Formfehler bei der Beschlussfassung zur Ludwigsbrücke
AnfrageStadtrats-Mitglieder Professor Dr. Jörg Hoffmann, Dr. Michael Mattar, Gabriele Neff, Thomas Ranft und Wolfgang Zeilnhofer (FDP-Fraktion) vom 13.1.2020
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
Auf Ihre Anfrage vom 13.1.2020 nehme ich Bezug.
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt vorausgeschickt: „Am 3. Dezember 2019 befasste sich der Bauausschuss mit der Sanierung der Ludwigsbrücke. Die Vorlage mit einem Auftragsvolumen von 11 Millionen Euro war seitens der Baureferentin korrekt als Senatsbeschluss in den Bauausschuss eingebracht worden (gemäß § 6 der Geschäftsordnung des Stadtrates (GeschO)). Der Bauausschuss lehnte die Vorlage bei Stim- mengleichheit ab. Zur Vollversammlung am 18. Dezember 2019 brachte die Baureferentin erneut Ihre Vorlage ein und beantragte diese zu beschließen. Der Oberbürgermeister nahm die Vorlage in den A-Teil der Tagesordnung auf.
Nun regelt die Geschäftsordnung des Stadtrats die Vorgehensweise bei Senatsbeschlüssen. Hierbei haben wir in der Geschäftsordnung keine Regelung gefunden, dass der zuständigen Referentin erlaubt, eine Vorlage, die in die Zuständigkeit des Ausschusses als Senat fällt, abweichend davon nachträglich die Vollversammlung zu befassen. Vielmehr regelt die Geschäftsordnung bei Senatsbeschlüssen diese durch ein Nachprüfungsrecht seitens des Oberbürgermeisters oder einem Teil des Stadtrates in die Vollversammlung einzubringen (§ 6 Abs. 2 GeschO). Hierfür ist in der Gliederung der Tagesordnung ein gesonderter Teil, nämlich ‚D‘ vorgesehen. Im ‚A-Teil‘ der Tagesordnung der Vollversammlung befinden sich grundsätzlich nur Tagesordnungspunkte, die noch nicht vorberaten waren oder aus Ausschüssen vertagt wurden.
Das Nachprüfungsbegehren muss binnen einer Woche nach Beschlussfassung im Ausschuss erfolgen (gemäß § 6 Abs. 3 GeschO schriftlich). Dies ist nach unserer Kenntnis nicht erfolgt.
In Ihrer schriftlichen Anfrage vom 13.1.2020 rügen Sie einen Formfehler bei der Beschlussfassung zur Sanierung der Ludwigsbrücke. Nachdem der Bauausschuss am 3.12.2019 die Vorlage abgelehnt hatte, hätte nach Ihrer Auffassung dieser Beschluss des Bauausschusses nur im Wege eines Nachprüfungsantrages in die Vollversammlung gelangen dürfen. Sie sind der Auffassung, dass die Einbringung der Angelegenheit in die Vollver- sammlung am 18.12.2019 gegen die Geschäftsordnung verstoßen hat und deshalb der Beschluss der Vollversammlung unwirksam sein könnte.“Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Teilen Sie unsere Auffassung, dass der Baureferentin von sich aus nicht zustand, ihre Vorlage und ihren Antrag abweichend von der Geschäftsord- nung des Stadtrats in die Vollversammlung einzubringen?
Antwort:
Als berufsmäßige Stadträtin hat die Baureferentin das Recht, im Rahmen ihres Aufgabengebietes jederzeit Anträge zur Behandlung in der Vollversammlung und dem zuständigen Ausschuss zu stellen. Es war deshalb auch zulässig, dass die Baureferentin ihren Antrag, der vom Stadtrat abgelehnt worden war, erneut für eine Sitzung des Stadtrates gestellt hat. Es gibt keinen Grundsatz, wonach Anträge berufsmäßiger Stadtratsmitglieder, die abgelehnt worden sind, nicht erneut gestellt werden dürften. Da der Stadtrat seine eigenen Beschlüsse jederzeit aufheben kann, durfte er auch am 18.12.2019 den Beschluss des Bauausschusses vom 3.12.2019 aufheben und abändern. Eine erneute Beschlussfassung wäre nur unzulässig gewesen, wenn es sich um eine wiederholte Abstimmung in der gleichen Sitzung gehandelt hätte (vgl. § 73 Abs. 6 Geschäftsordnung des Stadtrats). Dass im vorliegenden Fall die Vollversammlung anstelle des Bauausschusses entschieden hat, war zulässig, da aufgrund der terminlichen Zwänge eine Beschlussfassung durch den Bauausschuss nicht mehr möglich gewesen wäre.
Frage 2:
Trifft es zu, dass kein gültiger Nachprüfungsantrag vorlag, so dass Sie zu Recht dies nicht unter Abschnitt „D“ in die Tagesordnung der Vollversamm- lung am 18.12.2019 aufnehmen konnten?
Antwort:
Es ist zutreffend, dass hinsichtlich des Beschlusses des Bauausschusses vom 3.12.2019 kein Nachprüfungsantrag gestellt wurde. Deswegen wurde der Beratungspunkt auch nicht unter Abschnitt „D“ der Tagesordnung aufgenommen.
Frage 3:
Stimmen Sie uns zu, dass der „Beschluss zur Sanierung der Ludwigsbrü- cke“ somit unwirksam getroffen wurde?
Antwort:
Nein. Wie aus der Antwort zu Frage 1 ersichtlich, konnte die Baureferentin ihren abgelehnten Antrag wiederholt stellen mit der Folge, dass eine erneute (abweichende) Beschlussfassung zulässig war. Eines Nachprüfungsantrages hat es deshalb nicht bedurft.