Wohnen im Viertel mit einplanen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Alexandra Gaßmann, Jens Luther, Heike Kainz (CSU-Fraktion) vom 22.10.2020
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk:
Mit o.g. Antrag fordern Sie, das Projekt „Wohnen im Viertel“ fest, mindestens jedoch in jedem Stadtquartier einzuplanen. In diesem Zusammenhang bitten Sie besonders zu beachten, dass es Bereiche in verschiedenen Stadtquartieren gibt, die einen besonders hohen Bedarf an „Wohnen im Viertel“ aufweisen. Vor diesem Hintergrund fordern Sie eine Ermittlung der derzeitigen Nachfrage und der Deckung des Bedarfes.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist.
Mit Ihrem Antrag fordern Sie die feste, stadtweite Einführung von „Wohnen im Viertel“.
Hierbei handelt es sich um ein Wohn- und Versorgungsmodell, welches die städtische Wohnungsbaugesellschaft GEWOFAG auf Basis des sog. „Bielefelder Modells“ im Jahr 2008 entwickelte und seitdem in eigener Zuständigkeit und in Abstimmung mit dem Sozialreferat, Amt für Soziale Sicherung, in ihren Bestands- und Neubauvorhaben einplant.
Der Inhalt Ihres Antrages betrifft damit eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt.
Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich. Zu Ihrem Antrag vom 22.10.2020 teilen wir Ihnen aber Folgendes mit:
Eine Vielzahl der Münchner Bürger*innen möchte auch bei eingeschränkter Mobilität, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit in ihrer vertrauten häuslichen Umgebung wohnen bleiben. Damit dieser Wunsch erfüllt werden kann, hat die GEWOFAG das Konzept „Wohnen im Viertel“ als Wohn- und Versorgungsmodell ins Leben gerufen. Seitdem wird das Konzept unter Beteiligung des Sozialreferates, Amt für Soziale Sicherung, stetig weiterentwickelt, um den Bedürfnissen der Bürger*innen gerecht zu werden.
Mithilfe von „Wohnen im Viertel“ wird den Bewohner*innen eines Viertels kostenlos und rund um die Uhr eine Versorgungssicherheit geboten und hilfebedürftigen Menschen auf diese Weise ein selbstbestimmtes Lebenin der eigenen Wohnung ermöglicht. Die betroffenen Personen erhalten dabei die individuelle Betreuung und Versorgung, auf die sie dringend angewiesen sind. Gewährleistet wird dies durch einen im Auftrag der GEWO-FAG vor Ort tätigen ambulanten Dienst, mit dessen Hilfe eine qualifizierte Pflege und Sicherheit bei eventuellen Notfällen gewährleistet wird.
Die Mitarbeiter*innen des Pflegedienstes stehen zudem allen anderen Bewohner*innen im Umkreis zur Verfügung – unabhängig davon, ob sie in der Anlage der GEWOFAG wohnen oder nicht. So können alle Bewohner*innen des Viertels auf eine Hilfe rund um die Uhr vertrauen, auch ohne Leistung einer Betreuungspauschale. Diese ist nur von denjenigen Personen zu zahlen, die dauerhaft auf eine Unterstützung angewiesen sind. Die bisherigen Erfahrungen mit dem Konzept „Wohnen im Viertel“ sind nach Rücksprache mit der GEWOFAG äußerst positiv.
Inzwischen hat die GEWOFAG stadtweit bereits an folgenden 13 Standorten Projekte mit „Wohnen im Viertel“ umgesetzt:
Darüber hinaus plant die GEWOFAG die Umsetzung weiterer „Wohnen im Viertel“-Projekte. Zu nennen sind hierbei die Neubauvorhaben im Prinz-Eugen-Park in Bogenhausen, welches im April 2021 in Betrieb genommen wird, und in der Alten Heimat in Laim (2022). Angestrebt wird zudem die Umsetzung von Projekten in der Stupfstraße in Neuhausen sowie in Freiham.Nach Mitteilung der GEWOFAG decken die aktuellen und in Planung befindlichen „Wohnen im Viertel“-Projekte die Nachfrage der Bürger*innen nach entsprechenden Betreuungsangeboten. Die GEWOFAG prüft jedoch regelmäßig die Bedarfslage und steht hierzu in einem engen Austausch mit ihren Kooperationspartner*innen und dem Sozialreferat, Amt für Soziale Sicherung. In der Folge kann auf eine geänderte Bedarfslage zügig reagiert und das Angebot von „Wohnen im Viertel“ ausgebaut werden. Dabei und in der konzeptionellen Weiterentwicklung des Konzeptes wird sie von der Landeshauptstadt München unterstützt.
Über „Wohnen im Viertel“ hinaus ist die Landeshauptstadt München bestrebt, weitere vergleichbare inklusive Angebote für unterstützungsbedürftige Bürger*innen insbesondere in den Neubauquartieren (2. Realisierungsabschnitt Freiham, Bayernkaserne) zu integrieren. Eine große Bedeutung kommt dabei auch der GWG München zu, die im Schwerpunkt sog. „sorgende Hausgemeinschaften“ in ihren Wohnbauvorhaben einplant. Hierbei leben die Bewohner*innen selbstständig in barrierefreien Wohnungen und helfen sich gegenseitig im Alltag und in Situationen, in denen eine individuelle Unterstützung und Betreuung benötigt wird. Hiervon profitieren insbesondere ältere Mieter*innen.
Dass die Landeshauptstadt München die Umsetzung solcher Konzepte verfolgt, zeigt sich im Speziellen im neuen Stadtteil Freiham im Münchner Westen. Dieser wird als „inklusiver Stadtteil“ geplant und gebaut. Hierbei sind vor allem die barrierefreie Realisierung der Wohnungen und des Wohnumfeldes ein zentraler Aspekt. Ferner werden die künftigen Bauherr*innen verpflichtet, vielfältige inklusive Wohnformen in ihre Vorhaben zu integrieren und damit Menschen mit und ohne Behinderungen die Möglichkeit zu bieten, den Alltag und das Miteinander entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse zu gestalten und langfristig in ihrem gewohnten Umfeld leben zu können.
Im Rahmen der Münchner Stadtplanung werden somit bereits heute und auch künftig die unterschiedlichsten inklusiven Wohn- und Versorgungsmodelle, einschließlich dem GEWOFAG Projekt „Wohnen im Viertel“, berücksichtigt und eingeplant. Folglich wird eine Deckung des Bedarfs der Münchner Bürger*innen nach entsprechenden Angeboten verfolgt.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.