Flexi-Wohnheim in der Ständlerstraße 38: Wo bleibt die politische Debatte?
Anfrage Stadträtinnen Gülseren Demirel und Jutta Koller (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 26.1.2017
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 26.1.2017 führen Sie Folgendes aus:
„Eigentlich ist alles vorbereitet in der Ständlerstraße 38. Dort soll ein so- genanntes Flexi-Wohnheim mit kleinen Wohneinheiten gebaut werden, die temporär für wohnungslose Haushalte einschließlich anerkannter Geflüchtete, Auszubildende sowie ArbeitnehmerInnen im Niedriglohnsektor bzw. in sog. Mangelberufen (ErzieherInnen, PflegerInnen) verwendet werden können. Einzig das Startsignal der Politik fehlt noch. Der Bezirksausschuss hatte sich gegen das Flexi-Wohnheim ausgesprochen mit der Begründung, es gäbe an der Stelle eine Konzentration mehre- rer Projekte mit ähnlichem Charakter und ähnlicher Zielgruppe. Tatsächlich steigt der Druck für die Stadt München täglich, günstigen Wohnraum für wohnungslose und niedrigverdienende Haushalte zu schaffen – mit mittlerweile über 7.000 Wohnungslosen. So sehr sich die Verwaltung auch bemüht, ähnliche Projekte über die Stadt und Stadtteile gleichmäßig zu verteilen, lässt sich dies nicht immer realisieren. Nun soll wohl auf Grund der Intervention einzelner StadträtInnen aus den regierenden Fraktionen das Flexi-Wohnheim in der Ständlerstraße 38 aus der entsprechenden Beschlussvorlage gestrichen oder zumindest zurück- gestellt werden. Wir sind äußerst irritiert darüber (…). Wir halten die politi- sche Debatte (…) für unerlässlich und fordern diese ein.“
Zu Ihrer Anfrage vom 26.1.2017 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Ist es die neue politische Kultur im Rathaus, politische Debatten nicht mehr zu führen und stattdessen strittige oder unliebsame Themen einfach prophylaktisch aus Beschlussvorlagen streichen zu lassen?
Antwort:
Es liegt keine „neue politische Kultur“ vor, sondern ein seit 2014 praktiziertes und bewährtes Verfahren zur Findung von Standorten zur Unter-bringung von Wohnungslosen und Flüchtlingen. Bei dem Projekt Ständlerstraße 38 handelt es sich um ein Bauvorhaben eines privaten Investors. Durch die Bauvoranfrage dieses Investors ist das Projekt zur Beteiligung an den Bezirksausschuss gelangt. Dieses Verfahren ist regulär und erfolgt regelmäßig bei Bauvorhaben privater Investoren. Auf diese Weise kann selbstverständlich auf Stadtbezirksebene eine politische Diskussion beginnen, bevor der Stadtrat mit den jeweiligen Projekten befasst wurde.
Auch bei Bauvorhaben, die nicht durch eine Bauvoranfrage eines privaten Investors an den Bezirksausschuss gelangen, sieht der Kommunikationsablauf bei neuen Standorten zur Unterbringung von Wohnungslosen und Flüchtlingen eine Vorabinformation des jeweils betroffenen Bezirksausschusses durch das Sozialreferat vor. (Siehe Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 00955, S. 11 f.) Diese Vorabinformation erfolgt noch vor der Befassung des Stadtrates. Damit wird der besonderen Ortskenntnis der Stadtbezirksvertreterinnen und -vertreter Rechnung getragen. Dies dient dazu, dem Stadtrat möglichst qualifizierte Vorlagen zur Entscheidung vorzulegen. Und dies beinhaltet auch, dass in Einzelfällen die Beschlussvorlagen noch entsprechend abgeändert werden und dem Stadtrat Standorte nicht vorgeschlagen werden.
Frage 2:
Trifft es zu, dass es zu oben beschriebenen Vorgängen gekommen ist?
Antwort:
Es trifft zu, dass der Standort Ständlerstraße 38 von der Verwaltung vorgesehen war, dass er auch bereits in den Entwurf einer Beschlussvorlage eingebaut war, aber wieder aus diesem Entwurf heraus genommen worden ist. Gegen den Standort hat es nachvollziehbare Vorbehalte gegeben.
Frage 3:
Wie nimmt der Oberbürgermeister zu diesem Sachverhalt Stellung?
Antwort:
Der Oberbürgermeister steht hinter dem bewährten Verfahren der Kommunikation und Findung von Standorten zur Unterbringung von Wohnungslosen und Flüchtlingen.
Frage 4:
Wie kann in Zukunft sichergestellt werden, dass die politische Debatte wie vorgesehen den Stadtrat im zuständigen Ausschuss erreicht?
Antwort:
Durch das Stellen von Bauvoranfragen privater Investoren sowie durch die Vorabinformation der Bezirksausschüsse durch das Sozialreferat ist es weiterhin möglich, dass es politische Debatten über Standorte gibt, bevor diese dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt werden. Es ist das übliche Verfahren, dass die Verwaltung Beschlussvorlagen erstellt und zur Diskussion und Entscheidung in den Stadtrat einbringt. Die Referentinnen und Referenten haben ein Antragsrecht und darin enthalten ist auch die Rücknahme kritischer Planungen. Den Mitgliedern des Stadtrates ist es jederzeit möglich, durch Anträge oder Anfragen auch politische Debatten über Standorte herbeizuführen, die nicht in den Beschlussvorlagen enthalten sind.