Für die Gemeinschaft I - Teilhabe am gesellschaftlichen Leben Für die Gemeinschaft V - Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
Anträge Stadtrat Manuel Pretzl (CSU-Fraktion) vom 29.7.2019
Antwort Stadtschulrätin Beatrix Zurek:
In Ihren Anträgen baten Sie darum, ein Konzept zu entwickeln, wie Besuche von Kindergartenkindern bzw. Schulklassen in Alten- und Seniorenheimen zu einem regelmäßigen Bestandteil im Kita- und Schulalltag werden können (hierbei soll gelesen, gespielt, gesungen oder erzählt werden) (I) bzw. ein Konzept zu erarbeiten, mit dem Eltern entlastet und Seniorinnen und Senioren in die Betreuung von Kindern eingebunden werden (V).
Für die gewährten Fristverlängerungen bedanke ich mich.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teile ich Ihnen auf diesem Wege zu Ihren Anträgen Folgendes mit:
Hierzu kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Im Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder in Tageseinrichtungen bis zur Einschulung (BayBEP) sind Gemeinwesenorientierung sowie Kooperation und Vernetzung mit anderen Stellen in einem eigenen Kapitel als Auftrag der Kindertageseinrichtungen dargelegt. Als Kooperationsmöglichkeit ist u.a. benannt: „Kennenlernen von sozialen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Altenheimen, Seniorenclubs und Behinderteneinrichtungen. (Individuelle) Gespräche mit Senioren bzw. Behinderten sollten gesucht werden; gemeinsame Aktivitäten sind sinnvoll“ (vgl. BayBEP, 7. Auflage 2016, Seite 437).
Ein gelungenes Beispiel stellt sicherlich das im Antrag erwähnte Projekt „Mitanond – Kinder und Senioren lernen voneinander“ in der Südtiroler Gemeinde Lana dar. Entstanden ist hier eine generationenübergreifende Spielgruppe des Eltern-Kind-Zentrums und des Seniorenwohnheimes Stiftung Lorenzerhof ÖBPB in Lana. In der Projektbeschreibung ist dazu Folgendes zu lesen:
Mindestens einmal pro Wochen treffen sich die Kinder der Spielgruppe MITANOND und Senioren, spielen und singen gemeinsam und nehmen
eine Jause ein. Im Park vergnügen sich die Kleinen mit den Hasen und die Senioren genießen die frische Luft und dabei den Kindern beim Toben und Spielen zuzusehen. Traditionen werden gemeinsam aufrechterhalten, so kamen die Kinder zum Beispiel in der Martinswoche mit ihren selbstge-bastelten Laternen vorbei oder verkleideten sich zu Fasching. Gemeinsam singen, lachen und essen sowie die Natur genießen ermöglichen neue Formen des gegenseitigen Lernens. Die Entspannungs- und Waldorfpädagogin Beatrix und die Ergotherapeutin Anna begleiten diese Spielgruppe MITANOND bereits das zweite Jahr. Immer mehr Eltern nutzen dieses Angebot im Seniorenwohnheim und erkennen die vielen positiven Aspekte des Zusammentreffens.
Sandra Moszner, Geschäftsführerin des Eltern-Kind-Zentrums in Lana, berichtet über dieses Angebot: „Eltern-Kind-Zentren sind grundsätzlich Orte der Begegnung. Mit dem Seniorenheim Lorenzerhof haben wir ein besonderes Angebot geschaffen: Das Familienleben hat sich während des letzten Jahrhunderts stark gewandelt. Früher lebten die Familienmitglieder oft unter einem Dach und damit verschiedenste Altersgruppen zusammen. Der ständige Austausch zwischen den Generationen war ein Alltagserlebnis. Das ist heute nur noch selten zu finden. Die Lebenswirklichkeiten von Kindern und Senioren sind häufig sehr unterschiedlich. In unserer Spielgruppe MITANOND werden aber nicht nur Unterschiede, sondern auch Gemeinsamkeiten zwischen den Altersgruppen entdeckt. Mit der Begegnung zwischen Jung und Alt stärken wir das Verständnis füreinander.“
Auch die Direktorin der Stiftung Lorenzerhof ÖBPB, Beatrix Kaserer, unterstreicht die Wichtigkeit der generationsübergreifenden Projekte: „Diese veränderten Familienformen haben dazu geführt, dass die Kinder und Senioren nicht mehr so häufig in Kontakt kommen. Aus diesem Grund ist unser Seniorenwohnheim stets bemüht, mit Kindergärten, Schulen oder Berufsschulen zusammenzuarbeiten“.
(Quelle: http://www.vds-suedtirol.it/de/swh/475/news/mitanond-kin-der-und-senioren-lernen-voneinander am 3.6.2020)
Im Rahmen ihres Auftrags zur Vernetzung und Stadtteilarbeit kooperieren auch viele städtische Kindertageseinrichtungen in unterschiedlicher Weise mit umliegenden Senioren- und Seniorinneneinrichtungen. Dies wird vom Städtischen Träger ausdrücklich begrüßt und unterstützt. Die Kooperationen gestalten sich ganz individuell und den Gegebenheiten entsprechend. So kommen beispielsweise Seniorinnen und Senioren regelmäßig in Kindertageseinrichtungen, um mit den Kindern zu spielen, zu singen oder vorzulesen. Manche Kindertageseinrichtungen besuchen auch ihrerseits mit den Kindern die Senioren- und Seniorinneneinrichtungen, um gemeinsam zu singen oder zu basteln.
Diese Begegnungen von Jung und Alt sind für alle Beteiligten gewinnbringend. Die Seniorinnen und Senioren haben viel Zeit für die Kinder, könnenihnen Aufmerksamkeit und Interesse schenken. Die Kinder wiederum genießen dies und können darüber hinaus den rücksichtsvollen Umgang mit älteren Erwachsenen erlernen. Dies ist umso wichtiger, als viele Kinder gerade in der Großstadt keinen oder nur wenig Kontakt zu den Großeltern pflegen können.
Der BayBEP betont zudem, dass bei allen Exkursionen und Besuchen die Kinder mitplanen und mitbestimmen können. Es ist daher zielführend, dass die Kindertageseinrichtungen ihre Kooperationen individuell an den Bedarfen der Kinder und an den Gegebenheiten vor Ort orientieren und in ihren Hauskonzeptionen regeln.
Grundsätzlich ist in Kindertageseinrichtungen der Einsatz von Ehrenamtlichen möglich, z.B. in den Rand- und Ruhezeiten, muss aber in jeder Kindertageseinrichtung individuell geprüft werden. Es besteht in diesen Fällen immer auch das in der Fachwelt diskutierte Risiko einer Dequalifizierung von Fachpersonal. So kann der Einsatz von Ehrenamtlichen immer nur zusätzlich geschehen und darf die Fachexpertise des Personals keinesfalls ersetzen. Ebenfalls muss der Einsatz von Ehrenamtlichen in der Praxis sehr gut begleitet werden und bedeutet für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kindertageseinrichtung eine deutliche Mehrarbeit, die in den zur Verfügung gestellten Stundenkontingenten nicht ohne Weiteres bereitgestellt werden kann.
In der aktuellen Corona-Situation ist zudem der Infektionsschutzaspekt neu zu überdenken und noch stärker in den Fokus zu nehmen. Kindertageseinrichtungen haben als Gemeinschaftseinrichtungen die Infektionsgefahr sowohl für die Kinder als auch für das Personal beständig im Blick und müssen entsprechende Maßnahmen in ihren Hygieneplänen umsetzen. Auch Senioren- und Seniorinneneinrichtungen haben hier eine besondere Verantwortung. Es stellt sich durchaus die Frage, ob und wie z.B. beim Einsatz von „Leih-Großeltern“ aus dem Altenheim ein wirkungsvoller Infektionsschutz – für beide Institutionen – gewährleistet werden kann.
Das Referat für Bildung und Sport sieht daher in der Erstellung von übergeordneten Konzepten zur Einbindung von rüstigen Seniorinnen und Senioren in die pädagogische Arbeit sowie zu Besuchen von Kindergartenkindern in Altenheimen keinen Mehrwert, weder für die Kindertageseinrichtungen noch für die Seniorinnen und Senioren.
Ich bitte um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen und gehe gleichzeitig davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.