Münchner Zukunftsdialog: OB Reiter fordert soziales Bodenrecht Archiv
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Rathaus Umschau 114 / 2018, veröffentlicht am 19.06.2018
Oberbürgermeister Dieter Reiter hat seinen ersten „Münchner Zukunftsdialog“ zu einer der drängendsten Fragen gestartet, die die zukünftige Entwicklung Münchens und vieler anderer Kommunen maßgeblich bestimmt: Wie kann ein soziales Bodenrecht realisiert werden? Oberbürgermeister Dieter Reiter: „Die Gespräche haben mir gezeigt, dass wir beim Thema Begrenzung der Bodenpreise dringend die gesetzlichen Rahmenbedingungen verändern müssen. Dazu gehört, dass Gemeinwohlbelange, wie die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum und die soziale Infrastruktur, immer auch durch die Eigentümer zumindest mitgetragen werden müssen. Hierfür gibt es den ganz konkreten Vorschlag, eine Ermächtigungsgrundlage im Baugesetzbuch zu schaffen, so dass die Gemeinden eine eigene Satzung aufstellen können. Mit dieser können flächendeckend eine Mietpreis- und Belegungsbindung sowie die Beteiligung der Eigentümer an den Kosten der sozialen Infrastruktur durchgesetzt werden.
Ich appelliere sowohl an die Bundes- als auch die Landesebene, endlich die Rahmenbedingungen für eine Bodenrechtsreform zu schaffen. Wir müssen der Endlosspirale steigender Mieten und Wohnungspreise auf allen Ebenen wirksame Instrumente entgegensetzen.“
In zwei Gesprächsrunden, die erste am 23. März 2018, die zweite gestern, hat der Oberbürgermeister renommierte Experten aus der Bundesrepublik zum Dialog nach München eingeladen. Ziel der Gespräche war es auszuloten, was rechtlich möglich und sinnvoll ist, um dem dramatischen Anstieg der Bodenpreise entgegenzuwirken und damit auch dafür zu sorgen, dass mehr bezahlbare Wohnungen in München entstehen. Teilnehmer waren neben OB Reiter Alt-Oberbürgermeister Dr. Hans-Jochen Vogel, Professor Dr. Dirk Löhr (Hochschule Trier), Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Stephan Gatz und Professor Dr. Christian-W. Otto (TU Berlin).
Alt-Oberbürgermeister Dr. Hans-Jochen Vogel erinnerte im ersten Gespräch daran, dass es bereits früher Initiativen gegeben habe, „fast alle Initiativen für grundlegende gesetzliche Änderungen sind damals aber gescheitert. Grund und Boden ist keine beliebige Ware, sondern eine Grundvoraussetzung menschlicher Existenz. Er ist unvermehrbar und unverzichtbar.“
Professor Dr. Dirk Löhr: „Kein Grundstückseigentümer hat den Wert seines Bodens selber geschaffen – er ergibt sich vielmehr aus Leistungen der Allgemeinheit. Diese hat auch ein Recht auf Kompensation, was Eingriffe in die Eigentumsrechte bei Boden bedeutet. Die Bodenfrage ist alt – und zugleich die neue soziale Frage des 21. Jahrhunderts.“
Dr. Stephan Gatz: „Fazit der Überlegungen ist, dass es einen Königsweg zur Lösung der Frage, wie das Bodenrecht sozial gestaltet werden kann, nicht gibt. Sonst hätte man ihn schon gefunden.“
Professor Christian-W. Otto: „Es geht darum, mit einem neuen städtebaulichen Instrument, die Belastung auf mehrere Schultern zu verteilen – dies ist auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.“
Die enormen Steigerungen der Bodenpreise sorgen für eine immer weitere Aufwärtsspirale der Mieten und Kosten der Kommunen. Seit 1950 bis jetzt haben sich die Baulandpreise in München um 34.000 Prozent (!) gesteigert. Zwar ist die Sozialgerechte Bodennutzung (SoBoN) ein gutes Modell in München. Den enormen Anstieg der Bodenpreise konnte diese aber nicht verhindern.
Im Rahmen seines nun gestarteten „Münchner Zukunftsdialogs“ will OB Reiter mit Experten jeweils zentrale Fragen für die Zukunft der Stadt erörtern. Diese Gespräche sollen, losgelöst von Routine und bestehenden Verwaltungsaufgaben, aktuelle und zukünftige Münchner Themen aufgreifen. „Ziel ist es, die Diskussion über die Zukunft Münchens aktiv zu gestalten, zu steuern und neue Impulse zu setzen, immer mit der Zielrichtung, die Stadt zukunftsfähig zu machen und gleichzeitig konkrete Verbesserungen für das Leben der Menschen zu erreichen“, so Oberbürgermeister Reiter. Weil im Rahmen des Zukunftsdialogs ganz unterschiedliche Themen behandelt werden sollen, wird es keinen festen Kreis an Expertinnen und Experten geben. Vielmehr werden diese jeweils themenbezogen eingeladen, um in einem Austauschgespräch mit dem Oberbürgermeister zu diskutieren, dabei Ideen und neue Sichtweisen zu präsentieren. Darüber hinaus sollen auch interessierte Bürgerinnen und Bürger eingebunden werden und Vorschläge einbringen können.
Die drei ersten Themenkomplexe des „Münchner Zukunftsdialogs sind:
- Wohnen und Miete
- Verkehr und Mobilität
- Demokratie und Bürgerbeteiligung
Nähere Informationen zum Konzept des „Münchner Zukunftsdialogs“ und zum ersten Thema „Bodenpreis“ inklusive Bildmaterial sind online unter www.muenchen.de/zukunftsdialog abrufbar.