Wildes München 3 – Essbare Stadt aka people eat city
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Rathaus Umschau 154 / 2021, veröffentlicht am 13.08.2021
Wildes München 3 – Essbare Stadt aka people eat city
Antrag Stadträtin Marie Burneleit (Die PARTEI) vom 8.2.2021
Antwort Baureferentin Rosemarie Hingerl:
Sie haben am 8.2.2021 Folgendes beantragt:
„Die Landeshauptstadt München pflanzt bei zukünftigen Grünanlagen oder bei Austausch alter Bepflanzung 50 Prozent Nuss- und Obstgehölze. Weiterhin werden in Grünanlagen nach Möglichkeit auch kleinere essbare Kräuter und Pflanzen wie etwa Rosmarin, Salbei, Bärlauch, Brombeeren, Erdbeeren etc. gepflanzt.“
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit i.S. von Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO und § 22 GeschO, deren Erledigung dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 8.2.2021 teilen wir Ihnen aber Folgendes mit:
Den bestehenden öffentlichen Grünanlagen kommt in einer hochverdichteten Großstadt wie München eine vorrangige Erholungs- und Freizeitfunktion für unterschiedliche Nutzergruppen zu. Damit ist ein außerordentlich hoher Nutzungsdruck verbunden. Aktuell sind stadtweit die öffentlichen Grünflächen aufgeteilt in 15 Prozent artenreiche Blumenwiesen, 20 Prozent Spiel-, Wege- und Gewässerflächen, 35 Prozent Rasen zur intensiven Erholungsnutzung und ca. 30 Prozent mit Bäumen und Sträuchern bestandene Gehölzflächen.
Die Bäume erfüllen – neben ihrer raumprägenden Wirkung – in besonderer Weise auch ökologische und klimatische Funktionen: Sie spenden Schatten, wirken kühlend, produzieren Sauerstoff, binden Kohlenstoff und bieten vielen Tierarten Lebensraum und Nahrung. Mit der Pflanzung zusätzlicher Bäume in standort – und zukunftsgerechten Arten bzw. Sorten kann – auch mit Hinblick auf den Klimawandel – ein nachhaltiger Beitrag zu einem lebenswerten Arbeits- und Wohnumfeld geleistet werden.
Dort wo es sinnvoll ist, kommt das Baureferat auch dem oft geäußerten Wunsch nach mehr essbaren Obstgehölzen nach. Als besondere Blüh- und Obstgehölze wurden beispielsweise im Südpark Birn- und Apfelbäume ge-pflanzt. In der Grünanlage zwischen Baierbrunner und St.-Wendel-Straße (dem sogenannten Siemenspark) stehen viele neu gepflanzte Walnußbäume. Streuobstwiesen sind inzwischen Bestandteil von vielen neu angelegten Grünflächen und dienen aufgrund ihrer Artenvielfalt als Ausgleichsflächen. So gibt es verschiedene Streuobstwiesen-Projekte, zum Beispiel in Allach und in der Lerchenau. In Pasing ist auf etwa sechs Hektar eine Streuobstwiese im Landschaftspark entstanden. Dort wachsen über 60 heimische Obstbäume. Die Pflege dieser Streuobstwiesen in öffentlichen Grünflächen läuft über ehrenamtliche Pat*innen. Nur durch Patenschaften ist die Ernte und damit Verwertung des Obstes zu gewährleisten.
Aufgrund der im Vergleich zu Großbäumen geringeren ökologischen Wirkung durch ein vergleichsweise kleines Kronenvolumen muss jedoch die Anzahl von Obstbaumpflanzungen begrenzt bleiben. Auch die kürzere Lebensdauer von Obstbäumen mindert deren Einsatzmöglichkeiten im öffentlichen Raum. So ist die Entscheidung, Obstbäume zu pflanzen, immer vom Einzelfall abhängig. Eine generelle Festlegung von Obstgehölzen in 50 Prozent der Fälle bei Neupflanzungen bzw. Ersatzpflanzungen ist daher nicht zielführend.
Bei Neuplanungen, Sanierungen und im laufenden Unterhalt bei Ersatzpflanzungen werden neben Obstbäumen auch Beerensträucher berücksichtigt. So gibt es in den öffentlichen Grünanlagen zahlreiche essbare Beeren-Gehölze und Wildobstsorten. Kirschpflaume, Holunder, Sanddorn und insbesondere Kornelkirsche werden zum Beispiel bevorzugt in Heckenpflanzungen verwendet. Ebenso sind Haselnusssträucher häufig in den Grünanlagen anzutreffen. Von den Gehölzen abgesehen, beinhalten die städtischen Grünflächen und Parks eine Vielzahl an unterschiedlichen krautigen Wildpflanzen. Als heimische Wildpflanzen gedeihen sie ohne menschliches Zutun. Zu diesen Wildpflanzen gehören – je nach Standort – beispielsweise Bärlauch oder Walderdbeeren. Da die städtischen Flächen auch dem Arterhalt und der Biodiversität unserer heimischen Flora und Fauna dienen, ist die Pflanzung von Gewürzkräutern, die wie Rosmarin und Salbei aus dem Mittelmeerraum stammen, aus naturschutzfachlichen Gründen nicht zweckmäßig.
Das Referat für Klima- und Umweltschutz hat dieses Antwortschreiben mitgezeichnet.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass der Antrag damit abschließend behandelt ist.