Diabetes in München – eine Herausforderung!
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl, Mario Schmidbauer und Andre Wächter (Fraktion Bayernpartei) vom 29.1.2020
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Die Anzahl der Diabetespatienten nimmt weltweit weiter zu. In der Versorgung der Zuckerkrankheit konnte Dank des medizinischen Fortschritts eine erhebliche Steigerung der Lebensqualität für die Menschen erzielt werden. Die Auswirkungen von Diabetes auf den einzelnen können dennoch erheblich sein. Blindheit, Nierenversagen, Schlaganfall, Amputationen als Folge eines unkontrollierten Diabetes können großes Leid für die Betroffenen verursachen.
Ein großes Augenmerk muss dabei auf die Kinder gerichtet werden. Der Deutsche Gesundheitsbericht von 2018 zu Diabetes zeigt auf, dass jährlich mehr als 2000 Kinder/Jugendliche neu an Typ 1 Diabetes erkranken. Diese Kinder/Jugendlichen müssen in ihrem Alltagsleben – im Kindergarten oder in der Schule – neben der medizinischen Betreuung begleitet werden. Auch strukturelle, kulturelle, soziale und wirtschaftliche Faktoren spielen dabei eine Rolle.
Im März 2020 wird in München das Städtenetzwerk ‚Citys Changing Diabetes Summit‘ tagen. Ziel dieser Veranstaltung ist es, alle Städte – auch München – aufzurufen, Maßnahmen zu entwickeln, um den Anstieg von Diabetes abzuwenden.
Mit dem Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention, das Anfang 2016 in Kraft getreten ist, können von den Sozialversicherungsträgern Gelder abgerufen werden, um städtische Maßnahmen zur Versorgungsverbesserung bei Kindern und Jugendlichen in den Einrichtungen zu entwickeln und zu finanzieren.
Im Referat für Gesundheit und Umwelt wurden ab 2017 vom Stadtrat drei Personalstellen, neben der Schaffung des Versorgungsmanagements, für diese Aufgaben genehmigt und finanziert und können sich dieses Themas annehmen“.
Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Zunächst bedanke ich mich für die Fristverlängerung und bitte die aufgrund der Corona-Pandemie verzögerte Bearbeitung zu entschuldigen.Vor der Beantwortung der münchenspezifischen Fragen darf ich auf einige wichtige Fakten hinweisen, die Diabetes Typ 1 und Typ 2 betreffen:
Sie betonen zu Recht die Bedeutung von Diabetes Typ 2 und seiner Folgen sowohl für die einzelnen Betroffenen als auch für die Gesellschaft. Diabetes Typ 2 ist eine der wichtigsten gesundheitspolitischen Herausforderungen; jährlich erkranken über 550.000 Erwachsene in Deutschland neu daran und es wird ein Anstieg von 6,9 Millionen Diabetikerinnen und Diabetiker (Stand 2015) auf 8,3 bis 12,3 Millionen Diabetikerinnen und Diabetiker in 2040 prognostiziert. Jedoch ist Diabetes Typ 2 nach wie vor eine Erkrankung des Alters. Unter 40 Jahren gibt es nur wenige Typ 2 Diabetikerinnen und Diabetiker: zwischen 40 und 49 Jahren haben weniger als 5 Prozent der Menschen Diabetes Typ 2, zwischen 50 und 59 Jahren unter 10 Prozent, darüber steigen die Häufigkeiten stark an (60 - 69 Jahre: 15 - 20 Prozent, 70 - 79 Jahre: über 25 Prozent, 80 - 84 Jahre: über 33 Prozent), wobei Männer und Frauen relativ gleich häufig die Diagnose erhalten. Über die Hälfte der Diabetikerinnen und Diabetiker (Typ 2) sind 80 Jahre alt oder älter. Insgesamt haben 95 Prozent der Diabetikerinnen und Diabetiker Diabetes Typ 2. Es ist deshalb von großer Public-Health-Relevanz, Diabetes Typ 2 zu bekämpfen. Ansatzpunkte dafür bieten die Prävention von Risikofaktoren wie Bewegungsmangel, Fehlernährung, Übergewicht/Adipositas oder Rauchen, die im Gegensatz zu den anderen (genetischen) Ursachen bzw. dem Alter beeinflussbar sind.
Wenn man von Diabetes bei Kindern/Jugendlichen spricht, muss jedoch differenziert werden: Entgegen mancher Schlagzeilen sind Diabetes Typ 2-Erkrankungen unter 18 Jahren selten (lt. Schätzungen des Robert Koch-Instituts [RKI] gab es 2014 - 2016 deutschlandweit unter 1. 000 betroffene Kinder bzw. Jugendliche). Es wird allerdings (wie auch bei den Älteren) eine gewisse Dunkelziffer an nicht erkannten Fällen bzw. an Betroffenen, die eine Vorstufe der Erkrankung (Prädiabetes) haben, vermutet.
Wenn Kinder und Jugendliche an Diabetes erkranken, dann in den allermeisten Fällen an Diabetes Typ 1. Dies ist jedoch eine Autoimmunerkrankung mit einer deutlichen genetischen Komponente, keine Zivilisationskrankheit, ihr Auftreten kann durch Gesundheitsförderung und Prävention nicht verhindert werden. Betroffene leiden an einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse, die die Insulin produzierenden Zellen zerstört, weswegen lebenslang Insulin zugeführt werden muss. Derzeit leben in Deutschland ca. 32.000 Kinder mit Diabetes Typ 1. Wie Sie ausführen, kommen deutschlandweit jährlich ca. 2.200 - 3.100 Kinder und Jugendliche neu hinzu. Die Ursachen für diesen (weltweit registrierten) Häufigkeitsanstieg sind jedoch noch nicht bekannt. Forscher untersuchen derzeit verschiedenemögliche Faktoren wie die Ernährung im Säuglingsalter, eine erhöhte Kaiserschnittrate bzw. verschiedene Einflüsse auf das Immunsystem. Dennoch hat Diabetes Typ 1 nicht den Rang einer Volkskrankheit bei Kindern und Jugendlichen, denn die Häufigkeit liegt je nach Studie bzw. Erhebung bei 0,1 bis 0,4 Prozent, während laut dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS-Studie) des RKI die häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter Chronische Bronchitis (13 Prozent), Neurodermitis, Heuschnupfen oder Asthma sind (zusammen über 21 Prozent).
Die in Ihrer Anfrage aufgeworfenen Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des Referats für Bildung und Sport und des Staatlichen Schulamtes wie folgt:
Frage 1:
Welche Daten und Erkenntnisse, auch zu Neuerkrankungen, stehen in München dem Gesundheitsversorgungsmanagement zur Volkskrankheit Diabetes bei Kindern/Jugendlichen zur Prävention und Versorgung zur Verfügung?
Antwort:
Auskunft über Häufigkeit (Prävalenz), Neuerkrankungen (Inzidenz) und Verteilung (z.B. nach Alter und Geschlecht) von Diabetes geben in erster Linie die Gesundheitsberichterstattung des Bundes (RKI) und des Landes (Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, LGL). Das RKI erfasst Daten im Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) bzw. in der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS). Die Ergebnisse sind repräsentativ, d.h. sie gelten für ganz Deutschland. Aufgrund der Bedeutung von Diabetes Typ 2 begann das Robert-Koch-Institut darüber hinaus mit dem Aufbau eines sogenannten Diabetes-Surveillance-Systems mit dem Ziel, wesentliche Informationen zum Diabetesgeschehen anhand von definierten Indikatoren (Kennzahlen) aus verfügbaren Datenquellen zusammenzuführen und für die Gesundheitspolitik, Gesundheitsforschung, Krankenversorgung und Public-Health-Praxis zeitnah und handlungsorientiert aufzubereiten. Die erste Auswertung wurde 2019 veröffentlicht. Die Daten des LGL beruhen bei Diabetes vor allem auf Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, d.h. diese Daten bilden nur die gesetzlich Versicherten ab. Auf kommunaler Ebene bietet die Gesundheitsberichterstattung des RGU Daten zum Risikofaktor Übergewicht bei Kindern auf Basis der Gesundheitsuntersuchung zur Einschulung.
Aussagen zur Versorgung von Diabetikerinnen findet man in Veröffentlichungen der DPV-Wiss-Initiative (Universität Ulm und Deutsches Zentrumfür Diabetesforschung), einer bundesweiten Initiative zur Qualitätssicherung, die Daten zu Patientencharakteristika (Geschlecht, Manifestationsalter, Diabetestyp), zur medizinischen Behandlung (Insulintherapie einschließlich Insulinpumpe, Blutzuckerselbstkontrollen, Schulungen, ambulante und stationäre Betreuung) sowie zu Therapieergebnissen erfasst und auswertet. Auch der Diabetes Bericht Bayern des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege gibt Auskunft über die aktuelle Lage bezüglich Häufigkeit, Therapie und Versorgung von Diabetes in Bayern. Weitere Daten- und Informationsquellen sind die Veröffentlichungen des Helmholtz-Zentrums München, etwa durch wissenschaftliche Veröffentlichungen aber auch durch das neue Internet-Portal „diabInfo“, die gesetzlichen Krankenkassen (z.B. Diabetesbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK [WIdO]) oder die Deutsche Diabetes Gesellschaft gemeinsam mit der Deutschen Diabetes-Hilfe (Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2020).
Frage 2:
Wie werden Erzieher und Lehrkräfte in den Krippen, Kindergärten, Schulen usw. auf die Integration und Begleitung von Kindern/Jugendlichen mit Diabetes vorbereitet?
Antwort:
Die für die Kindertagesstätten und städtischen Schulen zuständige Abteilung des Referats für Bildung und Sport antwortet dazu wie folgt:
Den Kindertageseinrichtungen und Schulen der Stadt München stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, sich bei Aufnahme eines Kindes mit Diabetes zu informieren und fachlich begleiten zu lassen.
Die Abteilung KITA-FB als multiprofessioneller Bereich mit u.a. Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen und Ökotrophologinnen und Ökotrophologen unterstützt die Kindertageseinrichtungen sowohl bei grundsätzlichen Anliegen zum Thema „Inklusion bei Kindertageseinrichtungen“, sowie zu gesundheitlichen Fragen rund um das Thema Diabetes und dessen Bedeutung für den pädagogischen Alltag in den Kindertageseinrichtungen. Ziel ist es hier, die Betreuung der Kinder sowohl für sie selbst, als auch für die Kindertageseinrichtung so natürlich wie möglich zu gestalten. Im Bereich der Schulen sind an jeder Schule Lehrkräfte als Gesundheitsbeauftragte bestellt. Den Gesundheitsbeauftragten stehen neben den Ökotrophologinnen des Referats für Bildung und Sport auch Schulärztinnen des und Schulärzte RGU für Informationen und Rückfragen zur Verfügung. Über das Pädagogische Institut haben die Kindertageseinrichtungen und Schulen die Möglichkeit, sich erfahrene Referentinnen und Referenten zu einer Teamschulung in die Einrichtung vor Ort zu holen.Insbesondere zum Wohle des Kindes und der Familie ist eine enge Kooperation mit den Eltern sowie ein enger Austausch mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt von großer Bedeutung. Aus datenschutzrechtlichen Gründen ist eine Entbindung der Schweigepflicht Voraussetzung für einen Austausch innerhalb der Teams, dem Referat für Bildung und Sport oder der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt.
Das Staatliche Schulamt, zuständig für die staatlichen Schulen, antwortet dazu wie folgt:
Die Integration von Schülerinnen und Schülern mit chronischen Erkrankungen gleich welcher Art ist Aufgabe einer jeden Schule, die die staatlichen Grund- und Mittelschulen in der Landeshauptstadt München auch sehr engagiert umsetzen.
In Fällen der Integration und Begleitung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes findet ein reger Austausch zwischen den Erziehungsberechtigten der minderjährigen Schülerinnen und Schüler bzw. der volljährigen Schülerinnen und Schüler selbst sowie - das jeweilige Einverständnis vorausgesetzt - mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt statt. Ist eine Unterstützung in Bezug auf die chronische Diabetes-Erkrankung durch die Schule während der Unterrichtszeit erforderlich und von den Erziehungsberechtigten bzw. der volljährigen Schülerin oder dem volljährigen Schüler gewollt, orientieren sich die staatlichen Grund- und Mittelschulen in der Landeshauptstadt München an dem kultusministeriellen Schreiben „Medikamentengabe durch Lehrkräfte an Schulen“, II.5-BP4004.8/2/22, vom 19.8.2016. Demnach dürfen Lehrkräfte, wenn sie sich freiwillig dazu bereit erklären, medizinische Hilfsmaßnahmen übernehmen, d. h. Maßnahmen, die nicht mit einem Eingriff in die körperliche Integrität verbunden sind. Dazu gehören z.B. das Erinnern an die Einnahme von Medikamenten, das Ablesen des Blutzuckermessergebnisses oder das Einstellen eines Insulinpens. Voraussetzung für die Übernahme solcher Unterstützungsmaßnahmen sind der Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung zwischen Schule und Erziehungsberechtigten bzw. volljährigen Schülerinnen und Schülern sowie - nach Erteilung einer Schweigepflichtsentbindung - eine präzise ärztliche Unterweisung der behandelnden Ärztin bzw. des behandelnden Arztes. Aus dieser Unterweisung müssen sich die Notwendigkeit der Durchführung während des Schulbesuchs und zweifelsfreie Vorgaben zur Vornahme der Maßnahme bzw. Verabreichung des Medikaments ergeben (insbesondere die Anwendungshäufigkeit und - dauer, die Dosierung und Verabreichungsform sowie der Anwendungszeitpunkt). Es ist zudem möglich, dass das Kollegium einer Schule in Einzelfällen bei Bedarf an Schulungen in Diabetes-Zentren teilnimmt.
Frage 3:
Welche praktischen Erfahrungen werden in Krippen, Kindergärten und Schulen im Umgang mit an Diabetes erkrankten Kindern gemacht?
Antwort:
Die für die Kindertagesstätten und städtischen Schulen zuständige Abteilung des Referats für Bildung und Sport antwortet dazu wie folgt:
Es hat sich gezeigt, dass die enge Kooperation zwischen dem Elternhaus und der Kindertagesstätte oder Schule essentiell ist. Wie oben beschrieben, kann auf die Unterstützungsleistungen des Referats für Bildung und Sport und durch die Schulärztinnen und Schulärzten des RGU zurückgegriffen werden. Zu Beginn, wenn eine Kindertageseinrichtung oder Schule erstmalig mit der Diagnose Diabetes konfrontiert wird, zeigt sich ein Bedarf an Informationen zum Krankheitsbild sowie zu Handlungs- und Notfallanweisungen. Durch die oben genannten Angebote können die Fragen der Kindertageseinrichtungen und Schulen gut bearbeitet und geklärt werden. Mögliche Unsicherheiten werden so kontinuierlich abgebaut. Kinder mit Diabetes nehmen – ganz im Sinne der Inklusion – an den Aktivitäten in den Kindertagesstätten und Schulen teil.
Das Staatliche Schulamt, zuständig für die staatlichen Schulen, antwortet dazu wie folgt:
Die praktischen Erfahrungen der staatlichen Grund- und Mittelschulen in der Landeshauptstadt München im Umgang mit an Diabetes erkrankten Kindern und Jugendlichen sind grundsätzlich sehr positiv. Die Zusammenarbeit der Schulen mit den Erziehungsberechtigten sowie Ärztinnen und Ärzten ist kooperativ und vertrauensvoll. Die Lehrkräfte sind sehr engagiert und verständnisvoll bei der Unterstützung der Schülerinnen und Schüler.
Frage 4:
Welche Strategie entwickelt München, um einer Zunahme an Diabetes bei Kindern entgegenzuwirken?
Antwort:
Da wie oben ausgeführt, Diabetes Typ 1 bei Kindern eine Autoimmunerkrankung darstellt, kann von Seiten der Kommune nicht ursächlich dagegen angegangen werden.
Es gibt jedoch eine Reihe von Studien des Instituts für Diabetes Forschung am Helmholtz-Zentrum München u.a. im Rahmen der Initiative „A World Without 1“. Deren Ziel ist es, die Früherkennung von Diabetes Typ 1 bei Kindern voranzubringen bzw. eine Impfung gegen die Erkrankungzu finden. Durch den Nachweis bestimmter Antikörper im Blut kann die drohende Entwicklung eines Diabetes früh (rund um den 2. Geburtstag) erkannt werden, oft Jahre vor dem Auftreten klinischer Symptome wie erhöhtem Blutzucker, Gewichtsverlust oder Leistungsabfall. Durch ein Screening sollen betroffene Kinder erkannt und durch rechtzeitige Interventionen das Eintreten der Erkrankung mit Insulinpflicht hinausgezögert bzw. sogar verhindert werden.
Darüber hinaus erlauben kombinierte Gentests schon bei Geburt eines Kindes, sein Risiko an Typ 1 Diabetes zu erkranken, zuverlässig abzuschätzen. Ziel ist es, Risikokindern in Zukunft mit einer Impfung gegen Diabetes das klinische Auftreten der Erkrankung ganz zu ersparen. Erste Ergebnisse eines Tests einer Schluckimpfung gegen Diabetes Typ 1 waren vielversprechend, sodass inzwischen weitere Längsschnittstudien bzw. Interventionsstudien laufen. Ergebnisse werden 2025 erwartet.
Unabhängig vom Vorliegen einer chronischen Erkrankung wie Diabetes Typ 1 ist das RGU sehr aktiv, um möglichst allen Kindern und Jugendlichen ein gesundes Aufwachsen zu ermöglichen. Es sollen positive Bedingungen für einen gesundheitsförderlichen Lebensstil aller Münchnerinnen und Münchner geschaffen werden, um die für Gesundheit und Wohlbefinden notwendigen personalen, sozialen und umweltbezogenen Ressourcen zu stärken (Salutogenese).
Leider ist Übergewicht verbreitet: in München ergab die Gesundheitsuntersuchung zur Einschulung für das Schuljahr 2014/2015, dass 5,6 Prozent der etwa Fünfjährigen untersuchten Kinder übergewichtig und 3,5 Prozent adipös und Mädchen wie Jungen gleich häufig betroffen waren. Nach den Daten von KiGGs sind bundesweit 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen drei und 17 Jahren übergewichtig, 6 Prozent davon stark übergewichtig (adipös), wobei es keinen statistisch signifikanten Geschlechtsunterschied gibt. Aus diesen Kindern werden häufig junge Erwachsene mit starkem Übergewicht oder Adipositas, und sie sind besonders gefährdet, später Diabetes Typ 2 zu entwickeln – und das bereits im früheren Erwachsenenalter und nicht erst in der zweiten Lebenshälfte. Daher ist die Prävention von Übergewicht bereits bei Kindern und Jugendlichen wesentlich. Gesunde Ernährung sowie Bewegungsförderung sind zentrale Themen einer Vielzahl von Aktivitäten des RGU im Rahmen der Frühen Hilfen, der schulärztlichen Beratung und im Rahmen der Suchtprävention, vieler Kindertagesstätten und Schulen sowie einiger Zuschussnehmerinnen und Zuschussnehmer des RGU, wodurch eine erhebliche
Breitenwirksamkeit erzielt werden kann.
Neben den Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention hat das RGU auch die Aufgabe, Prävention und Gesundheitsförderung in Lebenswelten voranzubringen, um die soziale Ungleichheit, die sich auch in gesundheit-licher Ungleichheit ausdrückt, auszugleichen. Übergewicht/Adipositas und Diabetes Typ 2 sind Beispiele dafür, dass sozioökonomische Benachteiligung mit erhöhten Gesundheitsrisiken einhergeht.
Mit dem von Ihnen erwähnten Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention (2015), das ebenfalls zur Verminderung sozial bedingter sowie geschlechterbezogener Ungleichheit von Gesundheitschancen beitragen soll, wurden für Maßnahmen und Projekte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes neue Finanzierungsmöglichkeiten eröffnet. Für die Umsetzung des Gesetzes stellt der Stadtrat dem RGU mit Beschluss vom 19.10.2016 (Sitzungsvorlage 14-20 V 06806) Ressourcen in Höhe von 1,5 Stellen und 10.000 Euro Sachmittel pro Jahr zur Verfügung.
Die Kooperation zwischen Kommune und gesetzlichen Krankenkassen im Hinblick auf gesundheitsförderliche Maßnahmen konnte dadurch weiter ausgebaut und gestärkt werden. Dem RGU stehen mittlerweile Fördermittel in einem mittleren siebenstelligen Bereich für insgesamt fünf auf mehrere Jahre angelegten Projekte zur Gesundheitsförderung zur Verfügung, in einem weiteren Projekt ist das RGU Kooperationspartner. So steht beispielsweise im Projekt „Iss dich clever“ die Förderung der gesunden Ernährung in Grundschulen im Fokus. Im bundesweit größten Projekt „München gesund vor Ort“ wird ein breites Spektrum an Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Prävention in vier ausgewählten Münchner Stadtteilen umgesetzt. Auch der Aufbauprozess der Präventionskette „Gut und gesund aufwachsen in Freiham“ wird mit Fördergeldern aus dem Präventionsgesetz finanziert. Durch den frühzeitigen Aufbau präventiver Strukturen im neuen Stadtteil sollen hier die Chancen von Kindern vor allem auf gesunde Entwicklung, Bildung und Teilhabe verbessert werden.