Technische Machbarkeit des Kohleausstiegs
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Herbert Danner, Dominik Krause, Sabine Krieger und Sabine Nallinger (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 11.3.2016
Antwort Bürgermeister Josef Schmid, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 11.3.2016 führten Sie als Begründung aus:
„Die Diskussion um den Kohleausstieg in München dreht sich bisher hauptsächlich um ökonomische Aspekte. Es stellt sich aber auch die Frage der technischen Umsetzung beziehungsweise Machbarkeit der bisher in den Raum gestellten Forderungen.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können anhand einer Stellungnahme der Stadtwerke München GmbH (SWM) wie folgt beantwortet werden:
Vorbemerkung der SWM:
Das Öko-Institut hatte ursprünglich empfohlen, aufgrund der Unsicherheit über die mittelfristige Entwicklung des Strommarktes und seiner Rahmenbedingungen eine erneute Untersuchung zum Weiterbetrieb bzw. zur vorzeitigen Stilllegung des Heizkraftwerks Nord 2 in etwa fünf bis zehn Jahren vorzunehmen. Der Stadtrat hat im April 2015 entschieden, den Empfehlungen des Öko-Instituts zu folgen. Aufgrund der zwischenzeitlichen Änderung verschiedener Parameter (z.B. Novellierung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes, geänderte Marktpreise) haben die SWM das Öko-Institut beauftragt, die Untersuchung zu aktualisieren. Das Ergebnis der neuen Studie soll im Juli 2016 vorliegen und dann den Stadtratsfraktionen vorgestellt werden. Bis dahin muss die Beantwortung der teils sehr detaillierten Fragen zurückgestellt werden. Wie gewünscht, kann die Beantwortung der Fragen dann auch in der Energiekommission vorgestellt werden.
Frage 1:
Trifft es zu, dass das Gutachten von Stadtwerken und Öko-Institut bei den Szenarien für einen Kohleausstieg 2020 sowie 2025 vom Bau eines neuen Heizwerks ausgeht, um die wegfallende Wärmeleistung des HKW Nord zu kompensieren?
Antwort der SWM:
Hierzu darf auf die Vorbemerkung verwiesen werden.Frage 2:
Falls noch in diesem Jahr die politischen Weichen für eine schnellstmögli- che Umstellung des Fernwärmenetzes von Dampf auf Heißwasser gestellt werden:
a) Bis wann könnte das Fernwärmenetz schnellstmöglich umgestellt sein? b) Was geschieht, wenn Block 2 des Heizkraftwerks Nord – wie vom Bürgerbegehren „Raus aus der Steinkohle“ gefordert – im Jahr 2022 abgeschaltet wird und das Fernwärmenetz nicht vollständig beziehungs- weise nicht ausreichend umgestellt ist?
Antwort der SWM:
Hierzu darf auf die Vorbemerkung verwiesen werden.
Frage 3:
Wie sehr ließe sich der Geothermieausbau bezüglich der Bohrungen und des Anlagenbaus aus technischer Sicht beschleunigen? a) Ist es, wie vom Bürgerbegehren „Raus aus der Steinkohle“ vertreten, technisch möglich, bis 2022 einen Wegfall des Blocks 2 des HKW Nord neben einem Hochfahren des HKW Süd nur durch einen schnelleren Geothermieausbau zu kompensieren?
b) Was würde passieren, wenn Block 2 des HKW Nord 2022 abgeschaltet wird und Frage 3a mit Nein zu beantworten ist?
Antwort der SWM:
Hierzu darf auf die Vorbemerkung verwiesen werden.
Frage 4:
Stellt die Zusammenarbeit mit Umlandgemeinden eine Möglichkeit dar, die Fernwärmeversorgung in München durch Geothermie zu steigern und da- mit die Kohleverbrennung im HKW zu reduzieren?
Antwort der SWM:
Die Vision der SWM ist, München bis 2040 zur ersten deutschen Großstadt zu machen, in der Fernwärme zu 100 Prozent aus regenerativen Energien gewonnen wird. Um diese Vision zu realisieren, setzen die SWM in erster Linie auf die weitere Erschließung der Erdwärme. Um Standorte für mögliche Geothermieanlagen zu finden, haben die SWM in den vergangenen Jahren umfangreiche Seismik-Messungen im Münchner Stadtgebiet sowie im Umland durchgeführt.
Grundsätzlich ist anzumerken, dass die SWM im Kontakt mit allen Betreibern von Geothermieanlagen in der Region stehen, sowohl den kommunalen als auch den privatwirtschaftlichen. Es werden regelmäßig Treffen derBetriebsverantwortlichen abgehalten, in denen Erfahrungen ausgetauscht werden, z.B. über Probleme mit den Thermalwasser-Förderpumpen. Außerdem bieten die SWM in der Region Dienstleistungen für Geothermieanlagen an, schwerpunktmäßig Betriebsführungsaufgaben und die Durchführung von „Pumpenwechseln“ (Austausch von defekten Thermalwasser-Förderpumpen), die auf reges Interesse stoßen.
Bei positiver Wirtschaftlichkeit sind die SWM selbstverständlich an Lieferung oder Bezug von Erdwärme in und aus der Region interessiert; mehrere gemeinsame Konzepte dazu wurden bereits untersucht.
Allerdings konnte nur in Sauerlach eine Zusammenarbeit vereinbart werden, wo die ZES (Zukunftsenergien Sauerlach) bis zu 4.000 kW Wärme aus dem Geothermie-Heizkraftwerk der SWM bezieht.
Dagegen kam für das Gebiet Freiham-Germering-Puchheim keine Zusammenarbeit zustande, obwohl bereits 2006 eine gemeinsame Untersuchung der Erschließungsmöglichkeiten für Geothermie von den SWM, der Stadt Germering und der Gemeinde Puchheim durchgeführt worden ist. Allerdings haben dann nur die SWM ihr Geothermieprojekt weiter verfolgt, für das jetzt – rechtzeitig mit dem Bebauungsplan für die Wohngebiete – die beiden Bohrungen erfolgreich fertiggestellt wurden. Der Stadt Germering wurde eine Wärmelieferung aus der Geothermieanlage Freiham angeboten, die sich für Germering aber aufgrund der hohen Leitungskosten – mit der Autobahnquerung – als unwirtschaftlich erwiesen hat.
Im Hinblick auf wirtschaftliche Vorteile für beide Seiten ist anzumerken, dass potenzielle Lieferanten von Erdwärme vor allem daran interessiert sind, ihre Anlagen zu Zeiten geringen Wärmebedarfs, also außerhalb der Heizperiode, besser auszulasten. Sie haben dagegen kaum Interesse, den SWM in der Heizperiode mit allgemein hohem Wärmebedarf Wärme zu liefern, da die Leistung der Geothermieanlagen dann in der Regel nicht oder nur knapp für den lokalen Bedarf ausreicht.
Ich hoffe, dass Ihre Fragen – soweit zum momentanen Zeitpunkt möglich – hiermit zufrieden-stellend beantwortet werden konnten.