Mehr Autonomie für Münchner Schulen IV Dezentralisierung der IT-Systeme an den Schulen jetzt angehen
Antrag Stadträtinnen Anja Berger, Jutta Koller und Sabine Krieger (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 9.12.2013
Antwort Stadtschulrätin Beatrix Zurek:
Die verspätete Beantwortung bitte ich zu entschuldigen.
Sie haben in Ihrem Antrag das Referat für Bildung und Sport gebeten, dass die Schulen zukünftig selbstständig entscheiden, wie sie ihre IT-Gestaltung ausrichten möchten. Dies beinhaltet vor allem die Möglichkeit, über einen eigenen Zugang das Internet zu nutzen und IT-Geräte selbstständig nach eigenen Bedarfen zu konfigurieren.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teile ich Ihnen auf diesem Wege zu Ihrem Antrag Folgendes mit:
Mit Stadtratsbeschluss vom 15.12.1999 wurde das Konzept „EDV- Ausstattung und Vernetzung der öffentlichen Schulen und der städtischen Kindertagesstätten in der Landeshauptstadt München“ verabschiedet.
Damit übernahm die Landeshauptstadt München die Verantwortung für eine zeitgemäße Ausstattung aller öffentlichen Münchner Bildungseinrichtungen mit digitalen Medien. Um einen chancengleichen Zugang zu diesen Technologien zu ermöglichen, beinhaltete der Beschluss die IT-Ausstattung der staatlichen Bildungseinrichtungen im gleichen Maße wie die der städtischen.
Entscheidend war dabei die flächendeckende und nachhaltige Bereitstellung einer IT- Infrastruktur, die als selbstverständliches Unterrichts- und Lernwerkzeug von allen Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schülern eingesetzt werden kann.
Voraussetzung hierfür war und ist ein technologisches Konzept, das durch hohe Standardisierung und Automatisierung die Lehrerinnen und Lehrer von technisch-administrativen Aufgaben entlastet und den Anforderungen von Effektivität und Wirtschaftlichkeit Rechnung trägt.
In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass die Geschäftsanweisung Informationstechnologie der Landeshauptstadt München (MIT-GA) die Aufgaben und Zuständigkeiten der verschiedenen Gremien regelt (http://intranet.muenchen.de/basis/vor/it/mit_ga.pdf). Darüber hinaus werden auch Methoden, Verantwortlichkeiten, Rollen sowie Prozesse definiert und zugeordnet (siehe MIT-GA, Ziffer 1., Allgemeines, Abs. 2). Die MIT-GA ist als weitergehende DA gem. Nr. 1.1 Abs.2 AGAM zu verstehen undstadtweit gültig (MIT-GA, Ziffer Nr. 1.1 Geltungsbereich, Abs.1 Satz 1). Für alle angebotenen IT-Dienstleistungen der IT-Häuser besteht im Bedarfsfall eine Verpflichtung zur Nutzung durch die Referate und Eigenbetriebe der Landeshauptstadt München (MIT-GA, Ziffer Nr. 1.1 Geltungsbereich, Abs.1 Satz 3 ).
Ausnahmen von der MIT-GA sind nur vorgesehen für die Planung und Beschaffung maschinennaher Steuerungen sowie von Gebäude- und Prozessleittechnik, Bühnen- und Vorstellungstechnik, Ton-, Licht- und Inspizientenanlagen, Ausstellungs- sowie Veranstaltungstechnik. Diese werden jeweils im Einzelfall durch STRAC beschlossen (MIT-GA, Ziffer 1.1 Geltungsbereich Abs. 2). Pädagogische Anforderungen sind hier regelmäßig nicht betroffen.
Der zentrale IT-Dienstleister übernimmt gemäß Betriebssatzung (BetriebsS IT@M) die Versorgung der städtischen Referate und Eigenbetriebe mit Informations- und Kommunikationstechnik, insbesondere die Verantwortung für:
-die Bereitstellung der IT-Anwendungen,
-die Bereitstellung der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur, -den IT-Betrieb entsprechend den Servicevereinbarungen über alle Ebenen sowie
-die Verwaltung aller administrativen Aufgaben des Eigenbetriebs inkl. IT-Vergabewesen (Ziffer 2.6, Rollen, Gremien und Organisation, IT@M, Abs.1).
Die Beauftragung an IT@M für die o.g. Bereitstellungen erfolgt über festgelegte Prozesse, z.B. Serviceabrufe, Kontingentabrufe oder die IT-Vorhabensplanung) durch das jeweilige dIKA, bzw. durch die Sonderbereiche, welche dIKA-Aufgaben wahrnehmen (siehe MIT-GA, Ziffer 2.4, Rollen, Gremien und Organisation, dIKA, Abs.1).
Damit wird eine Selbstbeschaffung eines Internetanschlusses durch die Schulen ausgeschlossen.
Hinsichtlich einer Individualisierung der Ausstattung und des Supports an den Schulen, muss beachtet werden, dass vorgegebene inner- und außerstädtische Regelungen, Verordnungen, Gesetze etc. (u.a. Vergaberecht) einzuhalten sind und dementsprechend eine individuelle Ausstattung und ein individueller Support an den Schulen nur unter der Voraussetzung einer massiven Personalmehrung denkbar ist.Das bedeutet im Wesentlichen:
Die Anforderungen je Schule werden gemäß des Prozessmodells IT-Service 2.1 (Anforderungsmanagement/Vorhabensplanung) individuell erfasst. Dies betrifft sowohl die Wünsche nach bestimmter Hardware, als auch die nach speziellen Applikationen (Software) und IT-Serviceleistungen, inkl. separater, auf jede Schule zugeschnittene Service-Level-Agreements (SLA). Dies verursacht ein Mehr an Personal im Kundenmanagement und damit eine Erhöhung der Personalkosten.
Mit einer auf die einzelne Schule angepassten Ausstattung mit Hardware (HW) und Software (SW) werden die bisher eingeführten Standards aufgelöst. Um der zu erwartenden Vielfalt an HW und SW Rechnung tragen zu können, ist es notwendig, den bisherigen HW-Warenkorb bzw. das SW-Portfolio entsprechend anzupassen, bzw. eine Mehrung von Vergabeverfahren zeitlich akzeptabel abzuwickeln. Die Abkehr von einer Standardisierung führt darüber hinaus nicht nur zu einer Mehrung der Zahlen bei der Paketierung von Treibern und Applikationen, sondern gleichzeitig zu einem erhöhten Aufwand des bisherigen Vor-Ort-Supports der ITTSen.
Sicherlich dürfte sich eine derartige Strategieänderung auch auf den Aufwand des zentralen Dienstleisters IT@M (nicht nur Erhöhung der Anzahl der gewünschten SLAs) auswirken.
Eine Vor-Ort-Betreuung geschieht aktuell nur im Rahmen des Projekts Betreute Lokale Netze (BLN) an bestimmten Einrichtungen (11 Berufsschulstandorte mit insgesamt 32 mehr oder weniger großen Einrichtungen), an denen mit BLN gearbeitet wird. Das Betreuungspersonal wurde im BLN-Beschluss vom 26.2.2016 mit 28 VZÄ plus zwei VZÄ bei IT@M genehmigt. Die Gesamtkosten des Projekts (nur Personal- u. Erstausstattungskosten) betragen rd. 1,9 Mio. Euro zzgl. Rückstellungen, wobei eine Befristung auf drei Jahre gilt. Anzumerken ist hierbei, dass sich dieses Personal ausschließlich um die BLN und nicht um die Gesamt-IT einer Schule kümmert. Für Verwaltungsnetz und pädagogisches Netz ist nach wie vor die zuständige ITTS verantwortlich.
Um den Wunsch nach „Sofort-Betreuung“ erfüllen zu können, befindet sich das BLN-Personal in Räumen, die von den Schulen zur Verfügung gestellt werden, was aufgrund der zunehmenden Raumnot an den Schulen bei ITTS andernorts bereits zu räumlichen Verlagerungen führte. Dementsprechend können Mehraufwände in der Regel nur durch eine Erhöhung des Personalstands im RBS-IT, und wie das Projekt BLN zeigt, auch bei IT@M aufgefangen werden.Des Weiteren würde ein dezentraler IT-Betrieb bedeuten, dass den Schulen mehr Autonomie durch Dezentralisierung der IT-Systeme eingeräumt würde und dass sich aber künftig alle Einrichtungen vollumfänglich für ihre eigene Systemumgebung, deren Betrieb, inklusive HW/SW Beschaffung, Paketierung der SW, ggf. lizenzrechtliche Klärungen, den Datenschutz, die IT-Sicherheit und vieles mehr verantwortlich zeichnen.
Primär wäre damit erneut eine massive Erhöhung IT-fachspezifischer Personalressourcen (IT-Techniker, IT-Ingenieure, IT-Betrieb/-Transition) zur Abwicklung der logistischen und betrieblichen IT-Service-Prozesse vor Ort verbunden (Vorhalten kostenintensiven IT-Know-hows an jeder Einrichtung). Darüber hinaus sind die öffentlichen Schulen, deren Sachaufwand die Landeshauptstadt München zu tragen hat, rechtlich unselbstständige Einrichtungen der Stadt oder des Freistaats. Daher stellt sich die Frage, ob und inwieweit Schulen IT-Beschaffungen in eigener Zuständigkeit tätigen dürfen. Dies bedürfte ggf. einer rechtlichen Klärung, insbesondere unter dem Aspekt des Vergaberechts.
Am Beispiel der Standardapplikation MS Office dargestellt, müsste separat an über 330 Schulen die jeweils benötigte Anzahl an Lizenzen beschafft, paketiert und installiert werden. Gleichzeitig erfordert die Beschaffung von Lizenzen an jeder Einrichtung ein zu pflegendes Lizenzmanagement, um einerseits Revisionssicherheit gewährleisten zu können und andererseits bei Audits durch SW-Hersteller gegen etwaige Regressansprüche gewappnet zu sein.
Der IT-Betrieb benötigt Support-Leistungen bzgl. des Netzwerkbetriebs. Diese Leistungen werden derzeit zentral von it@M bzw. BauRef H6 erbracht. Gemäß dem 3-Häuser-Modell existiert keine Schnittstelle dezentraler Kunde (Einrichtung/Schule/Kita) < > IT-Dienstleister (it@M). Bei Beibehaltung dieser Strategie und um die Vorteile einer IT-Autonomie zu wahren, wären daher alle Einrichtungen gezwungen, sich die benötigten Dienste von Extern zu beschaffen. Inwieweit die Einrichtungen in der Lage wären, diese Komponenten auch zu betreiben und einen weitgehend autonomen IT-Betrieb gewährleisten zu können, sei dahingestellt.
Die Maxime, die sich die LHM gesetzt hat, jeder Schülerin und jedem Schüler die gleichen Voraussetzungen für den Zugang zu den digitalen Medien zu ermöglichen, würde unter Umständen auf Grund künftig verschiedener Ansprüche der Einrichtungen an die IT, unterschiedlichen Vorhaltens von IT-Know-how, aber auch vor dem subjektiven Eindruck unterschiedlicher zur Verfügung stehender Finanzbudgetzuweisungen, keine Rolle mehr spielen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.