Europa App – Münchner Europaaktivitäten
Antrag Stadtrats-Mitglieder Dr. Wolfgang Heubisch, Dr. Michael Mattar, Gabriele Neff, Thomas Ranft und Wolfgang Zeilnhofer (Fraktion FDP – HUT) vom 28.9.2017
Antwort Bürgermeister Josef Schmid, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft:
Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine laufende Angelegenheit der Verwaltung (Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO, § 22 Nr.33 GeschO), da der Gegenstand des Antrags ein ITK-Vorhaben mit einem einmaligen Mittelbedarf bis zu 250.000 Euro oder einem laufenden Mittelbedarf von jährlich bis zu 50.000 Euro betrifft. Diese Angelegenheit ist daher gemäß § 60 Abs. 9 GeschO nicht im Stadtrat zu behandeln. Ich erlaube mir, Ihren Antrag anstelle einer Stadtratsvorlage als Brief zu beantworten.
Das europäische Projekt genießt zwar breite Unterstützung, aber nicht mehr bedingungslos. Mehr als zwei Drittel der Europäer betrachten die EU als Hort der Stabilität in einer unruhigen Welt. Und doch ist das Vertrauen der Bürger in die EU ebenso wie das Vertrauen in die nationalen Behör- den gesunken. […] Dies liegt teilweise daran, dass die EU nicht leicht zu verstehen ist, da es neben der europäischen Ebene auch die Ebene der Mitgliedstaaten gibt. Es wird nicht gut genug erklärt, wer was tut, und der positive Beitrag der EU zum Alltag wird eben nur dann sichtbar, wenn die Geschichte auch vor Ort erzählt wird. In einer Zeit, in der Informationen in einer nie da gewesenen Fülle existieren und diese so leicht zugänglich und trotzdem so schwer zu erfassen sind, wird es immer komplexer, Vertrauen wiederherzustellen, einen Konsens zu bilden und ein Gefühl der Zugehö- rigkeit zu schaffen. (Aus dem Weißbuch zur Zukunft der EU)
Vor diesem Hintergrund ist auch die kommunale Ebene als bürgernächste staatliche Ebene gefordert, ihren Bürgerinnen und Bürgern Europa näher zu bringen und über die Auswirkungen, Erfolge und Herausforderungen der EU-Politik vor Ort zu informieren. Im Rahmen zahlreicher Veranstaltungen des Fachbereichs Europa des Referats für Arbeit und Wirtschaft hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, dass insbesondere Schülerinnen und Schüler ein großes Interesse an EU-Themen bekunden. Gleichzeitig sehen sie sich nicht ausreichend informiert und klagen über eine allzu knappe Behandlung aktueller EU-Themen und Hintergründe im Rahmen der formalen Bildung.Der Fachbereich Europa des Referats für Arbeit und Wirtschaft hat diesen Bedarf bereits sehr früh erkannt und baut seit Jahren kontinuierlich sein Informationsangebot aus. Es werden verschiedene Medien und Kanäle genutzt, um über EU-Themen und Entwicklungen zu berichten, die für die Münchner Bürgerinnen und Bürger relevant sind. Als referatsübergreifende Stelle zur Betreuung der städtischen EU-Angelegenheiten, betreibt der Fachbereich eine Website (https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Referat-fuer-Arbeit-und-Wirtschaft/Europa.html), die laufend über alle relevanten Aktivitäten der LHM mit EU-Bezug berichtet und diese übersichtlich darstellt. Neben aktuellen Informationen zu Projekten, Veranstaltungen und Services bietet die Seite Hintergrundinformationen zur Europapolitik sowie zur Kommunalen Entwicklungszusammenarbeit. Die Seite ist neben einer Desktop-Version auch für mobile Geräte optimiert und lässt sich mit Smartphones und Tablets einfach bedienen. Ein eigener Newsletter des Fachbereichs Europa erscheint alle vier bis sechs Wochen mit aktuellen Berichten zur Münchener Interessenvertretung, EU-News, Projekten, Smarter Together und zur Kommunalen Entwicklungszusammenarbeit.
Der Fachbereich Europa betreibt in Kooperation mit der Münchener Stadtbibliothek das europe direct Informationszentrum (EDI). Dieses fungiert als direkte Kontaktstelle zwischen der EU und der Münchner Bürgerschaft. Neben Informationen zu allen EU-Themen schafft es auch eine Plattform für Diskussionen, Beteiligung und Engagement. Speziell für Schülerinnen und Schüler bietet das EDI Workshops an, um direkten Kontakt, Austausch und Dialog zu EU-Themen zu fördern. Für Schulen bietet das EDI außerdem umfangreiches Informationsmaterial zur EU an. Das EDI stellt neben einer eigenen Website auch einen Newsletter mit Informationen über aktuelle EU-Themen, interessante Neuigkeiten, Ausschreibungen und Veranstaltungen in München und Umland in den Kategorien „Brüssel & Straßburg“, „München & Europa“ und „Jugend & Europa“ bereit. Ferner betreibt das EDI eine eigene Facebook-Seite mit aktuellen Beiträgen zur EU, um gerade junge Menschen im Bereich der sozialen Medien zu erreichen. Das EDI berät außerdem in Fragen nach EU-Förderungen für Initiativen aus der Stadtgesellschaft.
Die Inhalte, die eine Europa App, wie sie im Antrag gefordert wird, darstellen soll, werden bereits vielfach über die bestehenden Online-Kanäle der LHM übersichtlich vermittelt. Wichtige und kommunalrelevante Entscheidungen auf EU-Ebene und aktuelle Informationen, Übersichten und Auswirkungen der städtischen EU-Projekte werden über die Webseiten, Facebook und die Newsletter laufend kommuniziert und sind darüber hin-aus über Suchmaschinen leicht auffindbar. Der Fachbereich Europa und das europe direct Informationsbüro ergreifen insbesondere im Rahmen von Veranstaltungen, Newslettern und Kampagnen Maßnahmen, ihre Online-Angebote im Bereich Europa effektiv zu bewerben und die Bekanntheit und Nutzerzahlen zu steigern.
Eine eigene Europa App, die sich speziell an Schülerinnen und Schüler richtet, müsste mit hohem zusätzlichem Aufwand bei der Zielgruppe beworben werden, um nennenswerte Nutzerzahlen angesichts des riesigen Angebots an Apps zu erreichen. Im Jahr 2017 waren im Apple App Store rund 2,2 Millionen Apps verfügbar. Die meisten Apps mit rund 3,36 Millionen hatte der Google Play Store (Android) in seinem Angebot.
Eine eigene Europa-App der Stadt München würde einen weiteren Medien-Kanal eröffnen und müsste parallel zum bestehenden Online-Angebot der LHM bzw. des Fachbereichs laufend aktualisiert und gepflegt werden. Hierfür wären zusätzlich personelle Ressourcen erforderlich.
Da Apps heute für verschiedene mobile Betriebssysteme angeboten werden müssen (iOS, Android), ist die Konzeption, Planung und Entwicklung einer gut bedienbaren App mit erheblichen und langfristigen Kosten verbunden. Es müssten außerdem weitere Werkzeuge zur Bearbeitung, Pflege, Diagnose und Wartung der App bereitgestellt werden.
Schließlich ist festzustellen, dass eine eigene Europa App nicht das passende Medium für die Kommunikation und Information der Zielgruppe Schülerinnen und Schüler ist. Hier besteht im Gegensatz zur Webseite zunächst die Hürde, dass eine App auf das Smartphone geladen werden muss. Die anvisierte Zielgruppe der Münchener Schülerinnen und Schüler sowie Azubis kann weniger durch eine eigene App, als vielmehr durch die sozialen Medien erreicht werden. Soziale Netzwerke dienen nicht nur der zwischenmenschlichen Interaktion, sondern werden auch als Informationsquellen genutzt. In der Altersgruppe von 16 bis 24 Jahren nutzen knapp neun von zehn Personen Facebook und ähnliche Angebote. Auch eine gut aufbereitete Webseite, die mit einer Suchmaschine leicht auffindbar ist, kann Jugendliche gut erreichen. Als Informationsmedium nutzen laut der JIM-Studie 2017 (https://www.mpfs.de/studien/jim-studie/2017/) Jugendliche das Internet in erster Linie für Suchanfragen bei Google bzw. Suchmaschinen generell (85 %). Für knapp zwei Drittel sind Videos bei YouTube ein probates Mittel, um sich regelmäßig über Themen zu informieren, halb so viele suchen bei Wikipedia Hintergrundinformationen. Jeweils ein Viertel bezieht Nachrichten und aktuelle Informationen aus aller Welt über die Sozialen Netzwerke wie Facebook oder Twitter oder nutzt die Online-Ausgaben von Zeitungen, ein Fünftel die Nachrichtenportale von Zeitschriften.Gemäß den vorangegangenen Ausführungen und nach intensiver Prüfung des Vorhabens unter Einbeziehung des Referats für Bildung und Sport, kann im Ergebnis eine eigene Europa App nicht verwirklicht werden.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen und hoffe, dass Ihr Antrag zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.