Optimierung der Ochsenhaltung am Gut Karlshof unter dem Blickwinkel des Tierwohls
Antrag Stadtrats-Mitglieder Herbert Danner, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch und Sabine Krieger (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 16.8.2017
Antwort Kommunalreferat:
Die Mitglieder der Stadtratsfraktion Die Grünen/rosa liste fordern die Stadtgüter München (SgM) mit o.g. Antrag auf, die Nutzung vorhandener Grünflächen zur direkten Beweidung durch die Ochsen des Gutes Karlshof zu prüfen. Insbesondere die Prüfung von Kooperationsmodellen mit langjährigen Großabnehmern, um die Investitionskosten zu reduzieren, erforderte umfangreiche Gespräche und Abstimmungen mit möglichen Partnern. Für die diesbezüglich gewährten Fristverlängerungen möchte ich mich bei den Antragsstellern bedanken. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Zu Ihrem Antrag vom 16.8.2017 teile ich Ihnen Folgendes mit:
1. Ausgangslage
Wie im Stadtratsbeschluss vom 25.6.2015 „Ochsenhaltung am Gut Karlshof“ (Nr. 14-20/V 03330) dargestellt, sorgen die SgM durch weitreichende Maßnahmen für eine artgerechte Haltung ihrer Ochsen, die sich an den natürlichen Lebensbedingungen der Tiere orientiert. Die Ochsen werden in modernen Offenkaltställen mit Stroheinstreu gehalten, haben besonders viel Platz im großzügigen Laufstall und werden durch einen Tierarzt kastriert.
Weiterhin belegt die Zertifizierung nach dem europäischen Umweltmanagementsystem (EMAS) die artgerechte Haltung und Fütterung der Ochsen. Der Umwelt und der Nachhaltigkeit werden dabei in besonderem Maße Rechnung getragen.
Darüber hinaus fand 2015 eine außerordentliche Begutachtung zur Dokumentation und Bewertung der Ochsenhaltung am Gut Karlshof durch einen Gutachter des Öko-Verbands Naturland statt. Dieser prüfte die örtlichen Gegebenheiten entsprechend einem Leitfaden zur Beurteilung der Tierhaltung und des Haltungsmanagements, den die drei Öko-Verbände Naturland, Bioland und Demeter im Rahmen des „Projekts Tierwohl“ entwickelten. Folgende Indikatoren waren dabei ausschlaggebend:-Ernährungs-, Pflege- und Gesundheitszustand der Tiere,
-Zustand des Stalles und des Futters und
-Tierverluste.
Folgendes Gesamturteil hat der Gutachter in Bezug auf die vorgenannten Indikatoren als Zusammenfassung getroffen (Zitat aus der Stellungnahme des Gutachters):
„Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Tierhaltung am Gut Karlshof in allen Kriterien als optimal eingestuft werden kann. Der Gesundheitszustand der Tiere ist gut, Fell und Körperkondition weisen auf einen guten Allgemeinzustand hin. Die Tiere sind sauber, Verletzungen (Irritationen der Haut, Schwellungen) nicht erkennbar. Die Tierverluste sind unterdurchschnittlich. Die Offenställe mit guter Luftführung bedingen eine angenehme Stallluft. Durch die Öffnung der Ställe ist die Belichtung optimal. Die Stalleinrichtung ist sauber und in gutem Zustand. Die Tränken sind sauber und werden täglich kontrolliert. Die eingestreuten Ausläufe bieten einen weichen Liegeplatz für die Tiere. Lediglich der mittlere Bereich der beiden Endmastställe kann aus technischen Gründen nicht eingestreut werden, die Belegung der Spalten mit Gummimatten ist dazu ein guter Kompromiss, erreicht aber nicht den Komfort von Stroheinstreu. Besonders aufgefallen ist die Ruhe der Herde, die zum einen auf die guten Haltungsbedingungen, zum anderen aber auf den ruhigen Umgang des betreuenden Personals zurückzuführen ist. Erwähnenswert ist das praktizierte Rein-, Rausverfahren. Es werden bei jeder Umstallung von einem Mastbereich in den anderen die Ställe gewaschen, durch Kalkung desinfiziert und dann erst belegt. Dadurch wird ein hoher Hygienestandard erreicht.“
Die zusätzlich durchgeführte Prüfung der Anforderungen an die ökologische Rinderhaltung nach EU-Öko-Verordnung führte zudem zu dem Ergebnis, dass diese, bis auf zwei geringe Abweichungen, in allen drei Ställen eingehalten werden. Folgende Vorgaben wurden erfüllt:
-Aufstallung mit freier Bewegungsmöglichkeit
-Zugang zum ganzjährigen Auslauf mit teilweise nicht überdachtem Bereich oder Weidegang
-Befestigte eingestreute Liegefläche für jedes Tier im Jungviehstall sowie den Außenbereichen der Ställe I und II
-Keine Anbindehaltung
-Fressplatz für jedes Tier vorhanden.
Folgende Abweichungen wurden festgestellt:-In einem Teilbereich des Stalles befinden sich Liegeflächen ohne Stroheinstreu (Hinweis: auch dieser Teilbereich wurde umgebaut und wird inzwischen eingestreut)
-In Teilbereichen ist der Auslauf vollständig überdacht.
Die konventionelle Ochsenhaltung am Gut Karlshof erfüllt also im Bereich des Tierwohls weitgehend die deutlich höheren Standards des Öko-Landbaus.
2. Prüfung der Forderungen der Antragsteller
Zur weiteren Steigerung des Tierwohls forderten die Antragsteller eine Prüfung der um den Hof gelegenen Grünflächen auf ihre Eignung als Weiden und möglicher Kooperationsmodelle mit Großabnehmern, um notwendige Investitionskosten zu senken.
Die im Antrag vorgeschlagene Fläche an der Einfahrt zum Hof erwies sich im Rahmen der Prüfung als geeignet für die Beweidung durch Ochsen. Die zudem vorgeschlagene Errichtung eines einfachen Unterstands (Sonnenschutz, Tränke- und Fressplätze) auf dieser Fläche zeigte sich allerdings als nicht praxistauglich. Bei dieser Lösung müssten die Tiere jeweils in Kleingruppen von den bestehenden Stallungen zur Weide getrieben werden. Die dafür nötige Separierung und anschließende Wiedereingliederung der Kleingruppen in die Herde würde deren Ruhe empfindlich stören und zu Stress unter den Tieren führen. Aus Sicht des Tierwohls ist diese Lösung daher ungeeignet.
3. Stallneubau mit Weideauslauf nach Bioland-Richtlinien
Aus diesen Gründen werden die SgM auf der Fläche an der Hofeinfahrt einen vollständig neuen Stall mit Weideauslauf errichten. Die Stallarchitektur und -ausstattung werden dabei den EU-Öko-Richtlinien entsprechen. Dies bedeutet konkret: Stroheinstreu in den Liegeboxen, ein Tier-Fressplatzverhältnis von 1:1 und eine ganzjährige Auslaufmöglichkeit auf einem befestigten Paddock mit Direktzugang über den Stall. Dazu kommen eine vierparzellige Umtriebsweide für die Sommermonate und weitere kleinere und größere Maßnahmen, die das Tierwohl der Ochsen garantieren werden. Diese Art der tiergerechten Aufstallung ist für die Entscheidung zur Realisation des Stallbaus für die SgM maßgeblich. Der Stall wird Platz für etwa 180 Ochsen bieten.
Insgesamt soll die aktuelle Tierzahl auf dem Gut (ca. 550 Ochsen) nicht erhöht werden. Das bedeutet, dass alle Tiere vom Neubau profitieren werden, da auch den Ochsen in den Altgebäuden zukünftig mehr Platz zur Verfügung stehen wird.Mit dem nun beschlossenen Neubau eines nach höchsten Tierwohlstandards ausgerichteten Ochsenstalls können die SgM eine langfristige, tiergerechte Ochsenhaltung garantieren, von der alle Tiere profitieren. Damit erfüllen die SgM ihre Vorbildfunktion und zeigen, dass eine tierwohlorientierte Nutztierhaltung als wichtiger Bestandteil einer multifunktionalen, stadtnahen Landwirtschaft funktionieren kann. Der Stallneubau ist im Vermögensplan der SgM für das Jahr 2020 bereits veranlagt und genehmigt. Zu den weiteren Einzelheiten wird der Münchner Stadtrat befasst.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.