Ausbeutung von Tagelöhnern und Wanderarbeitern auf dem „Arbeiterstrich“ in München
Antrag Stadtrats-Mitglieder Dr. Wolfgang Heubisch, Dr. Michael Mattar, Gabriele Neff, Thomas Ranft und Wolfgang Zeilnhofer (FDP – HUT Stadrats- fraktion) vom 6.7.2018
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Der Intention Ihres Antrages entsprechend haben sich bereits diverse Gremien mit der von Ihnen geschilderten Problematik befasst und zwischenzeitlich konkrete Initiativen ergriffen.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teilen wir Ihnen auf diesem Wege zu Ihrem Antrag Folgendes mit:
Ihrem Antrag schicken Sie Folgendes voraus:
„Der Oberbürgermeister wird gebeten, sich im Deutschen Städtetag dafür einzusetzen, dass der Zoll mehr und effektivere Maßnahmen gegen die Ausbeutung von ausländischen Tagelöhnern und Wanderarbeitern (‚Arbeiterstrich‘) unternimmt und durch den Bund die entsprechenden Ressour- cen dafür zur Verfügung gestellt werden.
Der Oberbürgermeister wird außerdem gebeten, Polizei und Zoll zu einem Gespräch einzuladen, um die Situation der Tagelöhner in München zu verbessern und sie vor illegaler Beschäftigung zu bewahren.“ Weiter begründen Sie den Antrag wie folgt:
„Tagelöhner und Wanderarbeiter aus dem europäischen Ausland werden in München ohne jeglichen festen Vertrag häufig als sogenannte Selbständige ausgebeutet. Sie reisen meist in Sammeltransporten aus dem europäischen Ausland an und passieren deutsche Grenzkontrollen. Die Bekämpfung von Schwarzarbeit ist Aufgabe des Zolls. Hinsichtlich des in der Landwehrstraße entwickelten ‚Arbeiterstrichs‘ besteht dringender und erhöhter Handlungsbedarf.
Wenn der Zoll nicht in der Lage sein sollte, seine Aufgaben hinreichend zu erfüllen, müssen vom Bund entsprechend mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. “
Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand befasst sich der Deutsche Städtetag bereits umfassend mit der von Ihnen geschilderten Problematik.
Das Bundesministerium der Finanzen plant zudem ein entsprechendes Gesetz zur Bekämpfung von Missständen am Arbeitsmarkt, illegaler Beschäftigung sowie von Kindergeld- und Sozialleistungsmissbrauch. Danach soll die Finanzkontrolle Schwarzarbeit u. a. nicht nur Fälle von Schwarzarbeitprüfen, bei denen tatsächlich Dienst- oder Werkleistungen erbracht wurden, sondern auch Fälle prüfen können, bei denen Dienst- oder Werkleistungen noch nicht erbracht wurden, sich aber bereits anbahnen, oder bei denen Dienst- oder Werkleistungen nur vorgetäuscht werden, um zum Beispiel unberechtigt Sozialleistungen zu erhalten.
Der entsprechende Gesetzesentwurf liegt der Landeshauptstadt München vor. Das Kreisverwaltungsreferat hat den Deutschen Städtetag gebeten, sich für die Umsetzung des Entwurfes einzusetzen.
Die Aufgaben und Befugnisse der Finanzkontrolle Schwarzarbeit sollen zudem in einem umfangreichen Maßnahmenpaket erweitert werden.
Dabei soll u. a. eine Prüfungs- und Ermittlungskompetenz im Hinblick auf das unzulässige Anbieten der Arbeitskraft zur Schwarzarbeit im öffentlichen Raum geschaffen werden. Ziel soll sein, bereits die Anbahnung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung effektiv verhindern zu können.
Darüber hinaus sollen die Aufgaben und Befugnisse der Finanzkontrolle Schwarzarbeit erweitert werden. Ein wichtiger Punkt dabei ist die Prüfungs- und Ermittlungskompetenz der Finanzkontrolle Schwarzarbeit im Hinblick auf ausbeuterische Arbeitsbedingungen, um insbesondere die Bekämpfung von Formen der Zwangsarbeit und der Ausbeutung der Arbeitskraft zu stärken.
Zusammenfassend sollen die Verstöße gegen Arbeitsrecht und Mindestlohn sowie öffentliches Anbieten von Schwarzarbeit (z. B. Tagelöhner-Börsen) verstärkt bekämpft werden. Zentrales Ziel soll es weiterhin sein, die deutlich angewachsene organisierte Kriminalität bei illegaler Beschäftigung und Sozialleistungsbetrug durch mehr Befugnisse für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit einzudämmen.
In der Vergangenheit haben bereits mehrfach Gespräche mit dem Hauptzollamt München und dem Polizeipräsidium München stattgefunden.
Nach derzeitiger Rechtslage unterliegt die Überwachung und Feststellung illegaler Beschäftigung von Arbeitnehmern grundsätzlich der Zuständigkeit des Hauptzollamtes München, Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Kontrollmaßnahmen im Hinblick auf Schwarzarbeit/illegale Beschäftigung durch Polizei oder Zoll sind im Kreuzungsbereich Landwehr-/Goethestraße nicht zielführend, da Wirtschaftsbereiche mit erhöhtem Risiko für Schwarzarbeit bzw. illegaler Beschäftigung einer Sofortmeldepflicht zur Datenstelle der Träger der Rentenversicherung, spätestens mit der Arbeitsaufnahme, unterliegen. Erfahrungsgemäß ist dieser Personenkreis fast ausschließlich in diesen Wirtschaftsbereichen tätig. Insofern ist die Feststellung und ggf. Ahndung des Beschäftigungsverhältnisses nur direkt am Arbeitsplatz als effektive Maßnahme angezeigt und trifft zudem den Arbeitgeber in dessen Verantwortung.
Nach Aussage des Hauptzollamtes „kann der Zoll im Umfeld des Geschehens auf öffentlichen Plätzen keine rechtlichen Anhaltspunkte und auch keinen Ansatz für Prüfungen oder Ermittlungen der Sozialabgabenhinterziehung ausmachen.“
Seit Juli 2014 findet zum Thema „Grauer Arbeitsmarkt“ ein regelmäßiger Austausch zwischen der Landeshauptstadt München und dem Polizeipräsidium München im Rahmen des Sicherheits- und Aktionsbündnis Münchner Institutionen, kurz S.A.M.I., statt. Die Stadtverwaltung und das Polizeipräsidium München treten im Rahmen dieses Gremiums gemeinsam Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bereits in den Anfängen energisch entgegen, um den Rechtsfrieden in der Stadt, aber auch das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger verlässlich gewährleisten zu können. Zurückblickend kann festgestellt werden, dass das Bündnis die jahrzehntelange Zusammenarbeit zwischen den jeweiligen Behörden sinnvoll ergänzt und abrundet.
Sollte die Gesetzesinitiative nicht umgesetzt werden oder der Deutsche Städtetag sich nicht zu diesem Thema positionieren, wird die Verwaltung das Thema erneut aufgreifen.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.