Die zum 1. Januar 2018 in Kraft getretene bundesweite Neuregelung des Hebammen-Betreuungsschlüssels stellt die Münchner Geburtshilfe vor neue Herausforderungen. Der Schlüssel sieht vor, dass eine Beleghebamme höchstens zwei Leistungen parallel zur gleichen Zeit abrechnen darf. Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt, sieht das Risiko, dass sich unter diesen Bedingungen die Situation in der Münchner Geburtshilfe weiter verschärfen wird. Sie hat sich deshalb mit einem Schreiben an das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und an den Bayerischen Hebammen Landesverband gewandt und eine einjährige Übergangsfrist und eine Überprüfung des Schlüssels gefordert.
Die Landeshauptstadt München ist die Geburtenhauptstadt in Bayern. Nirgendwo im Freistaat werden so viele Kinder geboren wie in der Metropolregion München – mit steigender Tendenz. Im Jahr 2016 stieg die Anzahl der in München geborenen Kinder auf 23.514. „Diese eigentlich sehr erfreuliche Entwicklung erfüllt mich dennoch mit Sorge, denn schon jetzt kommen die Geburtskliniken und -stationen immer wieder an ihre Kapazitätsgrenzen. Der ab 1. Januar geltende neue Betreuungsschlüssel wird die Situation in der stationären Geburtshilfe vermutlich weiter verschärfen“, so Jacobs. Die Neustrukturierung ist Bestandteil des Schiedsspruchs zur Hebammenvergütung, der im September 2017 gefällt wurde.
Grundsätzlich begrüßt Stephanie Jacobs den verbesserten Schlüssel, denn dieser könne eine persönlichere Betreuung der Frauen ermöglichen. „Ich sehe jedoch den Zeitpunkt der Umsetzung sehr kritisch, denn im Gegensatz zum übrigen Bundesgebiet werden in München rund 45 Prozent der stationären Geburten durch freiberufliche Hebammen betreut. Bundesweit sind es nur 20 Prozent. Ich befürchte, dass uns hier in München nicht genug Hebammen zur Verfügung stehen, um den Schlüssel jetzt schon umzusetzen, und der Druck auf Kliniken, die mit festangestellten Hebammen arbeiten, noch weiter zunimmt“, führt Jacobs weiter aus.
Chefärztinnen und Chefärzte der Münchner Geburtshilfe hatten sich bei einem Gesprächstermin mit Stephanie Jacobs mit der Befürchtung zu Wort gemeldet, dass sie mit der Umsetzung des Betreuungsschlüssels die aktuell hohen Geburtenzahlen nicht halten können. „Um dieses Desaster zu vermeiden“, so Stephanie Jacobs, „halte ich eine Übergangsfrist und eine Überprüfung des Betreuungsschlüssels für zwingend erforderlich.“