Keine Aluminiumschalen in städtischen Einrichtungen
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Lydia Dietrich, Katrin Habenschaden, Sabine Krieger und Oswald Utz (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 20.7.2017
Antwort Stadtschulrätin Beatrix Zurek:
Auf Ihre Anfrage vom 20.7.2017 nehme ich Bezug.
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt vorausgeschickt:
Zur Aufbewahrung und Zubereitung von Essen werden häufig Aluminium-folie oder Aluminiumschalen verwendet. Durch die Hitzebeständigkeit und wärmespeichernde Eigenschaft von Aluminium ist dies vor allem für Kantinen eine einfache Methode, Speisen für eine Vielzahl von Menschen zuzubereiten. Ein Forschungsprojekt des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) hat nun aufgezeigt, dass beim Aufbewahren und Warmhalten von vor allem salz- und säurehaltigen Gerichten in Aluminiumschalen hohe Aluminiumgehalte von der Verpackung auf das Essen übergehen.
Bei jedem Essen dieses Tests lagen die gemessenen Aluminiumwerte deutlich über dem festgelegten Freisetzungsgrenzwert von 5 mg Aluminium pro Kilogramm Lebensmittel. Die Feststellung des BfR wird auch von der Verbraucherzentrale und vom Arbeitskreis Lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (ALS) bestätigt, welcher die Aussage, Aluminium in Lebensmitteln sei nicht gesundheitsgefährdend, für unzulässig erklärte.
Aluminium ist allgemein dafür bekannt, dass es bei zu hoher Einnahme das Nervensystem, die Fruchtbarkeit und die Knochenentwicklung schädigen kann, und steht im Verdacht, auch die Entstehung von Brustkrebs und Alzheimer zu fördern.
Das BfR rät daher zu einer Minimierung jeder vermeidbaren Aufnahme von Aluminium, vor allem für Senioren und Kleinkinder.
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen in Abstimmung mit dem Referat für Gesundheit und Umwelt und dem Personal- und Organisa-tionsreferat Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Wie viele der städtischen Einrichtungen verwenden bei der Zubereitung oder Aufbewahrung ihres Essens Aluminiumschalen?
Antwort:
Das Personal- und Organisationsreferat teilt mit, dass die Kantinenpächter im Baureferat bzw. Kreisverwaltungsreferat nach eigenen Angaben keine Aluminiumschalen verwenden. Die Rathauskantine nutzt derzeit diese Art von Verpackung bei Gästen, die Essen mitnehmen möchten. Allerdings beabsichtigt die derzeitige Pächterfamilie, den geringen Restbestand suk-zessiv abzubauen und neue Aufbewahrungsformen einzuführen.
Bezüglich der Speisenversorgung an den Kindertageseinrichtungen und Mittagsbetreuungen an den Schulen kann Folgendes berichtet werden:
In den laufenden Verträgen mit den Cook&Chill-Anbietern als auch in den Verträgen des neuen Rahmenvertrages (Laufzeit Herbst 2017 – Herbst 2019) werden die Speisen entweder in Biopapp-Schalen (biologisch ab-baubare, bis 140° C hitzebeständige Papierschalen aus ausgedroschenem Zuckerrohr) oder in Gastro-Norm-Behältern (Edelstahlbehälter) regeneriert. Aluminiumschalen kommen in den laufenden und in den zukünftigen Ver-trägen nicht zum Einsatz.
In den laufenden Verträgen mit den Tiefkühl (Cook&Freeze)-Essenslieferanten liefert eine Firma, einen Teil ihrer Speisen in Aluminiumschalen.
Derzeit werden 71 Einrichtungen mit Speisen von dieser Firma beliefert, die in Aluminiumschalen gelagert und regeneriert werden.
Die anderen beiden Anbieter liefern ihre Speisen in Pappschalen oder in Form von Komponenten, die in Gastro-Norm-Behältern regeneriert werden.
An Schulen, deren Mensen verpachtet sind, ist schon in den Verträgen der Verzicht auf Einwegverpackungen (damit auch Aluminiumschalen) bzw. deren minimierte Nutzung niedergelegt.
Frage 2:
Welche alternativen und nicht gesundheitsgefährdenden Methoden gibt es stattdessen?
Antwort:
In der Zubereitung von Speisen werden die für die Gastronomie zugelas-senen Behälter aus Edelstahl, Kunststoff oder Porzellan eingesetzt. Für ein Essen zum Mitnehmen kommen hauptsächlich Verpackungen aus Styro-por zum Einsatz. Es ist zunehmend beabsichtigt, auf Einweggeschirr komplett zu verzichten, d.h. von Styropor auf biologisch abbaubare Materialien umzustellen bzw. vorhandenes Geschirr auch für die Verwendung außerhalb des Gastraumes freizugeben.
Als alternative Verpackungen werden in Kindertagesstätten und Schulen Schalen aus Cellulose oder Pappe bzw. Papier sowie Gastro-Norm-Behälter aus Edelstahl verwendet.
Frage 3:
Haben das Referat für Gesundheit und Umwelt oder das Referat für Bildung und Sport nach der Veröffentlichung dieser Studie vor, die Aufbewahrung von Speisen in Aluminiumschalen in städtischen Einrichtungen zu verbieten?
Antwort:
Das Referat für Gesundheit und Umwelt teilt mit, dass es nicht die für lebensmittelrechtliche und -technische Fragestellungen fachlich zuständige Vollzugsbehörde ist und demnach auch keine rechtlichen Befugnisse hat, ein Verbot von aluminiumhaltigen Schalen zur Aufbewahrung von Speisen auszusprechen.
Vom Referat für Bildung und Sport ist ein Verbot des Einsatzes eines speziellen Verpackungsmaterials und damit auch ein Verbot des Einsatzes von Aluminiumschalen nicht geplant.
Wir stehen mit unseren Vertragspartnern und Cateringunternehmen in engem Kontakt und vertrauen auf die nachgewiesene hohe Qualität der eingesetzten Verpackungsmaterialien.
So hat die Firma Stellungnahmen zur Qualität ihrer Alu-Schalen und zum Übergang von Aluminiumionen auf die Speisen erstellt und sich die hohe Qualität der eingesetzten Schalen von externen, unabhängigen Instituten und Prüflaboren bestätigen lassen.
Grundsätzlich widerspricht die Verwendung von Aluminium nicht dem Lebensmittelrecht, wenn die lebensmittelrechtlichen Voraussetzungen zu Lebensmittelkontaktmaterialien eingehalten werden (insbesondere VO (EG) Nr. 1935/2004).
Wenn das Bayer. Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit nach Probenentnahmen erhöhte Werte feststellen würde, wäre die Lebensmittelüberwachung zuständig.
Zusammengefasst sind folgende Punkte von Bedeutung:
1. Die Produkte der Firma, die in Aluminiumschalen angeboten werden, wurden in den letzten Jahren immer wieder von mehreren, unabhängigen Untersuchungsinstituten überprüft. Dabei lagen die Werte immer unter dem EU-Richtwert von 5 mg Aluminium/kg Lebensmittel.
2. Die in der Untersuchung des Bundesinstitutes für Risikobewertung verwendeten Schalen, unbeschichtete Aluminiumschalen, stimmen nicht mit denen überein, die die Firma verwendet. Sie verwendet eine weit hochwertigere Metalllegierung.
3. Die regenerierfertigen Speisen, die bei dem größten Teil der städtischen Kindertageseinrichtungen eingesetzt werden, werden im Cook&Freeze-Verfahren hergestellt. Bei dem Versuch des Bundesinstituts für Risikobewertung wurden Speisen verwendet, die im Cook&Chill-Verfahren hergestellt wurden. Zwischen den beiden Verfahren gibt es deutliche Unterschiede, welche sich entscheidend auf einen eventuellen Übergang von Aluminiumionen auswirken. Das Abkühlen der Speisen im Tiefkühl-Verfahren erfolgt innerhalb kürzester Zeit, so dass das freie Wasser, welches für das Herauslösen der Aluminiumionen von großer Bedeutung ist, schnell gebunden wird. Auch werden die Speisen in unseren Einrichtungen nicht über mehrere Stunden in den Schalen warmgehalten, sondern so regeneriert, dass die Speisen kurz vor Essensbeginn fertig zubereitet sind. Die Warmhaltezeit wird dadurch auf ein Minimum reduziert.
4. Die im Versuch verwendeten Lebensmittel (Sauerkrautsaft, Apfelmus und passierte Tomaten) sind extrem sauer (niedriger pH-Wert) und werden so von der Firma nicht vertrieben. Bei Produkten mit einem sehr niedrigen pH-Wert, z.B. bei Fruchtsoßen, setzt sie seit Jahren zur zusätzlichen Absicherung lackierte Aluminiumschalen ein.
In der kommenden Ausschreibungsphase (September 2017 bis August 2019) ist die Firma nicht mehr im Kreise der Anbieter.
Frage 4:
Inwiefern wird das Wissen über die Gefährdung durch Aluminium im Essen auch an die Münchner Bevölkerung übermittelt?
Antwort:
Im Rahmen des Vollzugs seiner umweltmedizinischen Aufgaben berät das Referat für Gesundheit und Umwelt Münchner Bürgerinnen und Bürger bei Fragestellungen zu vermeintlichen Aluminium assoziierten Gesundheitsbeeinträchtigungen. Dies betrifft auch Fragestellungen zur Aufbereitung, Zubereitung und Warmhalten von Lebensmitteln in aluminiumhaltigen Behältnissen.
Bürgeranfragen diesbezüglich waren in den zurückliegenden Jahren lediglich vereinzelt Anlass, die Beratungskompetenz des Referates für Gesundheit und Umwelt in Anspruch zu nehmen.
Neben aluminiumhaltigen Behältnissen gibt es eine Vielzahl anderer Quellen, die zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung von Bürgerinnen und Bürgern führen können. Aus diesem Grunde empfiehlt das Referat für Gesundheit und Umwelt seit Jahren insbesondere empfindlichen Verbrauchergruppen (z.B. Kinder, Senioren) nachdrücklich, den Rückgriff auf entsprechende Materialien, Werkstoffe und Produkte zu minimieren. Diese Empfehlung steht im Einklang mit der Aussage des BfR, wonach ange-sichts der ohnehin vorhandenen Belastung mit Aluminium in der Bevölkerung eine Minimierung jedes vermeidbaren, zusätzlichen Eintrags angestrebt werden sollte.
Eine Notwendigkeit, die Bevölkerung gesondert über eine Gefährdung durch Aluminium im Essen durch das Referat für Gesundheit und Umwelt zu informieren, wird nicht gesehen, da die Thematik einer möglichen Aluminiumbelastung durch entsprechende Produkte und deren nachteilige Folgen bereits seit Jahren in der öffentlichen Diskussion sind.
Das Referat für Gesundheit und Umwelt geht davon aus, dass entspre-chende Informationen bedarfs- und anlassbezogen von der Münchner Le-bensmittelüberwachung grundsätzlich an die von ihr kontrollierten Einrich-tungen übermittelt werden.
In den Aufgabenbereich des Referats für Bildung und Sport fallen unter anderem die Kindertageseinrichtungen.
Die Information der Bevölkerung zu gesundheitlichen und umweltbezoge-nen Themen obliegt nicht der Zuständigkeit des Referats für Bildung und Sport, sondern fällt in die Zuständigkeit des Referats für Gesundheit und Umwelt.
Anfragen der Elterngremien bzw. einzelner Eltern zum Thema Einsatz von Aluminiumschalen in städtischen Kindertageseinrichtungen werden vom Referat für Bildung und Sport in Abstimmung mit den entsprechenden externen Fachstellen selbstverständlich beantwortet.
Darüber hinaus hat der Stadtrat diverse Vorgaben beschlossen, um potentielle Belastungen im Essen auszuschließen bzw. auf ein Minimum zu reduzieren.
Diese finden sich in den Ausschreibungen für Cook&Chill- bzw. Cook&Freeze-Speisen wieder.
Zu den Vorgaben zählen unter anderem:
- ein Bioanteil von 50% bei den Speisen (bei Fleisch 90%)
- keine Zusatzstoffe in den Speisen, die nicht der Europäischen Öko-Verordnung entsprechen (dies gilt auch für die konventionellen Speisen/Lebensmittel)
- hohe Qualitätsanforderungen bei tierischen Lebensmitteln
- Einsatz von Fisch aus zertifiziertem Fang oder ökologischer Aquakultur
Zudem besprechen wir regelmäßig mit unseren aktuellen Vertragspartnern, welche Möglichkeiten einer Umstellung auf alternative Verpackungen es gibt.
Vor den nächsten Ausschreibungen (Cook&Chill sowie Cook&Freeze), die im Jahr 2019 veröffentlicht werden, werden wir uns intensiv mit dem The-ma Verpackung der Speisen auseinandersetzen und dann – unter Berück-sichtigung der aktuellen wissenschaftlichen Datenlage – entscheiden, welche Verpackungen für die Lieferung der Speisen an unsere Kindertageseinrichtungen zulässig sind und diese dann mit in die Ausschreibung aufnehmen.
In dem sich in Arbeit befindlichen neuen Abfallkonzeptes für städtische Einrichtungen liegt ein Schwerpunkt auch im Bereich Verpackungen. Hier wird besonders auf die Wiederverwendbarkeit großen Wert gelegt werden, wodurch sich Aluschalen dann ausschließen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.