Parkplatzentfall durch neue Halteverbote in reinen Anwohnerstraßen
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Fabian Ewald und Jens Luther (CSU-Fraktion) vom 23.2.2021
Antwort Mobilitätsreferent Georg Dunkel:
Ihrer Anfrage legen Sie folgenden Sachverhalt zu Grunde:
„Derzeit ordnet die Stadtverwaltung verstärkt in Anwohnerstraßen bestehender Wohnquartiere einseitige oder beidseitige Halteverbote an, in denen das teilweise Gehwegparken seit Jahrzehnten tolerierte Praxis war. Mag dieses Vorgehen im Einzelfall geeignet sein, um besondere Engstellen zu entschärfen, so wird es mittlerweile vermehrt auch in Straßen vollzogen, in denen in den letzten Jahren keinerlei Probleme bekannt waren. Termine mit Anwohnern oder Bezirksausschüssen werden dabei teilweise verwaltungsseitig abgelehnt, was äußerst kontraproduktiv ist, wenn es darum geht, vor Ort Verständnis für das überraschende Vorgehen zu schaffen. In manchen Quartieren (z.B. Gebelestraße/Niedermayerstraße/Amberger Straße in Bogenhausen) entfällt durch die Unterbindung des bisher geduldeten Parkverhaltens mehr als die Hälfte der vorher faktisch nutzbaren Stellplätze. Dies führt nicht nur zu erheblicher Parkplatzknappheit inklusive Parksuchverkehr, auch die Durchfahrtsgeschwindigkeit in den Anwohnerstraßen droht sich im Vergleich zur Situation vorher deutlich zu erhöhen.“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Bevor ich Ihre Fragen im Einzelnen beantworte, möchte ich Folgendes vorausschicken:
Das Parken auf einer Gehbahn ist nach der Straßenverkehrsordnung ohne gesonderte Beschilderung oder Markierung nicht zulässig und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Dennoch hat sich dieses verbotswidrige Gehwegparken über Jahrzehnte in geschätzt hunderten von Straßen in Wohngebieten, mangels ausreichender Kapazitäten zur konsequenten Durchsetzung der Regelung, eingebürgert. Dadurch hat sich zwar eine überwiegende Toleranz der Bewohner*innen in den betroffenen Straßen eingestellt, dennoch stellt das ordnungswidrige Gehwegparken dauerhaft eine Gefahrenquelle dar. Diese ist vor allem dann gegeben, wenn Fußgänger*innen, insbesondere Kinder, an nicht selten entstehenden Gehwegengstellen auf die Fahrbahn ausweichen müssen oder Sichtbeziehungen an Grundstückszu-/ ausfahrten beeinträchtigt werden.
Wird – wie im Bereich Gebelestraße/Niedermayerstraße/Amberger Straße geschehen – gegen dieses von den Bewohner*innen zwar tolerierte, aber dennoch ordnungswidrige Parkverhalten dann tatsächlich vorgegangen, ist das Verständnis für diese Maßnahmen von einem Großteil der Bewoh-ner*innen oftmals nur sehr begrenzt und mündet nicht selten in größeren Protesten bis hin zu Unterschriftenlisten von sich gründenden Bürgerinitiativen, ausgiebigen Presseberichterstattungen, neuerlichen politischen Anträgen oder Klagen. Dieses Unverständnis bzw. der Widerstand zeigte sich in der Vergangenheit auch schon bei der Aufstellung von Haltverboten für den Abfallwirtschaftsbetrieb und der Feuerwehr, deren zwingender Grund für jeden erkennbar sein sollte.
Aufgrund des zunehmenden Bewusstseins der Bürger*innen für die aus Klimaschutz- und Platzgründen notwendige Verkehrswende nimmt die Bedeutung des Rad- und Fußverkehrs stark zu und bedingt deren deutliche Stärkung und Förderung sowie einen besseren Schutz vor Gefährdungen. Die Notwendigkeit äußert sich auch darin, dass zum rechtswidrigen Gehwegparken immer öfter Beschwerden bei der Straßenverkehrsbehörde eingehen.
Das Mobilitätsreferat beabsichtigt daher noch dieses Jahr, dem Stadtrat einen Beschlussentwurf zum Thema „Umgang mit Gehwegparken“ vorzulegen, in dem das weitere Vorgehen zur Vermeidung ordnungswidrigen Gehwegparkens dargelegt wird.
Ihre mit Anfrage vom 23.2.2021 aufgeworfenen Fragen beantworte ich wie folgt:
Frage 1:
In welchen Straßen wurden im Jahr 2020 neue einseitige oder beidseitige Halteverbote angeordnet und wie ist dies im Einzelfall begründet?
Antwort:
Bzgl. der Unterbindung des verbotswidrigen Gehwegparkens wurden im Jahr 2020 in folgenden Straßen Maßnahmen ergriffen:
Hinweis: Die Auflistung betrifft nur Straßen, die sich nicht innerhalb von im Jahr 2020 eingerichteten Parklizenzgebieten befinden. Der Einrichtung von Parklizenzgebieten liegt jeweils ein Stadtratsbeschluss mit den vorgesehenen Regelungen zugrunde.
Wie bereits eingangs erwähnt, ist das Gehwegparken ohne eine gesonderte Anordnung und Kennzeichnung mittels Beschilderung oder Markierung gesetzlich nicht vorgesehen und mithin verboten. Eine Legalisierung des Gehwegparkens war in den vorstehenden Bereichen aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht möglich. Aufgrund von Beschwerden und die bei Ortsterminen festgestellten Behinderungen, insbesondere für den Fußverkehr, aber auch durch Engstellen im Fahrbahnbereich, wurden daher zur Klarstellung der gesetzlichen Regelungen nach Anhörungen der jeweiligen Bezirksausschüsse entsprechende Haltverbotsregelungen angeordnet.
Frage 2:
Wie viele Stellplätze, auf denen das Parken auch in Form von teilweisem Gehwegparken bisher toleriert wurde, sind in den einzelnen Stadtbezirken und stadtweit im Jahr 2020 dadurch entfallen?
Antwort:
Die in der Tabelle aufgeführten Straßen wurden vor Ergreifung von Maßnahmen jeweils beidseitig unter verbotswidriger Nutzung des Gehwegs verparkt. Die Aufstellung von Haltverboten führte in aller Regel dazu, dass in diesen Straßen entsprechend der gesetzlichen Vorgaben geparkt wurde und daher nur noch halb so viele Autos im Vergleich zu der vorherigen verbotswidrigen Nutzung Platz fanden. Unter Zugrundelegung der geltenden gesetzlichen Regelungen sind durch die angeordneten lediglich klarstellenden verkehrsrechtlichen Maßnahmen keine Stellplätze entfallen.
Frage 3:
Wie viele zusätzliche Verkehrsschilder wurden in diesem Zusammenhang im vergangenen Jahr neu errichtet?
Antwort:
Üblicherweise wird insbesondere bei neubeschilderten Streckenhaltverboten durch das Baureferat etwa alle 30 Meter ein Verkehrszeichenrohr errichtet. Eine genaue Anzahl für die o.g. Straßen ist nicht bekannt bzw. ist in der Kürze der Zeit auch nicht zu ermitteln.
Frage 4:
Wie viele Bürgerbeschwerden haben die Stadtverwaltung (Referate, Bezirksausschüsse, etc.) zu diesen Maßnahmen in demselben Zeitraum erreicht?
Antwort:
Wie bei einer Vielzahl von neuen Verkehrsregelungen gab es auch bei den meisten der unter 1. aufgeführten mit Haltverbotsregelungen versehenen Straßen einige Beschwerden, die teils auch Unterschriftenlisten enthielten. Dies ist wie eingangs erwähnt nicht unüblich und beruhigt sich in aller Regel nach einer kurzen Gewöhnungsphase mit der neuen Regelung. Eine quantitative Erfassung des Beschwerdeaufkommens zu einzelnen Maßnahmen oder Straßenzügen erfolgt nicht.
Frage 5:
Werden mögliche Auswirkungen auf die Durchfahrtsgeschwindigkeit erhoben und sind hier Veränderungen festzustellen?
Antwort:
Soweit in der Praxis möglich, werden die Haltverbote so angeordnet, dass anschließend (nur noch) versetzt geparkt werden kann. Dadurch kann in aller Regel erreicht werden, dass sich die gefahrenen Geschwindigkeiten nicht erhöhen. Eine gezielte Vorher-Nachher-Untersuchung (Evaluation) findet nicht statt und ist aus Sicht des Mobilitätsreferats auch nicht notwendig. Wie in jeder Straße gibt es immer einzelne Verkehrsteilnehmer*innen, die sich nicht an die vorgegebene zulässige Höchstgeschwindigkeit halten. Bei Hinweisen auf eine außergewöhnlich häufige Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit besteht die Möglichkeit, sich an die Kommunale Verkehrsüberwachung (i.d.R. in Tempo 30 Bereichen zuständig) oder die Polizei zu wenden.
Frage 6:
Inwiefern wurden Vorschläge für die Schaffung von Ersatzstellplätzen im Umfeld der betreffenden Straßen berücksichtigt?
Antwort:
Nachdem basierend auf der Gesetzeslage keine Stellplätze entfallen sind, ist bei diesen ordnungsrechtlichen Maßnahmen zur Gewährleistung und Verbesserung der Verkehrssicherheit für den Fußverkehr die Schaffung von Ersatz nachrangig. Aufgrund der begrenzten Flächen ist dies in den allermeisten Fällen auch gar nicht möglich. Da wo es in wenigen Einzelfällen eine Möglichkeit gab – also wenn städtische/öffentliche Flächen im Umfeldzur Verfügung standen –, konnte ein überschaubares Mehr an zusätzlichem Parkraum geschaffen werden.
Frage 7:
Hat sich die diesbezügliche Rechtslage im Jahr 2020 entscheidend geändert oder warum wird aktuell vermehrt von der jahrzehntelangen Praxis abgerückt, das teilweise Gehwegparken zu dulden?
Antwort:
Nein, die Rechtslage hat sich im Jahr 2020 nicht geändert. Das Gehwegparken ohne Schilder oder Markierung war noch nie erlaubt. Auch bereits in den vergangenen Jahren ist die Straßenverkehrsbehörde überall dort gegen illegales Gehwegparken vorgegangen, wo es dringend angezeigt war und insbesondere auch zu Beschwerden kam. In den letzten Jahren mehr(t)en sich die Stimmen aus Politik, Interessensverbänden und der Bürgerschaft, sich mehr für die Interessen des Fußverkehrs als schwächste Verkehrsart einzusetzen und aktiv(er) auch gegen das verbotswidrige Gehwegparken vorzugehen.
Ich bitte, von den Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.