Blackout – Wie gut ist die Stadt auf einen großen Stromausfall vorbereitet?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl und Mario Schmidbauer (Fraktion Bayernpartei) vom 10.4.2017
Antwort Bürgermeister Josef Schmid, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 10.4.2017 führten Sie als Begründung aus:
„Immer wieder wird über die Gefahr von großflächigen Stromausfällen berichtet und über die verheerenden Auswirkungen, die sich für die städtische Gesellschaft ergeben würden. Besonders akut betroffen wären die hygienischen Zustände in der Stadt und der Gesundheitssektor. Die Entsorgung von Müll und Abwasser wäre problematisch, ebenso die Versorgung mit Frischwasser, was sich sowohl für Privatpersonen als auch für Einrichtungen wie Krankenhäuser, Rettungsleitstellen und auch Kraftwerke (fehlende Kühlung!) dramatisch auswirken würde. Bei bekannten Beispielen größerer Blackouts in der Vergangenheit kam es bereits nach wenigen Stunden zu Plünderungen, Bränden etc.. Stromnetze werden immer kleinteiliger, komplizierter und damit anfälliger. Extreme Spannungsspitzen, wie sie z.B. im Zuge der Umweltaktion ‚Earth Hour‘, die das Ausschalten aller Beleuchtungsquellen für eine Stunde propagiert, können bereits zu Abschaltungen im Netz und somit zu großflächigen Stromausfällen führen. Ebenso stellen Hackerangriffe auf Stromnetze eine Gefahr dar.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können anhand einer Stellungnahme der Stadtwerke München GmbH (SWM) und abgestimmt mit den teils tangierten städtischen Dienststellen wie folgt beantwortet werden:
Frage 1:
Wie gut ist das Stromnetz in der Landeshauptstadt München vor einem Blackout geschützt? Was sind die größten Gefahren, durch die ein Blackout entstehen kann?
Antwort der SWM:
Die Stadtwerke München GmbH hat sich mit der Thematik des Blackouts im Zuge der aus der Energiewende hervorgegangenen Veränderungsprozesse in jüngster Zeit intensiv auseinandergesetzt. Mit dem Beratungsunternehmen E-Bridge Consulting wurde ein Gutachten zur Sicherung (derRefinanzierung) der seit langem für München bestehenden Inselnetzfähigkeit und der bereits vorhandenen Fähigkeit des Netzwiederaufbaus (Schwarzstartfähigkeit) erstellt. Die Stadtwerke München GmbH ist mit ihrer aktuellen technischen Konditionierung aus eigenen Erzeugungsanlagen und dem umfassenden Stromnetz in der Lage, die Versorgung der Stadt München ohne Unterstützung des vorgelagerten Übertragungsnetzbetreibers TenneT eigenständig zu bewerkstelligen (Inselnetzbetrieb). Im Normalbetrieb ist das Stromnetz der Landeshauptstadt im europäischen Stromverbundnetz eingebettet. Durch die Möglichkeit des Inselnetzbetriebs ist die Stadt München vor den Folgen eines im Verbundnetz auftretenden Störfalls weitestgehend abgesichert. Die Stadtwerke München bemühen sich aktuell darum, dass diese Leistung durch die Bundesnetzagentur wirtschaftlich anerkannt wird.
Ursache für einen Blackout kann der „klassische“ Leitungsausfall mit ungewollten Folgewirkungen sein. Ein Blackout könnte aber auch durch vermehrte Systemeingriffe im Übertragungs- bzw. Verteilernetz im Zuge der stetigen Zunahme an lastferner regenerativer Einspeisung durch schnelle und sehr hohe Leistungsflussänderungen im Übertragungsnetz hervorgerufen werden, wenn diese Leistungsflussänderungen die Regelfähigkeit des Stromsystems übersteigen. Um den gestiegenen Anforderungen der Netzsteuerung gerecht zu werden, haben die Stadtwerke München bereits vor einigen Jahren ihre Leitwarte modernisiert und für die Erfordernisse der Energiewende ausgerüstet. In diesem Zuge wurde die Leitwarte auch mit einem umfassenden Sicherheitskonzept ausgestattet. Dieses umfasste nicht nur die Zutrittsberechtigung für Personen, sondern auch die Absicherung gegenüber Hacker-Angriffen und Terroranschlägen.
Frage 2:
Wie lange reichen im Falle eines Blackouts die städtischen Treibstoffreserven (z.B. für Dieselgeneratoren), um ein geregeltes Stadtleben und eine zuverlässige Versorgung der Bürger durch Krankenhäuser, Feuerwehr etc. aufrechterhalten zu können?
Antwort der SWM:
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat im April 2015 einen Leitfaden für die Einrichtung und den Betrieb einer Notstromversorgung in Unternehmen und Behörden herausgegeben. Wesentlich ist dabei die Empfehlung, alle Anlagen zur Notstromversorgung auf eine Dauer von 72 Stunden auszulegen.Dies deckt sich mit Einschätzungen in anderen Ländern; z.B. wird auch in Großbritannien davon ausgegangen, dass Störungen der öffentlichen Stromversorgung bis zu 72 Stunden dauern können.
Selbst bei einem europäischen Krisenfall mit einem zeitgleichen Totalausfall der öffentlichen Gasversorgung reichen die Brennstoffreserven für das HKW Nord für bis zu 20 Tage, um eine stabile Teilversorgung aufrecht erhalten zu können.
Frage 3:
Was passiert, wenn diese Vorräte aufgebraucht sind?
Antwort der SWM:
Im Falle eines bundesweiten Zusammenbruchs der Stromversorgung wird von Seiten der Bundesregierung auf Grundlage der SOS-Verordnung ein Krisenstab gebildet, der die weiteren Maßnahmen koordiniert. Dabei wird auch die bundesweite Versorgung auf ein Mindestmaß reduziert und somit die Bevorratung weiter gestreckt beziehungsweise der Nachschub koordiniert. Im Falle von lokal begrenzten Störfällen ist die Vorratsbefüllung von Notstromaggregaten logistisch keine Herausforderung.
Die SWM gehen davon aus, dass im Worst Case Fall die Stromversorgung innerhalb Münchens in wenigen Stunden, d.h. weniger als 6 Stunden, im Inselnetzbetrieb wiederhergestellt wird. Danach kann die Synchronisation mit dem Übertragungsnetz erfolgen, sobald dieses wieder stabil betrieben wird.
Ich hoffe, dass Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantwortet werden konnten.