und das Problem der Wertschwankungen, die ähnlich wie bei anderen Finanzinstrumenten auftreten können.
Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat am 12.12.2013 ebenfalls einen „Warnhinweis für Verbraucher vor virtuellen Währungen“ veröffentlicht (EBA/WRG/2013/01). Darin wird aus mehreren Gründen vor den Risiken der Verwendung virtueller Währungen gewarnt:
-Verlust durch den Handel an nicht regulierten Handelsplätzen (z.B. bereits erfolgte Schließungen von Handelsplätzen mit Folge des Geldverlusts),
-Verlust durch technische Manipulationen durch Hackerangriffe an den digitalen Wallets (Geldbörsen),
-fehlender rechtlicher Schutz wie z.B. bei Überweisungen mit gesetzlichen Zahlungsmitteln gegenüber Banken,
-Wertschwankungsgefahr von virtuellen Währungen,
-Geldwäschegefahren durch Anonymität virtueller Währungen,
-eventuelle steuerrechtliche Folgen des Haltens virtueller Währungen.
Der Zahlungsverkehr der Landeshauptstadt München muss schnell, sicher und reibungslos ablaufen. Bei Entgegennahme von Bitcoins als Rechnungseinheiten ergeben sich nach den Einschätzungen der deutschen und der europäischen Aufsichtsbehörden Gefährdungen. Der Einsatz von Bitcoins ist aus diesen Gründen für den Zahlungsverkehr der Landeshauptstadt München nicht geeignet. Die aufsichtliche Bewertung der Bitcoins durch die BaFin und die EBA lassen einen Einsatz nicht zu.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.