Was tut die Stadt, um die MitarbeiterInnen im Rathaus vor der Lärmbelastung durch die Baustelle für die 2. S-Bahn-Stammstrecke zu schützen?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Anna Hanusch und Sabine Nallinger (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 26.1.2017
Antwort Personal- und Organisationsreferent Dr. Alexander Dietrich:
Ihre an Herrn Oberbürgermeister gerichtete Anfrage vom 26.1.2017 wurde dem Personal- und Organisationsreferat zur Beantwortung zugeleitet. Sie haben folgenden Sachverhalt vorausgeschickt:
„Am 5. April diesen Jahres soll die Grundsteinlegung für den Bau der 2. S-Bahn-Stammstrecke erfolgen. Dies bedeutet an mehreren Stellen der zentralen Innenstadt gigantische Baumaßnahmen für die nächsten 10 Jahre oder länger. Der Marienhof wird – nachdem er seit einigen Jahren wieder begrünt war – dafür zu einer Großbaustelle. Mit schwersten Gerätschaften wird hier ein Bahnhof und ein Abschnitt des Tunnels in enormer Tiefe gegraben. Diese Baustelle wird mit einer massiven Dauerlärmbelastung für die gesamte Anwohnerschaft des Marienhofs einhergehen. Mehrere Anlieger des Marienhofs haben sich rechtlich gegen dieses Projekt gewehrt und von Seiten des VGH Maßnahmen für den Lärmschutz (u.a. Lärmschutzwände) zugebilligt bekommen (http://www.vgh.bayern.de/media/bayvgh/presse/ pmJ2011-02-04.pdf). Die Landeshauptstadt München hat sich bisher nicht mit der Großbaustelle und deren Konsequenzen für die Beschäftigten im Rathaus auseinandergesetzt. Im Vergleich zu den umliegenden Gewerbetreibenden stellt die Stadt München mit großem Abstand die meisten betroffenen Arbeitsplätze. Der dem Marienhof zugewandten Seite des Rathauses können ca. 80 Büros zugeordnet werden. Rechnet man mit einer durchschnittlichen Belegung von 2 Personen pro Büro, so betrifft dies in Summe ca. 160 Personen. All diese Kolleginnen werden während der Bauarbeiten einer enormen Lärmbelastung ausgesetzt, welche mit den Vorkehrungen des Arbeitsschutzes unvereinbar ist. Da das Lüften der Räume im Rathaus derzeit ausschließlich über das Öffnen der Fenster möglich ist, entsteht in diesen Zeitraum ein noch höherer Lautstärkepegel in den Zimmern.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen kann ich Ihnen wie folgt beantworten, wobei Frage 1 und 2 bereits mit Schreiben vom 10.2.2017 durch das Personal- und Organisationsreferat beantwortet wurden und der Vollständigkeit halber nochmals mit aufgeführt werden. Die Fragen 3, 4, 5 und 6 wurden durch das Referat für Stadtplanung und Bauordnung unter Einbeziehung des Kommunalreferats beantwortet, die Fragen 7 und 8 wieder durch das Personal- und Organisationsreferat.
Frage 1:
Der Tunnel sollte ursprünglich bereits zu Beginn der Olympischen Winterspiele 2018 in München in Betrieb gehen. Man kann daher davon ausgehen, dass die Baustelle für die LHM nicht überraschend kommt. Nach § 3 der Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen (Lärm- und Vibrations- Arbeitsschutzverordnung – LärmVibrationsArbSchV) hat der Arbeitgeber festzustellen, ob die Beschäftigten Lärm oder Vibrationen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können. Ist die LHM hier bereits tätig geworden?
Antwort:
Bislang sind noch nicht genügend Details der Baustelle bekannt, um belastbare Aussagen zu eventuell auftretenden Beeinträchtigungen treffen zu können. Präventive Maßnahmen könnten derzeit allenfalls „ins Blaue hinein“ erfolgen und sind deshalb nicht veranlasst.
Grundsätzlich unterliegen alle Baustellen unter anderem den gesetzlichen Vorgaben des Immissionsschutzes. Das bedeutet, dass auch die vorgegebenen Werte bezüglich Lärm und Vibrationen eingehalten werden müssen. Wir gehen davon aus, dass die gesetzlichen Bestimmungen beachtet werden.
Von Seiten der Stadtverwaltung wird das Baugeschehen kontinuierlich beobachtet werden. Bei Auffälligkeiten wird das RGU an das zuständige Eisenbahnbundesamt herantreten und auf eine Einhaltung der Auflagen zum Lärmschutz dringen. Dies beinhaltet u.a. auch die Forderung nach Lärmmessungen. Auf Basis der Messergebnisse kann dann über ggf. weitere Maßnahmen entschieden werden.
Frage 2:
Welche Beeinträchtigungen erwartet die Landeshauptstadt München für die Beschäftigten im Rathaus (Büros zur Seite des Marienhofs) durch die Großbaustelle für die zweite Stammstrecke?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 1.
Frage 3:
Hat die Stadt München sich bisher aktiv beim Bauherrn (Deutsche Bahn) um einen verbesserten Lärmschutz für das Rathaus bemüht?
Antwort:
Im Rahmen des Anhörungsverfahrens des Planfeststellungsverfahrens zum Planfeststellungsabschnitt 2 – München Mitte, Bereich Karlsplatz bis Isar hatte die Landeshauptstadt München eine vom Stadtrat beschlossene Stellungnahme (Beschluss des Verwaltungs- und Personalausschusses als Feriensenat vom 24.8.2005, Sitzungsvorlagen-Nr. 02/V 06727) abgegeben. Darin wurden Forderungen zu den baubedingten Emissionen, insbesondere zu den lärmintensiven Arbeiten am Marienhof erhoben. So war seitens der Landeshauptstadt München u. a. gefordert worden, nur Techniken bzw. Maschinen einzusetzen, die dem neuesten Stand der Technik entsprechen. Bei dem Erörterungstermin bei der Regierung von Oberbayern am 20.1.2006 stellte die Landeshauptstadt München ihre Forderungen nochmals vertieft dar, die von der Vorhabenträgerin gewürdigt wurden.
Im Planfeststellungsbeschluss vom 24.8.2009 wurde die Vorhabenträgerin vom Eisenbahn-Bundesamt als Planfeststellungsbehörde durch Nebenbestimmung u.a. verpflichtet, ausschließlich Bauverfahren und Baugeräte einzusetzen, die dem Stand der Technik entsprechen. Daneben wurde beauflagt, dass von der Vorhabenträgerin Messstellen zur Ermittlung der baubedingten Lärm- und Erschütterungsimmissionen einzurichten und die regelmäßigen Messungen als Beweissicherung für die Einhaltung der Lärmwerte zu dokumentieren sind.
Im Planfeststellungsbeschluss wurde der Landeshauptstadt München für die Hausmeisterwohnungen im 5. Obergeschoss des Neuen Rathauses
ein Anspruch auf Erstattung von Schallschutzvorrichtungen (Schallschutzfenster und Schalldämmlüfter) eingeräumt.
Für die Baustelle Marienhof wurde für die gesamte Hauptbauzeit die Errichtung einer teilweise hochabsorbierenden Lärmschutzwand verfügt, die nunmehr in einer Höhe von 4,50 Meter ausgeführt wird.
Frage 4:
Wenn 3 verneint wurde: Warum nicht, und gedenkt die Stadt dies noch zu tun?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 3.
Frage 5:
Welche Möglichkeiten hat die Stadt um die Beschäftigten vor der Lärmbelastung durch die Baustelle zu schützen?
Antwort:
Selbstverständlich ist dem Kommunalreferat bewusst, dass eine „Jahrhundertbaustelle“ wie der Neubau der 2. S-Bahn Stammstrecke mit erheblichen Belastungen u.a. für die im Neuen Rathaus situierten Beschäftigen verbunden sein wird.
Der Planfeststellungsbeschluss regelt aber (vgl. Antwort zu Fragen 3 und 4), welche Maßnahmen von der Vorhabenträgerin ergriffen werden müssen, damit die geltenden Vorschriften zum Schutz Dritter (also auch die Rathausnutzerinnen und -nutzer) wie z.B. der Lärmschutz gewahrt sind – die Einhaltung dieser Vorgaben hat die Vorhabenträgerin durch entsprechende Baustellenkontrollen sicherzustellen. Die Vorhabenträgerin ist gemäß Planfeststellungsbeschluss ferner verpflichtet, einen unabhängigen, anerkannten Sachverständigen für Lärm- und Erschütterungsfragen zu beauftragen, der neben einer regelmäßigen Messüberwachung während der Bauphase auch als Ansprechpartner für die durch die baubedingten Immissionen betroffene Bevölkerung dient. Wie in der Antwort zu den Fragen 3 und 4 vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung bereits ausgeführt, hat die Vorhabenträgerin die in den Messstellen ermittelten Messergebnisse während des Bauablaufs zu dokumentieren und auf Verlangen der Betroffenen diese über die Ergebnisse zu informieren.
Frage 6:
Wie und wann wird die Stadt die Beschäftigten über die Beeinträchtigun- gen durch die Baustelle informieren?
Antwort:
Das Kommunalreferat hat selbst erst aus der Presse erfahren, dass gegen Ende Oktober 2016 überraschend eine Einigung bzgl. der Finanzierung der 2. S-Bahn-Stammstrecke erzielt wurde und mit den Bauarbeiten zeitnah begonnen werden soll. Das Kommunalreferat hat daraufhin umgehend Kontakt mit Vertretern der Deutschen Bahn aufgenommen und sich die im ersten Bauabschnitt anstehenden Spartenarbeiten sowie die beabsichtigte Zeitschiene (von 6.3.2017 bis vrstl. Ende März 2018) erörtern lassen. Die Information der betroffenen Nutzerdienststellen im Rathaus sowie der Ladenmieter über den Bauzeitenplan und die Maßnahmen der Spartenarbeiten erfolgte – nachdem sich seitens der Deutschen Bahn nochmals Änderungen im Planungsablauf ergeben haben – durch das Kommunalreferat mit Email vom 26.1.2017.Die Deutsche Bahn hat dem Kommunalreferat im obigen Gespräch ferner zugesichert, rechtzeitig vor dem konkreten Baubeginn im April 2018 detaillierte Informationen zum Bauablauf und zu den Zeitschienen, die derzeit noch erstellt werden müssen, zu übermitteln, damit das Kommunalreferat die Nutzerinnen und Nutzer im Neuen Rathaus auch hier wieder zeitgerecht informieren kann.
Frage 7:
Wie kann in Zukunft das Lüften der Räume (v.a. in den Sommermonaten) gewährleistet werden?
Antwort:
Grundsätzlich gelten im Zusammenhang mit dem Lüften für die von der Baustelle am Marienhof betroffenen Büros die gleichen Regeln wie für alle anderen Büros.
Das Umweltbundesamt empfiehlt für Räume das sogenannte Stoßlüften, dies bedeutet mehrmals am Tag die Fenster zu öffnen, abhängig von der Jahreszeit für ca. 3 bis 10 Minuten. Dies kann je nach Bedarf auch in entsprechenden Pausen während der Bauarbeiten erfolgen.
Die Stadt München hat ferner im Intranet Informationen zum Lüften während der Sommermonate am Arbeitsplatz veröffentlicht. Es wird dort u.a. in Anlehnung an die Empfehlungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin empfohlen, die morgendliche Abkühlung zu nutzen und in den frühen Morgenstunden zu lüften. Ferner sind die betroffenen Büros im Rathaus überwiegend auf die Nordseite ausgerichtet.
Der Fachdienst für Arbeitssicherheit berät bei Bedarf diesbezüglich.
Frage 8:
Gibt es bereits Überlegungen dafür, was zu tun ist, sollte sich (im Verlauf der Bauarbeiten) herausstellen, dass nach der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes die Arbeitsbedingungen über einen längeren Zeitraum unzumutbar sind?“
Antwort:
Derzeit wird davon ausgegangen, dass die gesetzlichen Vorgaben des Bundesimmissionsschutzgesetzes eingehalten und die zugesagten Maßnahmen (vgl. Antwort zu Frage 3) umgesetzt werden. Es besteht im Bedarfsfall die Möglichkeit, mittels Anpassung der entsprechenden Gefährdungsbeurteilung konkrete Maßnahmen abzuleiten, diese müssen aber der jeweiligen Gefährdungssituation angepasst sein, können also nicht schon im Voraus festgelegt werden. Dies wird bei Bedarf in enger Zusammenarbeit mit dem Fachdienst für Arbeitssicherheit erfolgen.