Herzog-Wilhelm-Straße neu denken: oben im Grünen flanieren, unten parken
Antrag Stadträte Manuel Pretzl, Alexander Reissl und Professor Dr. Hans Theiss (CSU-Fraktion) vom 18.11.2019
Antwort Stadtbaurätin Professorin Elisabeth Merk:
Mit Antrag vom 18.11.2019 fordern Sie, die Herzog-Wilhelm-Straße zwischen der Josephspital- und der Herzogspitalstraße aufzuwerten und neu zu gestalten. Dafür unterbreiten Sie einen Gestaltungsvorschlag.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlauben wir uns, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Grundsätzlich ist die Umgestaltung und Aufwertung der Herzog-Wilhelm- Straße zwischen der Josephspital- und der Herzogspitalstraße ebenfalls ein Anliegen des Referates für Stadtplanung und Bauordnung. An diesem stadtgestalterisch sowie stadt- und freiraumplanerisch bedeutsamen Bereich am westlichen Rand der Münchner Altstadt birgt eine Neuplanung der momentan wenig zufriedenstellenden Situation große Chancen für positive Veränderungen. Seit fast zwei Jahrzehnten wurden dafür bereits Untersuchungen angestellt sowie Planungsziele und Lösungsansätze erarbeitet. Auch gegenwärtig erfolgen an und um die Herzog-Wilhelm-Straße zahlreiche stadtplanerische und freiraumplanerische Untersuchungen. Eine Umgestaltung des vorgeschlagenen Teilbereiches an der Herzog-Wilhelm-Straße sollte daher die zukünftig erlangten Erkenntnisse miteinbeziehen, die rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen sowie im Kontext mit der Gesamtentwicklung des Areals gesehen werden. Es sind dabei zahlreiche Belange von Betroffenen und Interessierten sowie verschiedene Anforderungen an die Nutzung zu beachten. Zudem bestehen an diesem Ort hohe Anforderungen an die gestalterische, die stadträumliche und die freiräumliche Qualität, denen Genüge zu tun ist. Der Denkmalschutz ist ein weiteres wichtiges Thema, das bei der Entwicklung des Gebiets zu würdigen ist.
Die wesentlichen Rahmenbedingungen werden im Folgenden erläutert:
Städtebau und rechtliche Rahmenbedingungen
Bislang gilt an der Herzog-Wilhelm-Straße zwischen der Josephspital- und der Herzogspitalstraße der rechtsverbindliche Bebauungsplan Nr. 447a vom 20.7.1971, der die Verkehrsflächen ordnet und untergeordnet Bauräume festsetzt. Für Umstrukturierungen, die nicht dem bestehendenBaurecht entsprechen, muss demnach zuerst der Bebauungsplan geändert werden.
Am 28.4.2004 wurde vom Stadtrat der Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan mit Grünordnung Nr. 1946 (Sitzungsvorlage Nr. 02-08/V 04066) gefasst. Übergeordnete städtebauliche Zielsetzung ist es, eine Korrektur der durch die Tiefgarage und vor allem durch die Dimensionierung des Rampenbauwerks entstandenen Fehlentwicklung zu erreichen und dabei geschichtliche sowie stadtstrukturelle Aspekte zu berücksichtigen. Dabei sollen die baulichen-, verkehrs-, und grünplanerischen Maßnahmen so aufeinander abgestimmt sein, dass für den öffentlichen Raum insgesamt eine qualitative Aufwertung entsteht. Der Aufstellungsbeschluss verfolgt damit bereits wesentliche Ziele Ihres Antrags.
Die Stadt München beteiligte sich im Jahr 2009 an dem Europäischen Städtebauwettbewerb EUROPAN 10 mit dem Thema Stadtreparatur – respektive Neuordnung. Es wurden städtebaulich innovative Bebauungs-, Freiraum- und Nutzungskonzepte für eine in das bestehende Stadtgefüge der Altstadt integrierte Neuplanung aufgezeigt. Von den eingereichten Arbeiten hat die nationale Jury zwei Ankäufe ausgewählt.
Verkehr
Was die verkehrliche Infrastruktur betrifft, kommt dem nördlichen Teilbereich an der Herzog-Wilhelm-Straße eine zentrale Rolle im Gebiet zu. Dieser ist stark mit der Umgebung im hoch verdichteten Zentrum Münchens verflochten. Daher bestehen komplexe Verknüpfungen und abzuschätzende Wechselwirkungen.
Maßgebliche Themen bei der Entwicklung des Ortes sind der ruhende Verkehr und die Tiefgarage, über die zahlreiche umgebende Einzelhandelsbetriebe angedient werden. Bezüglich der im Antrag vorgeschlagenen Vergrößerung der Tiefgarage, der Schaffung eines Angebotes für E-Mobilität und der Einrichtung einer unterirdischen Tankstelle ist grundsätzlich die technische und wirtschaftliche Machbarkeit zu prüfen.
Aktuell ist die Herzog-Wilhelm-Straße von einigen verkehrsplanerischen Beschlüssen des Stadtrats erfasst, die das Erfordernis von grundlegenden Entscheidungen mit sich bringen.
Zum einen wurde das Referat für Stadtplanung und Bauordnung mit Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates zur autofreien Altstadt vom 26.6.2019 (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 14478) beauftragt, die Einrichtung einer Fußgängerzone in der Herzog-Wilhelm-Straße und der Kreuzstraße zu prüfen. Der Kfz-Verkehr in der Altstadt und am Altstadtring soll zuguns-ten von mehr Fuß- und Radverkehr, öffentlichen Verkehrsmitteln und mehr Aufenthaltsqualität reduziert werden. Des Weiteren besteht das Ziel der Reduktion von Parkplätzen im öffentlichen Straßenraum sowie der Ausdehnung von Fußgängerzonen.
Gemäß Beschluss des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung vom 18.7.2019 „Bebauungsplan mit Grünordnung Nr. 2102“ (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 15325) wurde zum anderen der Einrichtung einer Fußgängerzone in den Bereichen Fürstenfelder Straße ab der Zufahrt „Kaufhof“ sowie Färbergraben/Rosental zugestimmt. Das darauf aufbauende Verkehrskonzept im Hackenviertel sieht vor, die Einbahnrichtung der Herzog-Wilhelm-Straße westlich der Anbindung der Stachus-Tiefgarage in Fahrtrichtung Norden zu drehen.
Am 24.7.2019 hat die Vollversammlung des Münchner Stadtrates zudem mehrheitlich beschlossen, die Forderungen des Bürgerbegehrens „Altstadt-Radlring“, bei denen die Einrichtung eines sicheren, eigenständigen und durchgängigen Altstadt-Radlrings angestrebt wird, inhaltlich in vollem Umfang zu übernehmen (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 15560). Auf Grundlage dieses Bürgerbegehrens hat der Stadtrat einen weiteren Beschluss zur grundlegenden Umsetzung getroffen. Für die Sonnenstraße sollen referatsübergreifend die verkehrlichen Auswirkungen geprüft und dann Lösungsvorschläge zur Umsetzung des Bürgerbegehrens erarbeitet werden.
Grün- und Freiflächen
Aus freiraumplanerischer Sicht ist die Fortführung der Grünfläche bis zur Herzogspitalstraße ein sinnvolles Planungsziel im Sinne einer nachhaltigen und qualitätvollen Stadtplanung. Dafür spricht unter anderem, dass im Flächennutzungsplan mit integrierter Landschaftsplanung in der gesamten Altstadt Maßnahmen zur Verbesserung der Grünausstattung festgeschrieben sind, da diese grundsätzlich mit Erholungsflächen unterversorgt ist. Auch historisch ist die Bedeutung dieses Bereiches als Grünanlage bereits seit 1800 belegt. Um 1850 entstand hier eine Grünanlage entlang des Stadtgrabenbaches im landschaftlichen Stil. Die Freiraumkonzeption München 2030 von 2015 benennt die historischen Grünanlagen als identitätsstiftende Orte, die in der Innenstadt eine wichtige Funktion für die Lebensqualität und für das gartenkulturelle Erbe haben. Zudem ist die Anpassung an den Klimawandel insbesondere für die dichten und hitzebelasteten Altstadtbereiche ein wichtiges Thema. Grüne Infrastruktur, das heißt Grünflächen und gut geeignete Großbaumstandorte, ist ein essenzieller Bestandteil für Klimaanpassungsmaßnahmen. Die Klimafunktionskarte der Landeshauptstadt München schreibt der bestehenden Grünfläche einesehr hohe bioklimatische Bedeutung und der umliegenden Bebauung eine ungünstige bioklimatische Situation zu.
Aktuelle Aufträge an die Verwaltung
Der Stadtrat hat mit Beschluss der Vollversammlung vom 23.11.2017 (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 09333) zehn städtische Grundstücke, unter anderem den in Rede stehenden Bereich zwischen der Herzog-Wilhelm-Straße, der Herzogspitalstraße und der Josephspitalstraße, zur Verwaltungsnutzung reserviert und das Kommunalreferat beauftragt, eine Machbarkeitsstudie zur Nutzung der reservierten Grundstücke als Verwaltungsstandort herbeizuführen.
Das Baureferat wurde in der öffentlichen Sitzung des Bauausschusses vom 17.9.2019 (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 15037) im Beschluss „Öffnung des Westlichen Stadtgrabenbaches in der Herzog-Wilhelm-Straße“ beauftragt, nach Vorlage der Prüfergebnisse zur Umwandlung der Herzog-Wilhelm-Straße und der Kreuzstraße in eine Fußgängerzone, eine Bürgerbeteiligung (Ideendialog) durchzuführen und dem Stadtrat vom Ergebnis zu berichten. An der Herzog-Wilhelm-Straße besteht die Möglichkeit der Schaffung eines wertvollen, wieder wesentlich aufgewerteten Ortes, nicht zuletzt da die Fläche sich bereits im Besitz der Landeshauptstadt München befindet und daher komplizierte Grundstücksverhandlungen sowie hohe Kaufpreise nicht zu erwarten sind.
Aufgrund der Vielzahl an Rahmenbedingungen und aktuellen Untersuchungen an und um die Herzog-Wilhelm-Straße sowie ausstehenden grundsätzlichen Entscheidungen zum Umgang mit dem Ort, vor allem hinsichtlich der Verkehrsplanung, sieht das Referat für Stadtplanung und Bauordnung aktuell keine belastbare Grundlage für die Einleitung eines konkreten Planungsprozesses gegeben. Sobald die wesentlichen stadtplanerischen Entscheidungen getroffen sind, wird das Referat für Stadtplanung und Bauordnung sich damit befassen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.