München startet ein IT-Ausbildungsprogramm „In drei Monaten zum IT-Experten“
Antrag Stadtrats-Mitglieder Dr. Wolfgang Heubisch, Dr. Michael Mattar, Gabriele Neff, Thomas Ranft und Wolfgang Zeilnhofer (Fraktion FDP – HUT) vom 20.07.2018
Antwort Personal- und Organisationsreferat:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrags betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Erledigung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Zentraler Aspekt Ihres Antrags ist die Prüfung einer Kooperation mit einem Bildungsträger. Hierbei handelt es sich um eine laufende Angelegenheit, die für die Stadt nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 weder eine grundsätzliche Bedeutung hat noch erhebliche Verpflichtungen erwarten lässt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag teilen wir Ihnen gerne Folgendes mit:
Derzeit bietet die Landeshauptstadt München folgende IT Studien- und Ausbildungsrichtungen an, damit auch in Zukunft geeignete Fachkräfte im IT-Bereich zur Verfügung stehen.
Im Bereich der dritten Qualifikationsebene besteht der Studiengang zur Diplom-Verwaltungsinformatikerin/zum Diplom-Verwaltungsinformatiker (im Beamtenbereich), sowie die Studiengänge Bachelor of Science Informatik und seit 2017 Wirtschaftsinformatik. Vor allem im Bereich Wirtschaftsinformatik soll die Zahl der Studierenden kontinuierlich erhöht werden. Ziel ist es, den Nachwuchskräften ein fundiertes und breit gefächertes Studium anzubieten, um einen vielfältigen beruflichen Einsatz innerhalb der Stadtverwaltung zu ermöglichen.
In der zweiten Qualifikationsebene sind durch die eigenen Ausbildungsrichtungen zur IT-Systemelektronikerin/zum IT-Sysytemelektroniker und zur Fachinformatikerin/zum Fachinformatiker für Systemintegration sowie Anwendungsentwicklung bereits ausreichend Fachkräfte vorhanden. Durch die bisherigen Ausbildungszahlen (z.B. Einstellung 2018: 42 Nachwuchskräfte) wird der personelle Bedarf in der zweiten Qualifikationsebene gedeckt.Auch hier ist es das Anliegen der Landeshauptstadt München, eine breitgefächerte Ausbildung anzubieten und auf eine frühe Spezialisierung, die zu eingeschränkten beruflichen Weiterbildungsmöglichkeiten führen würde, zu verzichten. Durch das stadtinterne Weiterbildungsprogramm „IT-Q“ ist zudem die Möglichkeit vorhanden, in die dritte Qualifikationsebene aufzusteigen.
Das Programm von Academy, das als Beispiel angeführt wurde, zielt im Gegensatz zu den städtischen Ausbildungs- und Studienrichtungen nur auf die Qualifizierung für einen Spezialbereich ab.
Das Programm umfasst dabei folgende Elemente:
Voraussetzung, um in das Programm aufgenommen zu werden, ist zunächst das Bestehen eines Online-Assessments. Im Anschluss daran ist ein telefonisches und persönliches Interview abzulegen. Die so ausgewählten Kandidatinnen und Kandidaten werden in einem 12-wöchigen sogenannten Bootcamp mit einem Umfang von ca. 500 Stunden qualifiziert. Vor diesem Präsenztraining in Vollzeit (9 bis 17 Uhr täglich) erfolgt eine Vorbereitung im Selbststudium mit einem Umfang von ca. vier Wochen.
Formulierungen im Internetauftritt wie: „Deckung des Bedarfs jobspezifischer Kompetenzen“, „Kundenspezifische Kompetenz in 12 Wochen“ und „Accelerated Learning basiert auf konkreten Arbeitsaufgaben für die spätere Position“ deuten darauf hin, dass hier keine breite Ausbildung, sondern eine spezifisch aufgabenbezogene „Qualifizierung“ erfolgt. Auch die veröffentlichten Kursangebote (z.B. Java, Netzwerktechnik) sprechen dafür.
Laut Auskunft von IT@M (Stellungnahme vom 29.11.2018 ist als Anlage beigefügt) stehen in der zweiten Qualifikationsebene aufgrund der o.g. Ausbildungsrichtungen genügend Fachkräfte zur Verfügung, so dass hier keine Notwendigkeit besteht, ein zusätzliches Programm einzuführen.
Jedoch sind derzeit aufgrund der Arbeitsmarktsituation zu wenig IT-Fachkräfte in den Entgeltgruppen 10 und 11 vorhanden. Dies spiegelt sich auch in der geringen Zahl der externen Bewerbungen mit einschlägigen Studienabschlüssen wider, so dass in der dritten Qualifikationsebene ein Bedarf gegeben wäre, zusätzliche Ausbildungsprogramme anzubieten.
Der Einsatz von Bootcampabsolventinnen und -absolventen bei der Landeshauptstadt München als – wie von it@M in der Stellungnahme vom 29.11.2018 bezeichnet – „Spezialisten mit spezifisch fundierten aber weniger breiten Fachkenntnissen“ muss aber im Licht der tarifvertraglichen Rahmenbedingungen betrachtet werden.Hierbei kommen wir zu dem Ergebnis, dass eine direkte Eingruppierung auf Basis der durch das Programm erworbenen Qualifikationen in eine Entgeltgruppe der dritten Qualifikationsebene, deren Endgrundgehalt in die Nähe der den Absolventinnen und Absolventen garantierten 42.000 Euro kommt, nicht möglich ist.
Die genauen tarifrechtlichen Begründungen haben wir in der Anlage für Sie zusammengefasst.
Danach ist eine Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern, die über das „klassische“ ACADEMY – Programm qualifiziert wurden, in der dritten Qualifikationsebene aufgrund der fehlenden Verwendungsbreite sowie der im Regelfall fehlenden umfassenden Fachkenntnisse und Erfahrungen nicht möglich. Eine Ausnahme für Spezialistinnen und Spezialisten, die in einem entsprechenden Spezialgebiet beschäftigt werden (wie im Bereich der Verwaltung), gibt es im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik tarifvertraglich nicht. Die Beherrschung spezifischer Anforderungen in der Tiefe, nicht jedoch in der geforderten Verwendungsbreite lässt eine Eingruppierung über den Weg des sonstigen Beschäftigten nicht zu.
Daher wird die Durchführung eines dreimonatigen Bootcamps von ACA-DEMY oder analoger Programme von vergleichbaren Bildungsanbietern nicht als geeignete Lösung für die Behebung des IT- Fachkräftemangels im Bereich der dritten Qualifikationsebene angesehen.
Das Personal- und Organisationsreferat ist sich aber bewusst, dass zur Behebung des IT-Fachkräftemangels neben der Ausweitung der Ausbildung eigener Nachwuchskräfte weitere geeignete Programme und Ansätze gefunden werden müssen, die die tarifrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen oder gar eine Änderung des Tarifrechts erfordern. Wir werden hierzu mit dem Referat für Informations- und Kommunikationstechnik zeitnah in Gespräche gehen und gemeinsam weitere Maßnahmen prüfen und ggf. entwickeln.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
Die Anlagen zur Antwort können abgerufen werden unter:
www.ris-muenchen.de/RII/RII/ris_antrag_dokumente.jsp?risid=5050386