Darstellung eines Konzeptes zur soziokulturellen, künstlerischen und kreativwirtschaftlichen Zwischennutzung des sog. Kreativquartiers
Antrag Stadtrats-Mitglieder Gülseren Demirel, Dr. Florian Roth und Dr. Florian Vogel (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 22.1.2014
Antwort Kulturreferent Dr. Hans-Georg Küppers:
Mit Ihrer Zustimmung beantworte ich Ihren Antrag vom 22.1.2014 „Darstellung eines Konzepts zur soziokulturellen, künstlerischen und kreativwirtschaftlichen Zwischennutzung des sog. Kreativquartiers“ mit diesem Schreiben.
Den Zielen Ihres Antrages, die bisherigen kulturellen Zwischennutzungen so lange wie möglich zu erhalten, für bauliche und sicherheitsrelevante Probleme gemeinsame Lösungen zu finden und zu prüfen, ob im Kreativlabor weitere Leerstände einer kulturellen Zwischennutzung zugeführt werden können, kann im vollen Umfang entsprochen werden
1.Zwischennutzungen erhalten
Sowohl das Ergebnis des vom Team Teleinternetcafe/TH-Treibhaus
Landschaftsarchitektur gewonnenen Wettbewerbs für die Entwicklung des Gesamtquartiers „Kreativquartier“ als auch der vom Stadtrat dafür beschlossene Rahmenplan würdigen den experimentellen Charakter des Teilquartiers „Kreativlabor“ an der Dachauer Straße 110-114 und Schwere-Reiter-Straße, in dem sich nach und nach zahlreiche Akteure der freien Kunst- und Kulturszene als Zwischennutzer angesiedelt haben. Daher soll abweichend vom übrigen Planungsgebiet eine prozesshafte, d. h. eine aus dem Bestand schrittweise wachsende Entwicklung erfolgen. Für das Teilquartier „Kreativlabor“ wird ein einfacher Bebauungsplan aufgestellt, der das Potenzial hat, den gewünschten urbanen Nutzungsmix schrittweise umzusetzen. Als Ergebnis einer vom Kommunalreferat beauftragten Untersuchung besitzt ein Großteil der Bestandsbauten mindestens kurzfristiges, teilweise aber auch mittel- bis langfristiges Nutzungspotenzial. Der überwiegende Teil des Baubestands kann daher vorläufig erhalten und weiter genutzt werden. Nur bei wenigen Gebäuden wird von einer Weiternutzung aufgrund des desolaten Bauzustands bzw. der Unwirtschaftlichkeit einer Sanierung abgeraten.
Ziel der Neuordnung im Kreativlabor, die maßgeblich auf die vorhandene Gebäude- und Nutzungsstruktur aufbaut, ist eine lebendige
Vielfalt aus Kunst und Kultur, Kultur- und Kreativwirtschaft, Gewerbe,Wohnen und sozialen Nutzungen. Das Kreativlabor soll zu einem Ort der Begegnung werden, der vernetzt mit der künftigen kulturellen und kultur- und kreativwirtschaftlichen Nutzung der Jutier- und Tonnenhalle auch auf benachbarte Gebiete ausstrahlt.
Prinzipiell existiert dieser Nutzungsmix bereits heute und im Laufe der Zeit soll dieser grundsätzlich erhalten und aktiv weiterentwickelt werden. Die teils seit vielen Jahren im Areal aktiven Zwischennutzungen wie das Atelierhaus, die Halle 6, das Schwere Reiter, das Pathos München und die Akteure der kulturellen Bildung und der Soziokultur werden mittelfristig vor Ort Bestand haben und den künftigen Nutzungsmix der Jutier- und Tonnenhalle bereichern und ergänzen. Ziel ist es, einen behutsamen Transformationsprozess in Gang zu setzen, in dessen Verlauf z. B. auch Start-ups aus der Kultur- und Kreativwirtschaftsszene zeitlich befristet unterstützt oder neue Wohnmodelle (Atelierwohnungen etc.) erprobt werden können.
Vor diesem Hintergrund ist es grundsätzliches Ziel, die Zwischennutzungsverträge bis Ende 2019 zu verlängern. Die derzeitigen Verträge laufen bis zum 31.12.2017. Für eine Verlängerung sind zum Teil Anpassungen der Vertragskonditionen erforderlich, die aktuell verhandelt werden. Basis dafür sind die genehmigten Nutzungen zum Zeitpunkt der Erstüberlassung bzw. die Voraussetzung von genehmigungsfähigen Nutzungskonzepten für die jeweiligen Räumlichkeiten. Die Ergebnisse der aktuell durchgeführten Prüfungen der Bausubstanz im Abgleich mit den jetzigen Nutzungen werden als weitere Grundlage herangezogen, um die Fortführung der Zwischennutzung zu bewerten und ggf. baulichtechnische Maßnahmen zu definieren.
2.Bauliche und sicherheitsrelevante Probleme
Der überwiegende Teil des Baubestands kann vorläufig erhalten und weiter genutzt werden. Wie lange dies für jedes einzelne Gebäude gilt, darüber wird im Laufe der Zeit einzelfallbezogen anhand einschlägiger planerischer und wirtschaftlicher Beurteilungskriterien bzw. Nutzungsbedarfe zu entscheiden sein. Bei einigen Gebäuden kommt bereits aus heutiger Sicht ein Erhalt wirtschaftlich nicht in Frage. In diesen Fällen werden die Objekte schrittweise zurückgebaut und die freien Flächen den Vorschlägen des Rahmenplans entsprechend einer neuen Bebauung zugeführt.
Die Vollversammlung des Stadtrates hat am 20.7.2016 das Kommunalreferat mit der Durchführung notwendiger Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten an den zur weiteren Nutzung vorgesehenen Gebäuden im Kreativlabor beauftragt und hierfür im Zeitraum 2016 bis2020 insgesamt 9.600.000 Euro bewilligt. Zudem wurden die Mittel für den Abbruch des Hallenkomplexes rund um die ehemalige Lamentohalle, der bereits seit 2013 endgültig aufgrund erheblicher statischer Probleme gesperrt war, beschlossen. Um an der exponierten und für das Labor bedeutenden Stelle einen ersten städtebaulichen Impuls auf einer Fläche von ca. 6.000 m² zu setzen, ist beabsichtigt, die Fläche zeitlich befristet für eine kulturelle und kultur- und kreativwirtschaftliche Zwischennutzung zur Verfügung zu stellen. Für die Öffentlichkeit wie auch für die gegenwärtigen Nutzerinnen und Nutzer auf dem Areal ist dies als deutliches Auftaktsignal für die Entwicklung des „neuen“ Kreativlabors zu verstehen. Die Vergabe im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung durch das Kommunalreferat gemeinsam mit dem Kompetenzteam für Kultur- und Kreativwirtschaft und dem Kulturreferat in Abstimmung mit der referatsübergreifenden Arbeitsgruppe stellt dabei ein Pilotprojekt dar.
3.Leerstände im Teilquartier „Kreativlabor“
Die Gebäude im Kreativlabor sind derzeit weitgehend belegt (soweit sie nicht aus statischen Gründen gesperrt sind). Vereinzelt frei werdende kleinere Nutzungseinheiten werden schnell nachgefragt und in Abstimmung mit der referatsübergreifenden Arbeitsgruppe Kreativquartier sowie unter Berücksichtigung des baulichen Zustands und der gewünschten Nutzungsmischung kurzfristig neu vermietet.
4.Koordinierungsstelle und Beirat
Das Kreativlabor ist aufgrund der bestehenden kleinteiligen und schnelllebigen Nutzungsstrukturen, zahlreicher individueller Interessen wie auch aufgrund der unterschiedlichen räumlichen Gegebenheiten und teils einfacher Gebäudeausstattung im Management kleinteilig und betreuungsintensiv. In der referatsübergreifenden Arbeitsgruppe und dem Lenkungskreis Kreativquartier herrscht einhellig die Meinung, dass ein formales Konzept wenig geeignet erscheint, den vielfältigen Aufgabenstellungen im Entwicklungsprozess und dem Anspruch, hier impulsgebend für die Kultur- und Kreativszene zu wirken sowie auch in stadtplanerischer Sicht etwas für München Neuartiges zu schaffen, zeitnah gerecht zu werden. Um die wichtigsten Koordinierungsaufgaben, wie die Moderation, die Gewährleistung eines kulturellen und kultur- und kreativwirtschaftlichen Nutzungsmixes, das Freiflächenmanagement etc. auch in Anbetracht eines überdurchschnittlichen Betreuungsaufwands vor Ort bedarfsgerecht erfüllen zu können, wurde mit Stadtratsbeschluss im Herbst 2016 eine Koordinierungsstelle für das Kreativlabor beim Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaftgeschaffen. Sie hat die Aufgabe Ansprechpartner vor Ort zu sein und hat eine Schnittstellen- und Vermittlerrolle zwischen Nutzern, Anwohnern, Besuchern und der Stadtverwaltung inne. Sie sammelt Ideen und Anregungen und ist Anlaufstelle bei Konflikten vor Ort. Hierzu werden regelmäßige Sprechstunden und Treffen mit den unterschiedlichen Akteuren im Labor durchgeführt. Darüber hinaus zählen Leistungen im Bereich Raum- und Freiflächenmanagement zu den Aufgaben der Koordinierungsstelle. Dies sind im Wesentlichen die Entwicklung von Vorschlägen zur NutzerInnenstruktur und das Sammeln von Projektideen und Konzeptionen zur Nutzung der Freiflächen sowie deren Entscheidungsvorbereitung. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für das Kreativlabor übernimmt die Koordinierungsstelle in Abstimmung mit der referatsübergreifenden Arbeitsgruppe. Die technischen Dienstleistungen werden weiterhin vom Kommunalreferat erbracht.
Im Kontext aktueller Fragestellungen und Diskussionen zur Quartiersentwicklung sind zudem der Dialog der Referate mit den Zwischennutzerinnen und Zwischennutzern (z. B. Laborgespräch) und der Beirat der Koordinierungsstelle für das Kreativlabor von großer Bedeutung. Der Beirat hat beratende Funktion und begleitet die Zwischennutzungsphase und die Öffnung des Areals nach außen, wobei die Zusammensetzung der Nutzerstruktur des Kreativlabors, die Verbesserung der Durchwegung und Außenwahrnehmung des Geländes und die Qualifizierung der Nutzerinnen und Nutzer zur Weiterentwicklung der Zwischennutzungen wichtige thematische Felder sind. Der Beirat unterstützt die Koordinierungsstelle und ist breit zusammengesetzt aus Vertretungen der beiden Bezirksausschüsse, der Labornutzerinnen und -nutzer, des Referates für Stadtplanung und Bauordnung sowie aus zwei externen Experten für die Bereiche Kultur und Kultur- und Kreativwirtschaft. Die Koordinierungsstelle ist ebenfalls im Beirat vertreten und fungiert als Schnittstelle zur referatsübergreifenden Arbeitsgruppe bzw. zum Lenkungskreis.
Wie Sie meinen Ausführungen entnehmen können, ist damit den Zielsetzungen Ihres Antrags, die bisherige kulturelle Zwischennutzung so lange wie möglich zu erhalten, für bauliche und sicherheitsrelevante Probleme gemeinsame Lösungen zu finden und etwaige Leerstände im Gelände kulturellen Zwischennutzungen zuzuführen, im Sinne des Antrages entsprochen.Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen und hoffe, dass Ihr Antrag zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.