Kein Abschiebegefängnis am Münchner Flughafen!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Anja Berger, Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch, Jutta Koller, Dominik Krause, Sabine Krieger, Sabine Nallinger, Thomas Niederbühl, Angelika Pilz-Strasser, Dr. Florian Roth, Oswald Utz und Sebastian Weisenburger (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 24.10.2019
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
Mit Ihrem o.g. Antrag beantragen Sie die Ablehnung des vom Freistaat Bayern geplanten Neubaus einer Transit- und Abschiebehafteinrichtung am Flughafen München. Außerdem soll der Stadtrat über den Stand der Vertragsverhandlungen in Kenntnis gesetzt werden.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der geplante Neubau eines „kombinierten“ Gebäudes zum Betrieb als Transitunterkunft i. S. d. § 65 Aufenthaltsgesetz (AufenthaltsG) und einer Abschiebungshafteinrichtung i. S. d. § 62a AufenthaltsG erfolgt aufgrund einer Aufforderung des Freistaats Bayern. Da die für die Gremienbefassung vorgesehenen Schwellenwerte nicht überschritten werden, gehört diese Angelegenheit zum operativen Geschäft der FMG und fällt daher weder in die Zuständigkeit des Stadtrates noch als laufende Angelegenheit in die Zuständigkeit des Oberbürgermeisters. Weil eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat daher rechtlich nicht möglich ist, wird der Antrag anhand der Stellungnahme der FMG als Brief beantwortet.
Ausgangssituation
Die Landeshauptstadt München ist an der Flughafen München GmbH (FMG) mit einem Minderheitsanteil von 23% beteiligt; Mehrheitsgesellschafter ist der Freistaat Bayern mit einem Anteil von 51%.
Die FMG ist als Betreiberin eines Verkehrsflughafens gem. § 65 Aufenthaltsgesetz verpflichtet, auf dem Flughafengelände geeignete Unterkünfte zur Unterbringung von Ausländern, die nicht im Besitz eines erforderlichen Passes oder eines Visums sind, bis zum Vollzug der grenzpolizeilichen Entscheidung über die Einreise bereitzustellen. Hierzu hatte die FMG dem Freistaat Bayern (Regierung von Oberbayern) seit Ende 1993 einen provisorischen Bau im „südlichen Bebauungsband“ des Flughafens München als Ausländerunterkunft (Transitgebäude) vermietet. Da dieser Grundstücksbereich für eine andere Nutzung benötigt wurde, stellt die FMG dem Frei-staat Bayern für diesen Zweck seit September 2019 vorübergehend und ersatzweise eine andere Einrichtung zur Verfügung. Weiter betreibt der Freistaat Bayern (Landesamt für Asyl und Rückführung) seit September 2018 eine Abschiebungshafteinrichtung i. S. d. § 62 a AufenthaltsG im Wartungsbereich des Flughafens.
Der Freistaat Bayern hat die FMG ersucht, auf dem Gelände des Flughafens einen Neubau mitsamt Außenanlagen nach Anforderungen des Freistaats Bayern für einen „kombinierten“ Betrieb einer Ausländerunterkunft i. S. d. § 65 AufenthaltsG und einer Abschiebungshafteinrichtung i. S. d. § 62a AufenthaltsG planen und errichten zu lassen. Für den Bau des Transitgebäudes besteht – wie oben dargestellt – eine gesetzliche Verpflichtung der FMG. Die Abschiebungshafteinrichtung dagegen müsste sich nicht zwingend auf dem Gelände des Flughafens München befinden, da es für den Flughafenbetreiber hierzu keine gesetzliche Bereitstellungsverpflichtung gibt. Durch die Kombination der beiden Einrichtungen können allerdings Synergieeffekte genutzt und beispielsweise im Überbelegungsfall die Abschiebungshafteinrichtung oder Teile davon als Transitunterkunft für den Zweck des § 65 Aufenthaltsgesetz verwendet werden. Der Neubau soll die oben genannten provisorischen Anlagen ersetzen.
Stand der Verhandlungen
Zwischen den Projektbeteiligten (FMG und Freistaat Bayern) wurden in den letzten Monaten zahlreiche Gespräche geführt, um die Rahmenbedingungen und Prämissen, z.B. vertragliche Gestaltung sowie Kosten näher zu beleuchten und einen gemeinsamen Konsens zwischen den Projektbeteiligten zu finden. Weder das RAW noch die FMG-Gremien sind in die Verhandlungen eingebunden.
Das Gebäude wird sich, wie die bestehenden Einrichtungen, auf dem Gelände des Flughafens München befinden. Die FMG plant und baut das Gebäude inklusive Außenanlagen nach den Anforderungen des Freistaats Bayern und vermietet es mit der FMG-üblichen Rendite auf eine Dauer von 30 Jahren an den Freistaat. Der Betrieb des kombinierten Gebäudes erfolgt, wie bei den bestehenden Einrichtungen, ausschließlich durch den Freistaat Bayern.
Der Freistaat Bayern sichert sich außerdem vertraglich das Recht, das Grundstück des geplanten Neubaus zu erwerben und im Zuge dessen in die Auftragsverhältnisse der FMG mit den Planern und ausführenden Unternehmen einzutreten und folglich das Objekt als eigenständiger Bauherr zu errichten. Darüber hinaus kann der Freistaat Bayern von dem Grund-stücksankaufsrecht auch ab Übergabe des durch die FMG fertiggestellten Objekts an den Mieter Gebrauch machen.
Beschreibung des Neubauvorhabens
Der benannte Neubau ist auf einer Grundstücksgesamtfläche von ca. 2.415 m² geplant. Das geplante Gebäude ist in zwei verschiedene Nutzungseinheiten unterteilt: Transitunterkunft mit Technikgeschoss (ca. 715 m² BGF) und Abschiebungshafteinrichtung (ca. 995 m² BGF).
Die bisherigen Planungsüberlegungen beruhen auf den Anforderungen des Mieters und seiner zuständigen Behörden bzw. zukünftigen Nutzern (Regierung von Oberbayern und Landesamt für Asyl und Rückführungen).
Für den Bereich der Transitunterkunft sind Aufenthaltsmöglichkeiten für 29 Personen vorgesehen, für den Bereich der Abschiebungshafteinrichtung für 20 Personen. Insgesamt sind Büroarbeitsplätze für 27 Personen geplant. Die administrativen Flächen beider Nutzungseinheiten sind in einem gemeinsamen Verwaltungstrakt untergebracht.
Die Baumaßnahme soll im 3. Quartal 2021 fertig gestellt und spätestens im 1. Quartal 2022 an den Nutzer übergeben werden.
Stellungnahme des Oberbürgermeisters: „Wie schon mehrfach geäußert, sehe ich persönlich Abschiebehafteinrichtungen kritisch. Wie oben ausgeführt, unterliegt das Thema jedoch keiner Gremienbefassung der Flughafen München GmbH. Selbst für den Fall einer Abstimmung könnte der Vertreter der Landeshauptstadt München die Maßnahme nicht verhindern, da es nur für wenige festgelegte Themen einer einstimmigen Beschlussfassung bedarf.“
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen und hoffe, dass Ihr Antrag damit zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.