Am 14. April 1891 war die Geburtsstunde der Münchner Abfallwirtschaft: Mit dem Erlass der „Ortspolizeilichen Vorschrift über Lagerung und Wegschaffung des Hausunrats“ war die erste Münchner Abfallsatzung geschaffen. Sie war die Antwort auf die Herausforderungen einer wachsenden Stadt, deren Bevölkerung im Zeitalter der Industrialisierung auf 500.000 Einwohner ange
wachsen war.
„Seitdem ist viel geschehen“, sagt Axel Markwardt, Kommunalreferent und Erster Werkleiter des Abfallwirtschaftsbetriebs München (AWM). „Vom Unratbeseitiger haben wir uns zu einem wichtigen und innovativen Akteur der Wertstoffwirtschaft entwickelt“. Denn längst seien Abfälle nicht mehr nur zum Wegwerfen. „Wir sind stolz“, so Markwardt, „denn München hat hier seit jeher eine Vorreiterrolle eingenommen“.
Bereits vor über hundert Jahren hatte die Landeshauptstadt München eine nahezu perfekte Kreislaufwirtschaft. Diese ist dann allerdings zwischen den beiden Weltkriegen komplett zusammengebrochen. Nach dem 2. Weltkrieg hat die Stadt versucht, mit einer Sortieranlage am Müllberg Grosslappen daran wieder anzuknüpfen. 1964 wurde die erste Müllverwertungsanlage in Betrieb genommen. Mit dem Wirtschaftsaufschwung haben auch die Abfälle rasant zugenommen. Dieses Problem sollte in den achtziger Jahren mit dem Bau neuer Deponien und Müllverbrennungsanlagen gelöst werden. In den neunziger Jahren hat der Münchner Stadtrat dann eine radikale Kehrtwende in der Abfallpolitik vollzogen und auf ein ökologisch ausgerichtetes Konzept gesetzt, das aber – was der Stadt immer wichtig war – auch ökonomischen Ansprüchen genügt.
Abfallvermeidung und die Wiederverwertung von Abfällen standen nun im Fokus: Alle Veranstaltungen auf städtischem Grund, so auch das Münchner Oktoberfest, dürfen seit 1991 nur noch Mehrweggeschirr und Mehrwegverpackungen verwenden, dadurch verringerte sich unter anderem auch die Abfallmenge des größten deutschen Volksfestes signifikant. Die Anlagen zur Müllverbrennung wurden so aufgerüstet, dass sie zu den modernsten Europas gehören und die Schadstoffemissionen weit unter den gesetzlich vorgeschriebenen Werten liegen. Der Müll, der im Münchner Heizkraftwerk verbrannt wird, versorgt München mit Strom und Fernwärme. Als eine der ersten deutschen Großstädte deponiert München seit 1994 keine Haushaltsabfälle mehr und 1997 konnte eines der beiden Müllheizkraftwerke stillgelegt werden.
München war auch die erste deutsche Großstadt, die flächendeckend, selbst im Innenstadtbereich, das Drei-Tonnen-System eingeführt hat. „Eine getrennte Erfassung einzelner Abfallfraktionen ist die Grundvoraussetzung dafür, dass diese Materialien sinnvoll wiederverwertet werden können“, bekräftigt Helmut Schmidt, der Zweite Werkleiter des AWM. Seitdem können die Münchnerinnen und Münchner Altpapier und Bioabfälle in vom AWM eigens dafür bereitgestellten Wertstofftonnen am Haus entsorgen, für die nicht einmal Extragebühren anfallen. „Im Gegenteil“, so Schmidt, „jeder kann durch saubere Mülltrennung das Volumen seines Restmülls reduzieren und dadurch unter Umständen an den jährlichen Müllgebühren sparen“. So setzt der AWM einen wichtigen Anreiz zu ökologischem Handeln: Denn das Altpapier aus den blauen Tonnen wird zu hundert Prozent dem Recycling zugeführt und aus Münchner Bioabfällen entsteht in einer Vergärungsanlage Biogas, das anschließend verstromt wird und über 1.000 Münchner Haushalte jährlich mit Energie versorgt. Aus den Gärresten gewinnt der AWM hochwertigen Kompost und Erden, Produkte, die alle für den Biolandbau geeignet sind. „Das ist unser Ziel“ betont Schmidt, „Abfälle möglichst vollständig wieder in den natürlichen oder technischen Kreislauf zurückzubringen und somit einen deutlichen Beitrag zur Schonung unserer Ressourcen zu leisten“. Aus diesem Grund setzen sich die beiden Werkleiter des AWM auch auf politischer Ebene in Berlin und Brüssel mit allen Kräften dafür ein, die ökologischen Ziele der Abfallwirtschaft nicht nur für München stetig weiter zu entwickeln.
„Stillstand kommt für uns nicht in Frage“, sagt Schmidt. Vielmehr möchte und wird der AWM an die Errungenschaften der letzten 125 Jahre anknüpfen und sich kontinuierlich mit der wachsenden Großstadt München weiterentwickeln. „Jetzt steht eine nachhaltige Abfallwirtschaft im Mittelpunkt unseres Handelns“, so Schmidt, „denn wir wollen unseren nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Umwelt hinterlassen“. Und nicht zuletzt erinnert der Kommunalreferent bei dieser Gelegenheit daran, „dass nur ein kommunaler Betrieb, der nicht den Grundsätzen der Gewinnmaximierung verpflichtet ist, das Interesse der Bürgerschaft an einer ökologischen Abfallwirtschaft bei moderaten Gebühren auch in Zukunft sicherstellen kann“. Im Jubiläumsjahr organisiert der AWM zahlreiche Veranstaltungen, unter anderem die Teilnahme am Münchner Stadtgründungsfest im Juni, eine Ausstellung mit interessanten Exponaten im Gasteig Ende September und eine moderne Oper im Dezember, bei der Müllmänner zu Tenören werden. Außerdem können die Münchnerinnen und Münchner derzeit auf zahlreichen Müllfahrzeugen Plakate sehen, die den Fortschritt der Münchner Abfallwirtschaft auf einen Blick verdeutlichen: Vom Pferdewagen zum Hightech-Lkw und von der Handsortierung zum Wertstoffhof der Zukunft. Nähere Informationen zum Jubiläum und den einzelnen Veranstaltungen gibt es unter www.awm-muenchen.de/wir-ueber-uns/jubilaeum. (Siehe auch unter Terminhinweise)