Kinder aus einkommensschwachen Familien unterstützen:
Bildungs- und Teilhabe-Gelder umwidmen!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Anja Berger, Dr. Hannah Gerstenkorn, Nimet Gökmenoğlu, Sofie Langmeier, Marion Lüttig und Sebastian Weisenburger (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 15.2.2021
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
Sie beantragen eine Umwidmung der Gelder aus dem Bildungs- und Teilhabe-Paket (BuT-Paket), die personalisiert auf die Konten der Schulen beispielsweise für Tagesausflüge oder Mittagessen überwiesen wurden und jetzt den Schüler*innen aus einkommensschwachen Familien zugute kommen sollen.
Der Oberbürgermeister soll sich beim Sozialausschuss und Bildungsausschuss des Deutschen Städtetags für eine Änderung der Vorgaben des Bundes bzgl. einer Umwidmungsmöglichkeit einsetzen.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teile ich Ihnen auf diesem Wege zu Ihrem Antrag vom 15.2.2021 Folgendes mit:
Eine „Umwidmung“ der Gelder aus dem BuT-Paket kann nur der Gesetzgeber auf den Weg bringen. Der Oberbürgermeister wird sich über den Deutschen Städtetag dafür einzusetzen, dass eventuell durch eine Gesetzesänderung oder ein neues Sozialschutzpaket die Voraussetzungen für eine Umwidmung geschaffen werden.
Die Gelder werden grundsätzlich mit personalisiertem Verwendungszweck auf die Konten der Schulen überwiesen. Das aktuelle Schuljahr ist jedoch stark von der Pandemiesituation geprägt, sodass aufgrund von anhaltenden Schulschließungen und gesamtgesellschaftlichen Lockdowns keine Ausflüge stattfinden können und auch der Mensabetrieb nur eingeschränkt bis gar nicht erfolgt. Der dadurch entstandenen massiven Mehrbelastung der Familien hat der Gesetzgeber in der Zwischenzeit mit dem Sozialschutzpaket II ab März 2020 versucht entgegenzuwirken. So wurde bei der Mittagsverpflegung das Merkmal der „gemeinschaftlichen“ Mittagsverpflegung herausgenommen, sodass z.B. auch die Kosten für Notversorgung oder andere Essensvarianten übernommen werden können.
Nach Aussage des Referates für Bildung und Sport wird pandemiebedingt aufgrund von Schließungen und Notbetrieb nicht in allen Einrichtungen und Schulen ein Mittagessen angeboten; es gibt insbesondere keine Liefer- oder Abholmöglichkeiten. Es besteht keine Pflicht, ein entsprechendes Angebot zu schaffen (vgl. Info des StMAS vom 23.7.2020 - AMS S9/6074.04-1/485). Zudem widerspricht es dem Gebot der Kontaktvermeidung im Rahmen der Corona-Pandemie. Mensen sind häufig verpachtet und werden somit nicht vom Träger der Schule oder Kita selbst betrieben.
Die Sicherstellung einer pandemiebedingten Gesamtversorgung aller bedürftigen Familien ist insofern auch schwer möglich, da die Notbetreuung und Notversorgung von Schule zu Schule oder von Kita zu Kita unterschiedlich gehandhabt wird.
Aus hygienischen Gründen und Vorschriften ist es nicht einfach möglich, die Mittagsverpflegung für bedürftige Kinder, die nicht in der Notbetreuung versorgt werden, nach Hause zu holen oder liefern zu lassen. Die Caterer sprechen hier unter anderem von nicht vorhandenen Hygienekonzepten und einer möglichen Keimbelastung etc.
Haftungsansprüche wären hier durchaus vorstellbar.
Möglich wäre die Einführung eines Gutschein-Systems, welches einige Firmen anbieten. Um hier jedoch alle Betroffenen gleichermaßen zu versorgen, ist die Ermittlung der verschiedenen Betreuungs- und Versorgungssysteme und Möglichkeiten jeder einzelnen Einrichtung notwendig. Außerdem ist hier zwingend ein Ausschreibungsverfahren vorgeschrieben. Die Durchführung eines solchen Verfahrens würde erfahrungsgemäß sogar die Dauer der aktuellen Pandemie übersteigen. Darüber hinaus steht auch kein Personal zur Verfügung, das die Prüfungen vornehmen und dann die Gutscheine ausstellen könnte. Aufgrund der aktuellen Situation kann auch nicht mit Stellenzuschaltungen gerechnet werden.
Eine reine Geldauszahlung an die Kinder sieht der Gesetzgeber nicht vor.
Die bereits bestehenden Angebote werden selbstverständlich über Bildungs- und Teilhabemittel finanziert.
Ob der Gesetzgeber einer Umwidmung in digitale Ausstattung zustimmt, ist fraglich, da hier bereits die Schulen mit großen Summen (rund 500 Mio. Euro) bedacht wurden, beispielsweise für die Beschaffung von Leihgeräten für bedürftige Kinder.
Sofern von den Schulen kein Leihgerät zur Verfügung gestellt werden kann, werden für Grundsicherungsempfänger*innen im Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab Januar 2021 die Kosten für digitale Endgeräte und Zubehör übernommen. Im Bereich des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (SGB XII) und Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erfolgt die Handhabung analog. Bei sonstigen Hilfebedürftigen bis zur Armutsgrenze werden Stiftungs- und Schenkungsmittel geprüft.
Da der aktuelle Lockdown beendet ist, können wieder alle Angebote in Anspruch genommen werden. In Bayern wurde der Schul- und Kitabetrieb zwischenzeitlich wieder ordnungsgemäß aufgenommen, sodass die Kinder in ihrem gewohnten Umfeld wieder Bildung und Teilhabe erfahren können.
Die aus Sicht des Sozialreferates beste Lösung zur bundesweiten Verbesserung der BuT-Leistungen wäre eine direkte institutionelle Förderung der Schulen, Kindertageseinrichtungen und außerschulischen Jugendeinrichtungen. So kämen die BuT-Leistungen ohne Vorschaltung eines Verwaltungsverfahrens unmittelbar den Kindern und Jugendlichen zugute. Es wären hierbei passgenaue Lösungen möglich und der direkte Zugang der Kinder und Jugendlichen gesichert.
Eine weitere Alternative wäre natürlich ein Aufschlag auf die Regelleistung.Der Gesetzgeber ist hier noch weiter gefordert.
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.